Die Frauen von Clare Valley
dem es einerlei war, wo sein Zimmer lag, die Acht. Das nette Paar aus Victoria …
»Lola, was denkst du?«
Sie blinzelte. Ihre Freundinnen sahen sie besorgt an. »Was ist denn? Bin ich etwa eingeschlafen?«
»Nein, aber wir bitten dich seit fünf Minuten um deine Meinung. Du warst mit den Gedanken ganz weit weg.«
»Was hattet ihr noch mal gefragt?«
»Was wir mit all den Spenden machen sollen? Wir können uns kaum noch rühren, und allein heute haben zwei Schulen angerufen, die Sammeltage veranstalten und uns morgen Dutzende von Paketen bringen wollen. Wenn das so weitergeht, müssen wir die Kleider aus dem Laden räumen.«
Lola spähte in den Verkaufsraum. Kay hatte recht. Vor lauter Spenden kam man nicht mehr an die Kleiderstangen. »Wir müssen sie irgendwo anders unterbringen. Die Spenden natürlich, nicht die Kleider.« Sie lachte vergnügt.
Patricia, Kay und Margaret tauschten vielsagende Blicke. »Ja, Lola. Zu dem Entschluss waren wir auch schon gelangt. Doch wo?«
»Ich dachte, das wäre offensichtlich«, lächelte Lola.
An dem Punkt war ihr Sohn ins Spiel gekommen. Nun stand Jim also im Laden, stellte im Geiste einige Berechnungen an, dann nickte er. »Ich glaube, das geht. Der Veranstaltungsraum ist der beste Ort. Da ist nicht nur reichlich Abstellfläche – wenn wir es geschickt anstellen, habt ihr noch genügend Platz, die Pakete da zu packen.«
Lola strahlte. »Darling, ich wusste, dass ich auf dich zählen kann.« Nicht, dass sie sein Einverständnis abgewartet hätte. Sie hatte im Beirat schon verkündet, dass der Veranstaltungsraum des Valley View Motels das perfekte Lager sei. Und wenn die Spenden auch diesen Rahmen sprengten, wonach es aussah, na, dann konnten sie in ein oder zwei leere Zimmer ausweichen. Das allerdings hatte sie Jim gegenüber noch nicht erwähnt. »Und mach dir keine Gedanken wegen der Logistik. Luke hat für den Transport bereits ein paar von seinen Freunden rekrutiert. Es ist großartig!«
Als Jim fort war, ging Lola zurück ins Hinterzimmer, um die glückliche Lösung zu bestätigen. Schon vor dem Durchgang hörte sie Gekicher.
Ihre Freundinnen drängten sich um den Computer, der seit Neuestem in einer Ecke stand, zwischen ungezählten Spenden. Kay hockte auf einem Karton voller Pfirsichkonserven, der Gabe eines kleinen Supermarkts. Margaret lehnte an einer Kiste Holzspielzeug, die ein Handwerksbetrieb noch am selben Tag, als der Zeitungsartikel erschienen war, vorbeigebracht hatte. Patricia hatte sich zwischen diverse Gläser Marmelade und mehrere Dutzend Flaschen Clare Valley Riesling quetschen müssen.
»Was ist denn so komisch? Sagt nicht, schon wieder ein Katzenvideo?«
Kay lachte. »Katzen sind so Nullerjahre, Lola. Schau dir das mal an.«
Lola zwängte sich mit einiger Mühe an einem großen Beutel mit Plastikspielzeug und einem Riesenchipskarton vorbei in Richtung Monitor. Sie hatte ein Standbild von einem niesenden Pandabären oder Kindern, die von Schaukeln fallen, erwartet, stattdessen blickte sie sich selbst in voller Bildschirmgröße an, mit leuchtend rotem Lippenstift und künstlicher roter Blume im Haar. Das Bild stammte von einem spontanen Mittagessen während des Melbourne Cups. Sie hatte keine Zeit gehabt, sich vorher umzuziehen. »Ihr seid unmöglich. Ihr könnt mich doch nicht auslachen. Wo ich da so alt aussehe.«
»Wir lachen gar nicht über dich, Lola. Schau doch mal. Das ist eine unglaubliche Webseite.« Kate drückte auf eine Taste, alle warteten. Auf dem Monitor blinkte es, ein Trommelwirbel erklang, und dann, untermalt von einer schmissigen Orgelfassung des Kinks-Klassikers Lola , veränderte sich das Bild. Das Gesicht wurde langsam, aber sicher jünger, die Haut glatter, faltenlos, das Kinn straffer, die Augen wurden strahlender, immer weiter rückwärts lief die Zeit, bis das Gesicht eines Babys auf dem Monitor erschien – mit rotem Lippenstift und roter Blume.
»O mein Gott!«, lachte Lola. »Ich bin entzückend! Das ist die reinste Zauberei. Wie habt ihr das gemacht?«
»Das beruht auf einem Programm des FBI für die Vermisstensuche«, erklärte Kay und klickte »Noch einmal sehen« an. »Luke hat es uns gestern gezeigt. Man muss bloß ein Foto einscannen, einen Song auswählen, und die Webseite erledigt den Rest. Warte, bis du Patricia siehst. Sie ähnelt am Schluss weniger einem Baby als einem Äffchen.«
Patricia lachte Tränen. »Leider stimmt das.«
Sie sahen sich Lolas Verwandlung noch einmal an, dann Patricias, Kays
Weitere Kostenlose Bücher