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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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so.«
    Es kostete Carrie große Beherrschung, nicht loszubrüllen. Und wo steckte Matthew? Angeblich bei der Arbeit. Wie praktisch, dass er immer genau dann viel Arbeit hatte, wenn sie erwähnte, dass dringend im Haus geputzt oder das Unkraut gejätet werden musste. Oder sie, wie heute, seufzte, sie hätte keine Ahnung, wie sie die Relishes und Chutneys für den Schulbasar am Wochenende machen und zugleich den Weihnachtsurlaub vorbereiten sollte. Bei seiner Familie.
    »Du schaffst das schon, Carrie. In so was bist du klasse.«
    Solche Komplimente verfehlten ihre Wirkung längst. Am Anfang war sie noch darauf hereingefallen. »Wozu soll ich kochen?«, hatte er gesagt. »Bei dir schmeckt es viel besser.« »Wieso bekomm ich die Hemden nie so weiß wie du?« Sie hatte sich in seinem Lob gesonnt, bis ihr aufgegangen war, dass er sich damit vor seinen Pflichten drückte. Sie musste ihn fast zwingen, sich wenigstens hin und wieder um das Abendessen zu kümmern, und dann nicht über die üblichen Grillwürstchen und Backofenfritten zu meckern. Warum musste er überhaupt so ein Theater veranstalten, wenn er mal ein bisschen half? »Ich hab den Müll rausgebraucht, sieh doch, Carrie.« »Ich hab übrigens gerade die Veranda gekehrt.« »Der Rasen sieht doch toll aus, nachdem ich ihn gemäht hab, oder?« Was wollte er, eine Medaille? So etwas erledigte sie ständig, aber erwartete sie ihn abends mit einer Liste ihrer täglichen Verrichtungen?
    Es bereitete ihm auch sichtlich Freude, wenn er abends gegen sieben von der Arbeit kam, die Kinder wieder aufzuwiegeln, nachdem sie die Kleinen gerade gefüttert, gebadet und auf ruhige Zu-Bett-geh-Aktivitäten eingestimmt hatte. Da konnte sie ihn noch so oft bitten, leiser zu sprechen, den kleinen George nicht zu kitzeln und nicht mit Delia und Freya Fangen zu spielen. »Was? Ich soll nach einem langen Arbeitstag nicht mit meinen Kindern spielen? Aber das finden sie doch toll, oder, Kinder?« Natürlich stimmten sie ihm zu, natürlich hängten sie sich an ihn. Kreischten sie vor Panik und Vergnügen, wenn er sie wild und huckepack durchs Haus trug, quiekten sie mit künstlicher Stimme, wenn er sie beim Versteckspielen entdeckte, zogen sie ihn an der Hand, um ihm dies und das zu zeigen. »Guck mal, Daddy!« »Du musst zusehen, Daddy!« Ja, sie hätte mit einem breiten Lächeln daneben stehen, sich über das gute Verhältnis von Vater und Kindern, über einen Mann freuen sollen, dem seine Kinder so viel Glück bescherten. Und warum brannten in solchen Momenten bloß Eifersucht und Groll? Weil die Kinder sie, sobald Matthew nach Hause kam, gar nicht mehr beachteten. Weil sie in diesem Moment zum Dienstmädchen, zur Köchin, zur Wäscherin, zum Menschen zweiter Klasse wurde.
    Sie liebte sie, natürlich. Unerschütterlich. Unermesslich. Und sie liebte Matthew. Natürlich. Oder? Aber manchmal … In jüngster Zeit beschlich sie mehr als manchmal die Sehnsucht nach einem Zauberspray, das nicht nur die Kinder, sondern auch Matthew lahmlegte, nur für ein, zwei Tage, damit sie endlich ein wenig Ruhe fand. Im Tagesablauf, im Leben, im Innern. Es war die Beständigkeit, die ihr so zu schaffen machte. Die Unablässigkeit. Das Gefühl, dass niemals etwas abgeschlossen war. Sie fühlte sich wie ein Hamster in seinem Laufrad, einem Laufrad aus Hausarbeit, Kinderbedürfnissen, Kinderstreitigkeiten, Tränen und Gezänk. Sie konnte nicht einmal duschen, ohne dass eines der Kinder ins Badezimmer kam und etwas von ihr wollte oder von außen an die Tür klopfte, bis ihr gar nichts anderes übrig blieb, als das Wasser abzudrehen. »Mum?« »Mum?« Sie hatte die Stimmen unentwegt im Kopf. Neulich hatte Delia auch noch gequengelt, dass sie eine Katze haben wollte. Carries heftiges »Nein!« hatte nicht nur ihre Tochter, sondern auch sie selbst erschreckt. Noch ein Wesen, das nach Zuwendung und Nahrung verlangte, lauthals bettelte und maunzte? Wenigstens putzten sich Katzen selbst. Vielleicht wäre sie besser Katzenmutter geworden. Doch bei ihrem Glück hätte sie am Ende das Haus voller Katzen gehabt und sich zu einer alten Irren entwickelt, die selbst schon stank wie …
    »Mum, Freya hat mich gebissen!«
    »Dann beiß zurück«, sagte sie zu Delia. In ihrer Handtasche klingelte das Handy. Noch jemand, der etwas von ihr wollte? Bei ihr war nichts mehr zu holen. Sie ließ es klingeln. Auch als es kurz darauf wieder klingelte, ging sie nicht ans Telefon.
    Bett, in ihrem kleinen Cottage am nördlichen Stadtrand

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