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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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hätte sich Helen Sibyl und Eulah herbeigewünscht, weil das Vorhandensein eines solch eleganten Bades es einfach erforderte.
    Dampf begann aus der Porzellanwanne aufzusteigen, erfüllte den Raum mit einer duftenden Wolke, und Sibyl lehnte sich gegen den marmornen Waschtisch und betrachtete sich im Spiegel. Im fahlen Morgenlicht sah Sibyls Haut älter aus, wie Papier, und ihre Augen waren nach der durchwachten Nacht von dunklen Ringen umgeben.
    Sie kniff die Augen zusammen, dachte an die Polizisten mit ihren Fragen und ihren kritzelnden Bleistiften. Natürlich hatte Harlan nur wenig Brauchbares von sich gegeben.
    » Müsste rasch wieder auf den Beinen sein « , hatte der adrette junge Arzt ihrem Vater und ihr versichert, während sich Dovie in Hörweite herumdrückte. » Ich würde sagen, die Rippe ist nur angeknackst, statt wirklich gebrochen, und ich schätze, durch sein junges Alter und seine Lebenskraft wird er schneller genesen, als Sie vielleicht erwarten. Wir behalten ihn ein paar Tage zur Beobachtung hier. Hier haben wir die besseren Möglichkeiten, es ihm bequem zu machen. «
    Während der Doktor das sagte, hatte die Schwester ihrem Vater einen frechen Blick zugeworfen. Sibyl verstand nicht, warum. Lan schien sich von der Missbilligung der Pflegerin nicht beeindrucken zu lassen und gab seine Zustimmung, seinen Sohn vorerst in ihrer Obhut zu behalten. Doch erst einmal müsse Harlan der Polizei Rede und Antwort stehen.
    Sibyl seufzte, machte die Augen auf und stellte sich dem eher entmutigenden Anblick ihres Gesichts.
    Da Harley immer wieder das Bewusstsein verlor und entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage war zu berichten, was vorgefallen war, hatten die beiden Polizisten beschlossen, es gebe für sie keinen Grund, sich noch länger im Krankenhaus aufzuhalten. Benton hatte jedoch darauf bestanden und den beiden Staatsdienern mit der ganzen ihm zur Verfügung stehenden Wut Paroli geboten.
    » Sehen Sie denn nicht, dass er zusammengeschlagen wurde? « , beharrte der junge Professor etwas zu laut. Auf dem Flur hatten sogar ein paar Leute die Köpfe gedreht und neugierig in ihre Richtung geschaut. » Dabei kann er noch von Glück sagen, dass sie ihm nichts Schlimmeres angetan haben. Er hätte sterben können. Mir ist schleierhaft, wie Sie die Männer finden wollen, die dafür verantwortlich sind, wenn Sie nicht mit ihm reden. Ich bestehe darauf, dass Sie es noch einmal versuchen. «
    Sibyl war die Reaktion der Polizisten auf Bentons aufbrausendes Verhalten nicht entgangen. Die beiden Uniformierten – von denen einer, wie sie bemerkte, ein Blumenkohlohr hatte, das er wohl kaum bei einem sportlichen Ringkampf davongetragen haben mochte – hatten zunächst noch eine gewisse Belustigung gezeigt, die sich jedoch schnell in Beschwichtigung und schließlich in Ärger und Abweisung verwandelte.
    » Nun, wenn der junge Mann uns nicht sagen kann, was geschehen ist, dann ist da nicht viel zu machen « , sagte einer von ihnen und steckte mit einer entschlossenen Geste den Bleistift in seine Brusttasche zurück. » Natürlich verstehen wir Sie, Professor Derby. Ihre Aufgebrachtheit ist berechtigt, aber ich fürchte, da ist nicht viel zu machen. Wenn das Opfer keine Klage erheben will, dann gibt es auch keine, verstehen Sie? Es sei denn, die junge Dame hier möchte eine Aussage machen? «
    Dovie, die sich im Hintergrund gehalten hatte und ihr Spiegelbild in dem Sprossenfenster betrachtete, verhielt sich so still, als hätte man das Wort gar nicht an sie gerichtet. Bei der Erinnerung daran verdunkelten sich Sibyls Augen hinter den Dunstschwaden im Badezimmer. Aber was hatte sie von dem Mädchen auch erwartet? Dass es mit allem herausplatzte? Einschließlich dessen, was Harlan überhaupt in Dovies Gemächern zu schaffen gehabt hatte? Ganz gewiss nicht. Und hätte Sibyl es überhaupt hören wollen?
    Die Polizisten, Benton, Sibyl und Lan hatten alle dagestanden und gewartet. Dem Mädchen war die Anspannung deutlich anzumerken, obgleich das Schnippen ihrer Zigarette das einzige Anzeichen dafür gewesen war, dass sie lebte und es sich nicht um eine Wachspuppe handelte. Als sie jedoch kaum mehr tat, als von einem Fuß auf den anderen zu treten, geschweige denn zu reden, war die Gruppe wieder zusammengetreten, ohne sie weiter zu beachten. Offenbar waren die Polizisten nicht geneigt, Dovie zu ihrer Beziehung zu Harlan zu befragen, wie auch immer sie geartet sein mochte. Vielleicht wollten sie ja die Familie nicht in

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