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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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verantwortlich machen. Ich garantiere Ihnen, dass sie wahrscheinlich wirklich geglaubt hat, mit Geistern kommunizieren zu können. Aber Ed, das bedeutet nicht, dass Spiritismus seine Berechtigung hat. Sie sollten das wissen. Schließlich haben Sie doch bestimmt mehr als einen von diesen Leuten entlarvt. «
    Sibyl drückte die Fingerspitzen an das Fenster und benebelte das Glas mit ihrem Atem. Draußen zogen Tulpenbeete an ihnen vorbei. Ihre blassen Köpfe schimmerten nass und waren im Dunkel des Parks nur noch schemenhaft zu erkennen.
    Der Philosophieprofessor stieß ein herzhaftes Lachen aus und sagte: » Ich glaube, Houdini hat mehr entlarvt. Eigentlich seltsam, dass ein Bühnenmagier gemeinsame Sache mit der Wissenschaft macht. Aber Sie müssen zugeben, Benton, dass aus dem ureigenen Willen der Menschen, an diese Frau zu glauben, der tiefe, fast universelle Wunsch spricht, mit dem Geisterreich zu kommunizieren. Ist nicht dieser Wunsch selbst der Beweis dafür, dass ein solches Geisterreich existiert? Der Gedanke einer Seele ist ein weitverbreiteter Glaube, der die Grenzen der Kultur und der Geschichte überschreitet. Die Unverfrorenheit einiger weniger Leute, die manipulieren, kann doch nicht bedeuten, dass die ganze Sache es nicht wert ist, sich in der Forschung damit zu beschäftigen. «
    Sibyl gab einen hörbaren Seufzer von sich, ohne es zu wollen, und die beiden Männer hielten inne, als sie es bemerkten. Benton legte ihr beruhigend eine Hand aufs Knie und hielt ihr den Mund ganz nah ans Ohr.
    » Ist schon gut « , flüsterte er. » Es besteht kein Grund zur Sorge. «
    » Warum? « , fragte sie kleinlaut. Ihre Stimme klang brüchig.
    » Warum was? « , murmelte er.
    Als Professor Friend Zeuge dieses vertrauten Gesprächs wurde, gab er vor, ganz in der Betrachtung der vornehmen Häuser an der Beacon Street versunken zu sein, die draußen vorbeizogen, während die motorisierte Droschke gemächlich ihren Weg den Hügel hinab und nach Back Bay fortsetzte.
    Sibyl wandte sich Benton zu. Ihre Augen blickten dunkel und flehentlich. » Warum haben Sie das alles getan, Benton? Ich fühle mich so … «
    Die Fältchen um seine Augen zogen sich besorgt zusammen. » Ich? Aber, ich wollte nur … « Er hielt inne, holte tief Luft, versuchte es dann noch einmal. » Weil … ich dachte … Sie sind so … « , begann er, unterbrach sich dann erneut.
    Sie schaute ihn noch immer an, suchte in seinen blassgrauen Augen nach einer Erklärung, warum er ihr dieses Stückchen Trost hatte wegnehmen wollen.
    Er wand sich, senkte den Blick, verschränkte seine Finger mit den ihren. » Ich wünsche mir so sehr, dass Sie glücklich sind « , gestand er, wobei er sich mit der Wahl seiner Worte schwertat. » Wirklich glücklich, meine ich. Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass irgendein Scharlatan Ihnen … «
    Sie wartete, fragte sich, was er wohl als Nächstes sagen würde. Dabei erkundete sie, fast wie zufällig, die Haut auf seinem Fingerknöchel mit den wenigen dunklen Haaren. Irgendetwas an diesen wenigen dunklen Haaren faszinierte Sibyl, obwohl sie nicht hätte erklären können, was.
    Schließlich ergriff er wieder das Wort. » Ich dachte mir, dieses besondere Interesse von Ihnen könnte hinderlich sein. « Er räusperte sich, zwang sich dazu, das zu sagen, was er dachte. » Ich meine, es könnte Sie daran hindern, sich weiterzuentwickeln. Es ist natürlich zu trauern, wenn man jemanden verloren hat. Gewiss ist es das. Aber Sie leben noch, Sibyl. Es gibt noch so viel Leben, das auf Sie wartet. « Er blickte erneut in ihr Gesicht empor, und sie spürte, wie intensiv er sie anschaute.
    » Aber Ben « , flüsterte sie. Sie fürchtete sich vor dem, was sie gleich sagen würde, oder genauer, sie fürchtete, sein Entgegenkommen würde dahinschwinden, wenn sie es sagte.
    » Was ist? « , fragte er und verstärkte seinen Griff.
    » Ich … « , begann sie und hielt dann inne, biss sich auf die Lippe. » Ich wünschte, ich könnte es erklären. Aber Sie müssen es wissen. Ich habe tatsächlich etwas in der Kugel gesehen. Genauer gesagt, jedes Mal, wenn ich es probiere, sehe ich mehr. «
    Er zog besorgt die Stirn in Falten. » Die Macht der Einbildung ist groß, Sibyl. Sie dürfen sich deshalb nicht seltsam fühlen. Jeder würde glauben, dass er bestimmte Dinge sieht, wenn sein Wunsch danach groß genug ist. «
    » Nein. « Sie schüttelte den Kopf. » Sie verstehen nicht. Was ich gesehen habe … «
    » Was war es denn? « ,

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