Die Frauen von der Beacon Street
einen Zoll an Lannies Ohr vorbei, und dann krachte Lannies Schulter in Toms Brust, und das mit solcher Wucht, dass alle beide in einer Staubwolke zu Boden gingen. Das Stuhlbein prallte an Lannies Schädel ab, dann hockte er rittlings auf dem älteren Mann, die Fäuste flogen und landeten einen harten Schlag in Toms Gesicht nach dem anderen, wieder und wieder.
Die Beine des Mannes strampelten und traten in die Luft, bohrten die Fersen in den Boden, und während er Toms Gesicht bearbeitete, spürte Lannie, wie sich der Kreis der Seeleute langsam um ihn schloss. Er spürte Hände auf seinen Schultern. Dann landete er einen letzten Schlag und sah, dass Toms Hand schlaff geworden und ihm das Stuhlbein entglitten war. Seine Beine bewegten sich nicht. Lannie keuchte, schnappte gierig nach Luft, sah sich verwirrt um.
Nun drückten ihn die Hände auf seinen Schultern nach hinten und halfen ihm von dem Seemann hoch, der immer noch reglos auf dem Boden lag.
» Lannie « , sagte eine Stimme.
Lan schaute sich hektisch um, bis sein Blick auf dem Gesicht von Richard Derby zu ruhen kam. Dessen Augen blickten besorgt. » Lannie « , sagte er noch einmal. Er hielt Lannie an den Schultern fest, schüttelte ihn, als wollte er den Jungen zu sich bringen. » Das reicht. «
» Dick, ich … « Lannie stand auf. Sein Blick fiel auf Toms Körper, der mit ausgestreckten Armen und Beinen am Boden lag, sein Gesicht nur noch eine Fleischmasse, die kaum mehr als menschlich zu erkennen war. Lannie wurde bewusst, was er getan hatte, und sein Magen rebellierte. Er krümmte sich und erbrach ein Gemisch aus Tee und Galle.
Richard legte eine Hand auf Lannies Rücken und warf einen dringlichen Blick in die Runde der restlichen Seeleute.
» Kommt jetzt « , sagte Richard und legte dem jüngeren Mann den Arm um die Schultern. » Es ist Zeit zu gehen. «
Lannie stöhnte vor Entsetzen. » Es ist passiert, Dick « , keuchte er, und seine Augen huschten zwischen den beiden menschlichen Körpern hin und her, die reglos im Innenhof lagen. » Es ist passiert. Es war real. «
» Ja « , sagte Richard und packte den jüngeren Seemann am Arm. » Ich fürchte ja. Aber jetzt müssen wir gehen. «
» Nein, du verstehst nicht « , widersprach Lannie, ballte die Fäuste vor Richards Brust und hielt das Gesicht mit den verzweifelt dreinblickenden Augen ganz nah an das seine. » Ich hab’s nicht verhindert. Es war real, und ich habe es nicht verhindert. «
Richard löste Lannies Griff von seiner Kleidung. » Hör mal « , flüsterte er so leise, dass seine Stimme kaum hörbar war. » Wir alle haben gesehen, was passiert ist, okay? Es war ein Unfall. « Er hob die Stimme und wandte sich an den Rest der Gruppe. » Ein Unfall, okay? Das war nicht zu verhindern. Du hast alles getan, um ihm aus dem Weg zu gehen, nicht wahr, Lan? Hat er das nicht, Leute? «
Zustimmendes Gemurmel kam in der Gruppe der Seeleute auf. Lannies Blick huschte zwischen den Gesichtern umher, die nach den Wochen auf See alle sonnenverbrannt waren, und was er in den Blicken dieser Männer sah, war eine Wand totalen Schweigens. Sie kannten die Wahrheit. Sie würden die Wahrheit immer kennen. Und solange Lannie ihnen gegenüber loyal war, solange er hinter ihnen stand, so wie sie hinter ihm standen, war er in Sicherheit.
Richard senkte die Stimme zu einem Flüstern. » Er war nicht besonders beliebt, dieser Tom Morgan. Ich glaube nicht, dass dich irgendjemand in Schwierigkeiten bringen wird. Ich kann mir sogar vorstellen, dass du dir ein paar neue Freunde gemacht hast. Aber Lannie, wir müssen jetzt gehen. Und zwar sofort, bevor die Behörden anfangen, uns Fragen wegen des chinesischen Jungen zu stellen. Okay? «
Richard hielt Lannies Blick stand, um ihm deutlich zu machen, wie ernst es ihm war. » Okay? « , wiederholte er.
Lannie ließ Richards Hemd los und jammerte: » Ich hab es nicht verhindert. Warum konnte ich es nicht verhindern? « Tiefe Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben, Tränen traten in seine Augen. » Dick, ich konnte nichts dagegen tun. « Er schlug die Hände vors Gesicht. Sie zitterten wie Espenlaub.
» Ist ja gut « , antwortete Richard Derby für ihn und schlang den Arm um Lannies Schultern. » Bezahlt die Frau, und dann hauen wir ab. Los jetzt! «
Den letzten Befehl brüllte er, und die Seeleute sprangen auf. Einer warf ein Bündel Geldscheine auf den Tisch unter den Pflaumenbäumen. Sie drängten sich um Lan und führten ihn weg, auf eine der Gassen zu, die
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