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Die Frauen von Nell Gwynnes

Die Frauen von Nell Gwynnes

Titel: Die Frauen von Nell Gwynnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kage Baker
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verstorbenen Kaisers gewesen war, ein Veteran des Ägyptenfeldzugs. In seiner Notlage bot er mir bestimmte Papyrusrollen zum Kauf an, die er im Land der Pharaonen erbeutet hatte, wobei er sich an ihre genaue Herkunft nicht erinnerte.
    Ich erwarb die Schriftrollen und kehrte mit ihnen nach England zurück. Als die Übersetzung ihnen ihre Geheimnisse entriss, war ich verblüfft festzustellen, dass sie die Methode enthielten, mit der die Pyramiden erbaut worden waren. Die alten Priester hatten ein Verfahren entwickelt, mit dem man die Erdanziehungskraft umgehen konnte, Gentlemen, und das nicht durch Zauberei, sondern durch die Anwendung solider wissenschaftlicher Prinzipien. Sie liessen gewaltige Steinblöcke schweben wie Ballons. Leider fielen die Schriftrollen später einem Feuer zum Opfer, aber zum Glück erst, nachdem ich ihren Inhalt auswendig gelernt hatte.
    Betrachten Sie die Delikatessen vor Ihnen. Sehen Sie Seile? Andere Hilfsmittel? Nein, denn es sind keine da. Es ist mir gelungen, das Gerät der Ägypter zu reproduzieren, und ich werde mein Geheimnis an den Meistbietenden verkaufen.
    Bedenken Sie die Anwendungsmöglichkeiten! Jede Nation in Besitz meines Geräts wird ihre Konkurrenten schnell an Macht überflügeln. Bedenken Sie die Geschwindigkeit und Erleichterung bei staatlichen Bauarbeiten, wenn jeder Arbeiter Steinblöcke heben kann, als wären es Federn. Bedenken Sie die Möglichkeiten in der Industrie, meine Herren, und – wage ich, es auszusprechen? – in der Landesverteidigung! Stellen Sie sich vor: schwebende Kanonen oder Versorgungsfahrzeuge, leicht wie Seifenblasen und schnell wie Schlitten. Oder schwebende Plattformen, von denen aus man die feindlichen Stellungen observieren oder auch bombardieren kann.
    Derjenige von Ihnen, der das höchste Gebot abgibt, gewinnt diesen unglaublichen Vorteil, Gentlemen!“
    „Was ist das Startgebot?“, erkundigte sich Prinz Nakhimov.
    „Zwei Millionen Pfund, Sir“, entgegnete Lord Basmond, während Sir George protestierte: „Sie hätten das zuerst Ihren Landsleuten anbieten müssen, Sie Hundsfott!“
    „Ich habe Sie eingeladen, oder etwa nicht? Wenn Sie wollen, steht es Ihnen frei, die anderen Herren zu überbieten“, antwortete Lord Basmond ungerührt. „Aber bitte! Ich sehe, die Eiscreme schmilzt. Lassen Sie uns unser Naschwerk geniessen und hoffen, dass es Ihr Mütchen kühlen wird. Erst das Vergnügen, dann die Arbeit, meine Herren. Morgen folgt eine Besichtigung meines Laboratoriums, und Sie werden weitere verblüffende Demonstrationen der Levitation sehen. Die erste Bietrunde beginnt haargenau um zwei Uhr nachmittags. Heute nacht geniessen Sie meine Gastlichkeit und die Dienste dieser bezaubernden Frauen. Pilkins? Tun Sie den Herren auf.“
    „Sogleich, Sir“, entgegnete Pilkins und kletterte auf einen Stuhl.
    Eine Orgie begann.

Kapitel 11
    In welchem unsere Heldin und ihre Wohltäterin Entdeckungen machen.

    N achdem sie Ralph freundlich eine gute Nacht gewünscht hatte, drückte sich Mrs. Corvey an ihrem Schrankkoffer vorbei und setzte sich auf die schmale Bettstatt, die man für sie hergerichtet hatte. Ihr Gehör war sehr gut, ein Vorteil, den ihre Jahre in Blindheit ihr eingebracht hatten, und so lauschte sie geduldig, wie Ralph die knarzenden Stufen zu seinem Zimmer über den Stallungen erklomm. Er zog sich aus, warf sich in sein Bett und gönnte sich eine ausgedehnte Episode der Onanie (sofern Mrs. Corvey die vernehmlichen Anzeichen einsamer männlicher Erregung richtig einschätzte). Schliesslich begann er zu schnarchen.
    Als sie sicher war, dass Ralph nicht aufwachen würde, erhob sich Mrs. Corvey und ging ans andere Ende ihrer Kammer, wo das einzige, kleine Fenster das Mondlicht hereinliess. Sie sah hinaus und begutachtete die abschüssige Böschung, die zu den Gärten hinter Basmond Hall hinunterführte. Vielleicht war „Gärten“ etwas hochgegriffen – es schien einen alten Obstgarten und ein paar Gemüseanpflanzungen mit Kohl und Kräutern am Rande eines grossen, zugewucherten Parks zu geben. Direkt geradeaus jedoch befand sich ein modernes Bauwerk aus Ziegelsteinen und Schiefer, etwa zweimal so gross wie ein Kutschhaus. Es stand in scharfem Gegensatz zu der Atmosphäre pittoresken Verfalls, die Basmond Hall ansonsten auszeichnete.
    Mrs. Corvey musterte es einen Moment lang versonnen, ehe sie sich vom Fenster abwandte und den Schrankkoffer öffnete. Schnell legte sie ihre Kleidung ab und zog eine einfache dunkle Hose und einen

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