Die Frauen von Bramble House
Zweifel würde es zunächst einmal Ärger geben. Und zu diesem Ärger fuhr sie jetzt nach Hause zurück.
Daß sie sich nicht geirrt hatte, merkte sie, als sie die Haustür öffnete, denn im Foyer stieß sie auf ihre Mutter und Peggy. Und Peggy kam auf sie zugestürzt und sagte: »Er ist bei der Urgroßmutter im Salon. Hör dir das Geschrei an!« Und jetzt war auch ihre Mutter herangekommen und sagte: »Ich trau mich nicht, da reinzugehen, Lizzie. Ich weiß, ich müßte es, aber ich trau mich einfach nicht. Ich hab Angst vor dem Mann, wenn er so tobt. Ich krieg davon meine Migräne. Ich hab sie schon den ganzen Tag …«
»Sei still, Mutter!« Lizzie zog den Mantel aus und legte ihn über einen Stuhl, dann schritt sie rasch auf die Tür zum Salon zu. Als sie eintrat, sah sie dort ihren Mann, der mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Großmutter zustach und brüllte: »Das kannst du nicht machen, alte Hexe! Das wirst du nicht! Beim Himmel! Ich werde nicht zulassen, daß du mir sowas antust. Ich habe die ganzen Jahre lang da geschuftet und …«
»Len!« Lizzies Stimme schnitt in sein röhrendes Gebrüll, und er fuhr zu ihr herum und schrie jetzt sie an: »Und du, du hast es gewußt! Du – du bist auch so eine!«
»Halt den Mund!« Der Baß von Mrs. Funnell donnerte lauter als die beiden anderen Stimmen, und ihr Gesicht war vor Zorn ganz verzerrt. Aber sie bewirkte damit, daß beide gehorchten und schwiegen. Dann sprach sie, mit mühsam beherrschter normaler Stimme weiter: »Sie hat gar nichts von meinen Entscheidungen gewußt. Und ich habe sie auch nicht heute getroffen oder gestern, sondern bereits vor Jahren. Hast du mich verstanden, Leonard Hammond? Vor Jahren! Nämlich, als ich dich auf die Waagschale legte und dich prüfte und erkannte, daß du ein unfähiger und aufgeblasener Grobian bist, der sich einbildet, mühelos etwas sein zu können, was er nicht ist und niemals sein wird – ein Gentleman oder was man so darunter versteht. Du hast dich unter falschen Voraussetzungen in dieses Haus eingeschlichen. Und ich will es dir ganz deutlich sagen: Du hast seitdem hier nur geduldet gelebt. Wäre es mir nicht um sie gegangen« – und nun deutete sie mit dem Finger in Lizzies Richtung, bevor sie hinzusetzte: »Ich hätte dich schon vor Jahren Hals über Kopf vor die Tür gesetzt. Und – jawohl! – Henry Brooker wird die Firmenleitung übernehmen, und wenn du klug bist, dann stellst du dich besser gut mit ihm, denn ich habe von Anfang an erkannt, daß er eine viel stärkere Persönlichkeit ist als Cartwright und weit fähiger, die Gesamtleitung zu übernehmen. Und zum Schluß, ja, und endgültig, Leonard Hammond, laß mich dir folgendes sagen: Wenn du es noch einmal wagen solltest, hier in meinen Salon hereinzustürmen und mich anzuschreien, noch ein einziges Mal, oder wenn ich erfahre, daß du meine Enkelin anschreist, dann bist du deine Stellung los und dein Zuhause, jedenfalls in meiner Firma und in diesem Haus hier. Aber wenn du dann gehst, dann wirst du allein gehen. Du hast deine eigene Tochter aus deinem Leben vertrieben, und deine Frau, wenn sie einen Funken Vernunft hat, dann verjagt sie dich aus dem ihren! Und ich, ich sag dir jetzt: Geh mir aus den Augen!«
Hammond stand wie erstarrt da. Er war kreidebleich geworden, und seine rasende Wut schien ihn gelähmt zu haben. Die Fäuste waren geballt, die Arme leicht vom Körper abgewinkelt, und Lizzie begann sich zu fürchten, als sie sah, mit was für einem Gesichtsausdruck er die Großmutter anstierte. Die Drohung, die er ausgestoßen hatte, konnte jeden Augenblick Wirklichkeit werden. Sie schritt rasch an ihm vorbei und stellte sich neben ihre Großmutter. Und damit wurde sie selbst zur Zielscheibe seiner Wut.
Aber als er ihnen den Rücken zukehrte, wirkte er nicht wie ein Besiegter. Mit erhobenem Kopf und gestrafften Schultern stolzierte er hinaus und schloß sogar die Tür hinter sich, eine Geste, die Lizzies Ängste nur noch steigerte.
»Lizzie?«
Sie schrak zusammen und blickte zu der alten Dame hinab.
»Warum bist du den Kerl nicht schon längst losgeworden? Warum hast du ihn nicht verlassen? Ach« – sie wackelte empört mit dem Kopf – »was rede ich denn da? Das hätte ja bedeutet, daß du weggehst, nicht der. Den muß man wirklich hinaus werfen! Und das wird auch geschehen, und zwar bald, weil ich ihn nicht mehr ertragen kann. Mein Gott! Kind, wie hast du diesen Mann nur die ganzen Jahre über aushalten können?« Und sie wartete die
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