Die Frauen von Bramble House
nahm.
»Und der da heißt auch Ron. Der Cellist. Und glaub es oder nicht, wir haben ihn auf einen Hocker setzen müssen, sonst hätte er sein Instrument nicht spielen können.«
Die Antwort des kleinen Mannes ging im allgemeinen Gelächter unter.
»Und da haben wir schließlich noch Percy. Percy kann alles spielen, vom Triangel bis zum Tamburin. Außerdem kann er auch noch pfeifen.« Percy ergriff Peggys Hand und sagte: »Sicher, ich bin vielseitig in meiner Kunst, doch bin ich noch niemals so tief gesunken, eine Gitarre auch nur anzufassen.«
Peggy mußte lachen. Und alle anderen lachten ebenfalls. Sie war erstaunt, was für ein kameradschaftlicher Ton zwischen diesen Männern herrschte, und ganz besonders, daß Charlie unter ihnen offensichtlich bestens akzeptiert war, denn alle vier Männer sahen aus, als wären sie bereits Mitte vierzig.
»Setz dich, Liebes.« Charlie drückte sie auf den Hocker am Kamin, dann setzte er sich neben sie auf den Boden.
Um etwas zu sagen und ihre Verlegenheit zu vertuschen, fragte sie: »Wann bist du zurückgekommen? Ich meine, von Spanien?«
»Wir sind in Newcastle gelandet« – Charlie wandte sich zu den Männern – »gegen drei Uhr?«
Sie nickten. »Ja, um drei.«
Während der nächsten zehn Minuten saß sie da und hörte zu, wie diese reifen Männer ihn neckten, und er, der stille Charlie, ihr Charlie, zahlte ihnen mit gleicher Münze zurück. Er war ganz verändert. Sie hätte sich nie vorgestellt, daß er so beliebt sein könnte. Der Mann namens Percy beugte sich vor und sagte: »Diese zwei alten Mädchen im Seniorenheim, weißt du noch? Die über dich kategorisch sagten, niemand hätte je so gut Gitarre gespielt!«
Dies löste erneut tosendes Gelächter aus. Dann wandte sich Percy zu Peggy und erklärte: »Wir gaben da dieses Konzert in einem Altenheim. Und ziemlich weit vorn saßen da diese zwei alten Mädchen. Eine trug ein Hörgerät und fummelte andauernd daran herum. Und Seine Hochwohlgeboren hier lieferte grade sein Solo ab, ganz allein auf dem Podium, und die alten Leutchen verhielten sich relativ still, bis dann die mit dem Knopf im Ohr mit keineswegs gedämpfter Stimme fragte: ›Was spielt er denn? Ich kriege das Ding da nicht richtig hin.‹ Und ihre Freundin antwortete noch lauter: ›Ach, irgend so ein Gezirpe. Hör auf, an deinem Ding zu drehen, du würdest es sowieso nicht mögen, es hat keine Melodie!‹«
Wieder lachten alle dröhnend.
Charlie schoß, immer weiter lachend, zurück: »Aber ich habe geschafft, wozu ihr feine Bande nicht bereit wart! Ich brachte als Zugabe ein irisches Stück und danach ›We’ll Meet Again‹ und ›Roll Out The Barrel‹. Aber ihr, ihr Snobs, was habt ihr gespielt? Mozart! Und noch dazu das Quartett in As!!! Und das halbe Publikum schlummerte sanft weg. Aber ihr hättet natürlich das h-Moll spielen können, und dann hätte man sie alle raustragen müssen.«
»Was glaubt denn der, wer er ist? Man stelle sich mal vor, der hat eine Ahnung von Mozart? Vom Quartett in As!«
»Nicht bloß davon, sondern auch vom h-Moll!«
Charlie setzte gerade zur Gegenantwort an, als die Tür aufging und May verkündete: »Also, es ist vollbracht. Wenn ihr hungrig seid, dann kommt und holt euch was. Es dürfte reichen, daß größte Loch im Zahn zu füllen, bis später.«
Während die Männer ins Eßzimmer gingen, wandte Peggy sich der Küche zu und sagte: »Wir sehen uns vielleicht später noch.«
Und in das allgemeine Gerede hinein sagte Charlie: »Macht ihr schon weiter, ja? Ich komme gleich zurück.« Und er griff nach seinem Mantel, der auf einem Berg von Gepäckstücken und Instrumenten im Flur lag, faßte Peggy am Arm und zog sie durch die Küche ins Freie.
Im Wäldchen, außer Sicht- und Hörweite des Hauses, riß er sie in seine Arme, küßte sie gierig, und sie erwiderte seine Küsse ebenso leidenschaftlich. Dann fragte sie atemlos: »Ach, Charlie, Charlie, was macht ihr denn? Deine Mutter hat gesagt, ihr wollt euch trennen?«
»Ja. Wir feiern sowas wie eine Abschiedsparty. Sie werden mir fehlen. Sie sind prima Kerle, großartige Kerle, jeder von ihnen.«
»Ja, aber warum denn dann?«
»Ach, das ist eine lange Geschichte. Aber um es dir kurz zu erklären, sie haben die Chance gekriegt für eine Sechsmonatetournee durch die ganzen USA, von Küste zu Küste. Und zwei von ihnen, Percy und Joe, die werden drüben bleiben, das weiß ich, und ich glaube, auch die anderen beiden werden sich vielleicht überreden lassen.
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