Die Frauen von Bramble House
aber das heißt nicht, daß ich nie Bedürfnisse gehabt hätte, und die verlangten eben danach, gestillt zu werden. Aber in den letzten paar Jahren, bei unserem Termindruck mit Reisen und Hotels für eine Nacht, da ist wirklich wenig Energie oder Zeit geblieben für mehr als für was zu essen und das Bett.«
Wieder küßte er sie. Dann sagte er: »Wir sehen uns dann noch. Ich will rüberkommen und Emma ihr Geschenk bringen.«
»Ja, fein, Charlie.« Und ihre Stimme kam ihr selber recht tonlos vor.
Sie hatte es nicht eilig, ins Haus zurückzukommen. Aber das heißt nicht, daß ich nie Bedürfnisse gehabt hätte, und die verlangten eben danach, gestillt zu werden …
Aber auch sie hatte Bedürfnisse, hatte ein Verlangen, die nach Befriedigung schrieen; aber es gab keine Möglichkeit, sich das zu erfüllen. Aber, natürlich, Charlie war ein Mann! Das mußte sie berücksichtigen. Aber warum eigentlich? Ja, wieso eigentlich mußte sie das berücksichtigen? Wer entschied eigentlich darüber, wo der Unterschied liegt? Zwischen dem einen und dem anderen Bedürfnis? Manchmal war sie körperlich dermaßen angespannt gewesen, daß die Qual sie beinahe hinüber zu Andrew und in sein Bett getrieben hätte. Und nur ihr Stolz und ihr Schamgefühl hatten eine derartige Erniedrigung verhindert.
Verdammte Männer! Und der verdammte Charlie!
Aber nein! So etwas durfte sie niemals denken. Nie! Sie mußte sich zusammennehmen … Aber wenn er ihr das bloß nicht gesagt hätte! Aber, was soll es schon, was kannst du als Frau schon von einem Mann verlangen? Daß er ein Heiliger ist? Denk doch bloß mal daran, du hast deinen ersten Mann gehabt, als du grade sechzehn warst? Oh, gütiger Gott, ja! Und wie ich das weiß! Und wie!
Dennoch, Charlie war irgendwie anders geworden.
DRITTER TEIL:1983
1. Kapitel
»Du gehst mit ihr zum Arzt!« sagte Lizzie.
»Und was könnte ich dem Arzt sagen, Mutter? Daß ihre Lehrerin sagt, sie ist unaufmerksam im Unterricht? Daß sie in dem Jahr schon zweimal aus dem Klassenzimmer mußte, weil ihr schlecht war?«
»Doch! Genau das kannst du dem Arzt sagen, besonders das letzte … Aber sie ist doch nicht etwa …?«
»Himmel, Mutter, beschwör doch nicht so was herauf!«
»Also, meine Liebe, erinnere dich doch mal zurück. Du warst ja auch nicht so sehr viel älter.«
»Mußt du mir das wieder hinreiben, Mutter?«
»Nichts dergleichen, Peggy. Das wäre das allerletzte, was ich möchte. Aber, weißt du, ich stelle nur eine Tatsache fest.«
»Nur, es ist nicht das! Es ist irgendwas mit ihm. Irgendwie beunruhigt sie da was wegen ihm, aber ich kriege nichts aus ihr raus. Und wenn mir das schon nicht gelingt, wieso denkst du, ein Arzt schafft das?«
»Ach, wahrscheinlich wird sie viel eher mit ihm reden wollen als mit dir. Wenn man bedenkt, daß jedesmal die Hölle losbricht, wenn ihr euch nur anschaut. Nein, tu, was ich dir sage: Mach einen Termin mit Dr. Rice aus!«
»Sie hat gesagt, sie geht heute abend in eine Disko.«
»Und? War sie da schon mal?«
»Ist sie schon öfter mal dahin gegangen?«
»Ein-, zweimal, aber er weiß davon nichts.«
»Aber das solltest du ihm schon sagen. Er sollte Bescheid wissen. Immerhin muß er es ja mitkriegen, wenn er kommt und merkt, daß sie fort ist oder am Fortgehen ist?«
»Er kommt dienstags selten früh am Abend heim. Er hat da immer irgendwelche Besprechungen, zu denen er gehen muß. Und dann kommt er nicht mehr hierher zurück. Am Freitag ebenfalls. Also sage ich ihr, wenn sie an den Abenden weggehen will, sie darf.«
»Was für ein Umfeld für ein junges Mädchen! Ihr Vater darf nicht erfahren, daß sie mal tanzen gehen möchte«, sagte Lizzie. Und das brachte von Peggy eine beißend-spöttische Antwort: »Weißt du noch, Mam? Als ich fünfzehn war, mußte ich prompt um sechs Uhr abends daheim sein und bleiben … außer du kamst mit.«
Lizzie machte brüsk kehrt und strebte der Tür zu. »Damals war das was anderes«, sagte sie. »Jetzt haben wir 1983. Damals gab es feste Regeln, was sich gehört. Heute nehmen sie sich jede Nacht einen andren Partner.«
»Und werden dabei schwanger? Und kriegen mit vierzehn ein Kind?«
Lizzie dreht sich in der Tür um. »Sei doch nicht so verbittert, Peggy! Was passiert ist, ist eben passiert. Und es geschah in bester Absicht, obwohl ich zugeben muß, daß es nicht ganz erwartungsgemäß so kam, wie wir es wollten. Aber auf jeden Fall solltest du dankbar dafür sein, daß dein Kind einen unbefleckten Namen hat. Und
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