Die Frauen von Nell Gwynnes
bin rechtschaffen müde.“
Kapitel 10
In welchem ein Angebot gemacht wird.
L ord Basmond hatte keine Kosten gescheut, das Motiv seiner Wahl umzusetzen; man hatte die Bodenfliesen mit einem Öltuch abgedeckt, das mit einem Mosaikmuster wie in einer römischen Villa bemalt war. Üppige Mengen von Gewächshauspalmen und vielblättrigen Schusterpalmen standen überall zur Dekoration. Fünf Chaiselongues waren um den riesigen Mitteltisch herum gruppiert, auf dem Lady Beatrice die Überreste der üppigen Gerichte erspähte, die man vor dem Nachtisch kredenzt hatte: ein Spanferkel, ein gebratener Pfau mit dekorativem Federschwanz, eine Platte mit Gartenammern, eine Meerbarbe in Orangen-Zitronen-Sauce.
Lord Basmond und seine Gäste lagerten auf den Chaiselongues. Die Gentlemen waren vor Übersättigung ganz rot im Gesicht, einzig Lord Basmond war blass und schwitzte. Er setzte sich beim Eintreten der Damen auf und riss einen Arm in einer präsentierenden Geste nach vorn: „Nun, meine Herren, präsentiere ich Ihnen – zu Ihrer Erbauung – diese liebreizenden Nymphen, die unser vortreffliches und geheimnisvolles Dessert bringen. Die Nymphen besitzen als heidnische Geisterwesen keinerlei Moralvorstellungen und werden all Ihren Wünschen gerne entgegenkommen. Was die anderen Delikatessen angeht ... Sie haben vielleicht von einem Nachtisch gehört, den man ‚schwebende Inseln ‘ nennt. Es handelt sich dabei um eine Metapher. Hier geht es um handfeste Tatsachen. Nymphen! Befreit euch von eurer Last!“
Lady Beatrice liess ihre Ecke des Nachtisches fahren und begann einen sinnlichen Tanz, in den sie einige Erinnerungen an Indien einfliessen liess. Aus dem Augenwinkel sah sie Maude und Dora Pirouetten drehen und Jane etwas aufführen, das an eine verzückte Polka erinnerte, die vom wahnsinnigen Klingen ihrer Zimbeln begleitet wurde. Ihrer aller Mühen, Terpsichore zur Ehre zu gereichen, blieben jedoch unbemerkt, da die Blicke der Dinierenden am Dessert klebten, das sanft etwa einen Meter zwanzig über dem Öltuch schwebte. Nachdem Lord Basmond sich überzeugt hatte, dass alles zu seiner Zufriedenheit war, wandte er seine Aufmerksamkeit den Gesichtern seiner Gäste zu und versuchte gierig, deren Ausdruck zu deuten. Lady Beatrice schätzte sie ebenfalls ab, einen nach dem anderen.
Prinz Nakhimov war in eine sitzende Position hochgezuckt, starrte die unerwartete Szenerie an und begann gerade, laut zu lachen und zu applaudieren. Ali Pascha hatte die Nachspeise kurz angesehen und war dann von Janes Brüsten abgelenkt worden, die wie Kaninchen aus einem Fuchsbau aus dem Ausschnitt ihres Chitons herausstürzten. Dann verarbeitete sein Geist, was er zuvor gesehen hatte, und er wandte den Kopf so ruckartig wieder dem Nachtisch zu, dass er sich beinahe das Genick ausrenkte.
Graf de Mortain betrachtete alles sehr konzentriert und erhob sich, anscheinend in der Absicht, sich dem Dessert zu nähern, um herauszufinden, worin der Trick bestehen mochte. Er hatte gerade das Ende seiner Couch erreicht, als sich Dora in seinen Arm warf. Die Bänder und Nähte, die ihr Kostüm zusammenhielten, hatten sich gelöst, und das Ergebnis wäre auf jeder anderen Feier einer Katastrophe gleichgekommen. Sie stürzten zusammen zurück auf die Chaiselongue, wo der Graf sich absolut begeistert mit Doras weiblichen Reizen beschäftigte, aber immer wieder Seitenblicke auf die Nachspeise warf.
Der Mund Sir George Spiggotts formte zunächst ein grosses, überraschtes „O“, auch seine Augen waren gross und rund, aber ihr Blick verfinsterte sich schnell. „Wie nennen Sie es, dieses ...“, rief er aus, endete dann aber mit einem Keuchen, als Maude sich rittlings auf seine Mitte schwang und einige von Lady Beatrices Bewegungen adaptierte.
„Wie ich es nenne?“, erwiderte Lord Basmond in theatralischem Tonfall. „Eine Vorführung, meine Herren. Mit der ich zum Punkt und zum Zweck Ihres Besuchs hier komme. Sie alle sind Männer mit Vermögen und Einfluss. Sie werden wissen, ob Ihre Regierung an einer Entdeckung interessiert ist, die ihrem Besitzer ultimative Macht verschaffen kann.“
„Was meinen Sie?“, forderte Sir George zu wissen, der wieder atmen konnte und an Maude vorbeischaute. Lord Basmond räusperte sich und stellte sich in Positur.
„Während meiner Zeit in Cambridge, meine Herren, studierte ich die versunkene Kultur Ägyptens. Bei einem Urlaub in Frankreich sprach mich ein alter Bettler an, der zuvor ein Mitglied der Armee des
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