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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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hatten nur zwei Gäste die Frage beantwortet, warum sie sich für das Valley View Motel entschieden hatten. Weil sie Ruhe und Frieden bräuchten, hatte es bei der kleinen Familie geheißen. Einen Tapetenwechsel bei dem Paar. Na, dann würde sie die übrigen Gäste bei ihrer Ankunft fragen. Das war ein gutes Thema, um das Eis zu brechen.
    Sämtliche Informationen zu ihrem geheimen Weihnachten kamen in ihr schäbigstes und unauffälligstes Notizbuch, das sie zudem immer in der Handtasche bei sich trug. Und ganz sicher würde sie kein zweites Mal das Risiko eingehen, ihre E-Mails am Hotelcomputer abzurufen. Nicht, da Geraldine hinter ihr herschnüffelte und nach ausreichendem Beweismaterial suchte, um sie in ein Pflege- oder Altersheim einzuweisen – wo immer zuerst ein Zimmer frei würde. Doch vielleicht sollte Lola ihrer Schwiegertochter dankbar sein, anstatt unentwegt davon zu träumen, sie für ein paar Stunden in den Kühlraum einzusperren. Wenigstens lagen jetzt alle Pläne auf dem Tisch.
    Patricia und ihren anderen Freundinnen hatte sie noch nicht davon erzählt. Natürlich würden sie ihr Rückendeckung geben und, wenn Lola den richtigen Ton traf, in die Empörung über Geraldine mit einstimmen. Vielleicht hätten sie sogar rasche Lösungen parat, würde Patricia ihr vorübergehend Obdach gewähren. Sie hatte Platz, seit Luke hauptsächlich in Adelaide lebte. Außerdem war die Krankenschwester, die das größte Altersheim im Valley leitete, eine Cousine von Kay, sie würde ihr sicher bei den Anträgen und anderen Formularen helfen. Doch noch war es zu früh, das Thema anzusprechen. Lola war nämlich immer noch vollkommen fassungslos.
    Tja, so ist das Leben, dachte sie. Da konnte man noch so viel planen und machen und organisieren, man wusste nie, welche gute oder böse Überraschung einen aus heiterem Himmel ereilte. Sie hatte noch nicht entschieden, in welche Kategorie Jims ungeheuerliche Neuigkeit gehörte. Womöglich in beide.
    Nun aber musste sie Lebensplanung und das geheime Weihnachten beiseiteschieben. Dies war der Tag des Schaufensters. Gemeinsam mit Margaret und Patricia hatte sie schon zwei Stunden lang die Auslage leer geräumt – und sich hinter der heißen Glasscheibe wie ein Brathähnchen gefühlt. Eigentlich hätte auch Mrs Kernaghan helfen sollen, doch sie hatte fünf Minuten vor dem vereinbarten Treffen angerufen. Angeblich steckte sie in einem nicht näher bestimmten, jedoch unglaublich wichtigen Termin und wollte kommen, sobald es ging.
    Margaret holte die letzte Bluse aus der Auslage. Nun stand die einzige und sehr alte Schaufensterpuppe nackt da. Margaret strich sich eine verschwitzte Strähne aus der Stirn und kletterte über die kleine Barriere, die das Schaufenster vom Laden trennte. »Jetzt muss nur noch kurz gekehrt werden. Wenn du mir den Besen geben würdest, Lola.«
    Lola schüttelte den Kopf. »Mrs Kernaghan wird jeden Moment hier einfliegen. Das soll sie mal machen.« Es war kindisch, trotzdem freute sich Lola, dass ihre Freundinnen kicherten.
    In dem Moment ging die Tür auf. Alle erschraken, doch es war nicht Mrs Kernaghan, sondern Luke. Er schaute auf das leere Fenster, die einstige Auslage, nun in Lolas Armen, und runzelte die Stirn. »Ich hätte euch doch helfen können. Warum habt ihr nicht auf mich gewartet?«
    »Weil du deine Zeit besser in unserem Kontrollzentrum verbringst«, erwiderte Lola. »Außerdem nehmen wir am Schaufenster-Wettbewerb teil, und die Regeln sind sehr strikt. Die Auslage darf nur von Mitarbeitern gestaltet werden. Oder in unserem Fall von Ehrenamtlichen.«
    »Wieso? Aus Angst vor Betrug? Damit niemand den Schaufenstergestalter von Harrod’s einfliegen lässt?«
    »Sehr komisch. Um Sabotage zu vermeiden«, erwiderte Lola. »Letztes Jahr hat doch Len, der Metzger, ein paar Schüler gebeten, seine Auslage zu gestalten, und erinnerst du dich noch, was das für ein Debakel wurde?« Der arme Len hatte nicht gewusst, dass er es mit Vegetariern zu tun hatte. Er hatte tagelang das Graffiti »Fleisch ist Mord« von seiner Schaufensterscheibe scheuern müssen.
    Luke hielt einen USB-Stick hoch. »Kann ich kurz nach hinten gehen? Das ist das neue Programm, das ich installieren wollte.«
    »Das Bridge-Spiel?« Margarets Augen leuchteten. »Darf ich zuerst ran?«
    »Dazu wirst du wohl nicht kommen«, sagte Lola. »Meine armen arthritischen Knie haben mir gerade eine Warnung zugezwickt. Ich glaube, unsere geschätzte Befehlshaberin trifft ein.«
    Eine halbe Stunde

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