Die Frauen von Savannah
meine eigene Stimme kaum. »Freut mich, dich kennenzulernen, Großtante Tootie.«
Sie zwinkerte mir zu. »Ach, wie umständlich. Lassen wir doch das Groß- weg, oder? Nenn mich einfach Tante Tootie, ja? Ist das in Ordnung?«
Ich brachte keinen Ton heraus und fühlte mich von vorne bis hinten unzulänglich. Ich konnte nur nicken.
Sie drückte mich sanft. »Ich weiß, dass du ganz schön was durchgemacht hast, und ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das alles tut. Dein Daddy und ich haben uns ein paarmal unterhalten, und er hat mir gesagt, dass du gerne bei mir wohnen möchtest.«
Ein feiner, silbergrauer Pony rahmte ein sanftmütiges Gesicht ein, das von feinen Linien durchzogen war. Hinter dicken Brillengläsern lagen wässrig-braune Augen. Freundliche Augen.
»Du bist bestimmt ganz durcheinander, aber du sollst wissen, dass ich ein großes, altes Haus habe, mit jeder Menge Platz, und ich freue mich schon richtig auf dich.«
Diese einfachen sieben Wörter hallten um mich herum und brachten Licht ins Zimmer: Ich freue mich schon richtig auf dich … ich freue mich schon richtig auf dich …
Meine Schultern begannen zu zucken, und zu meiner eigenen Überraschung rannen mir Tränen aus den Augen und liefen mir die Wangen hinunter. Tante Tootie schlang die Arme um mich und hielt mich fest. »Ach, Liebes«, sagte sie und streichelte mir übers Haar. »Alles wird gut. Hätte ich geahnt, was für Probleme deine Momma hat, dann hätte ich euch längst alle beide zu mir geholt.«
Genau in diesem Augenblick spürte ich, wie mein Leben in ihre Hände mit den weißen Handschuhen überging.
Es fühlte sich so gut an, festgehalten zu werden, dass ich weinte, bis ich Schluckauf bekam. Tante Tootie führte mich in die Küche, setzte mich an den Tisch und holte mir ein Glas Wasser. Durch meinen Tränenschleier sah ich sie ein Taschentuch aus ihrer schimmernden schwarzen Handtasche holen. Sie setzte sich neben mich und drückte es mir in die Hand. »Hier, nimm das und wisch dir die Tränen aus dem Gesicht. Das Schlimmste hast du schon geschafft.«
Ihr Taschentuch duftete genauso herrlich wie sie. Es war mit zarter Spitze umsäumt und mit kleinen Veilchen bestickt und das Hübscheste, was ich je gesehen hatte. Aber nachdem ich mir damit die Tränen weggewischt und die Nase geputzt hatte, lag es in meiner Hand wie ein durchnässtes, matschiges Sträußchen.
»Behalt das Taschentuch nur, Mäuschen. Ich habe noch jede Menge in der Handtasche.« Sie beugte sich vor und sah mir in die Augen. Ihr Lächeln war so liebevoll und großherzig, dass es sich anfühlte, als würde seine Wärme meine Wangen berühren. »Cecelia Rose, zeig mir doch mal dein Zimmer, dann können wir deine Sachen zusammenpacken.«
Meine Unterlippe zitterte. »Ich habe meine Kleider schon gepackt. Und dann habe ich noch eine Kiste Bücher.« Sie stand auf und reichte mir die Hand. »Na, dann zeig mir mal, was du alles mitnimmst.«
Ich führte sie ins Wohnzimmer, und als ich auf den Koffer und die Bücherkiste zeigte, sagte sie: »Das ist alles? Ich habe viel Platz im Auto, Cecelia. Möchtest du nicht noch irgendwas mitnehmen?«
Obwohl ich gerne gefragt hätte, ob ich all meine Bücher mitnehmen darf, schüttelte ich den Kopf. »Nein, sonst brauche ich nichts.«
»Na gut, dann bringen wir die Sachen mal ins Auto, ja?«
Ich half ihr, meinen Koffer in den Kofferraum zu heben, und sie sagte: »Cecelia, hast du irgendetwas eingepackt, das dich an deine Momma erinnert? Bilder oder Schmuck oder so?«
Ich dachte an das Album meiner Mutter und nickte. Aber dann wollte ich schnell das Thema wechseln und sagte: »Das ist das schönste Auto, was ich je gesehen habe. Was für eins ist das?«
Sie strahlte vor Stolz. »Das ist ein Packard Victoria. Den habe ich noch mit meinem verstorbenen Mann Taylor zusammen ausgesucht.« Sie schloss kurz die Augen und dachte nach. »Warte mal. Das war im Sommer 1948. Vor fast zwanzig Jahren.«
»Heißt das, das ist ein Oldtimer?«
Sie lachte. »Na ja, ich glaube schon. Wir sind wohl beide Oldtimer.«
»Woher hast du denn die hier?«, fragte ich, ging um die Kühlerhaube herum und ließ die Finger über die silbernen Engelsflügel gleiten. Sie waren warm von der Sonne und so glatt wie Glas.
Tante Tootie stellte sich neben mich. »Das ist Delilah. Taylor hat sie für mich machen lassen. Er wollte, dass ich auf dem Highway einen Schutzengel habe. Bisher hat sie das gut hingekriegt. Delilah wird uns gesund und munter nach
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