Die Frauen von Savannah
beides ausgehändigt hatte, schlug der Mann ihn nieder und zertrümmerte ihm das Gesicht. Slade erlitt einen Nasenbeinbruch und eine Fraktur des Wangenknochens. Sachdienliche Hinweise nimmt Detective Beaufort unter …
Das meinte Nadine also mit »der will uns linken«. Als die Erinnerung an das, was wirklich passiert war, aufblitzte, stieg eine sengende Hitze in meinem Bauch auf. Die Angst, die ich empfunden hatte, wich einer Wut, die so groß war, dass meine Hände anfingen zu zittern.
Nachdem ich den Artikel ein letztes Mal gelesen hatte, knüllte ich die Zeitung zu einem festen Ball zusammen und ging wieder in die Küche. Ich bemühte mich, kein Geräusch zu machen, und stopfte sie tief in den Abfalleimer.
Als ich auf die Fliegentür zutrat, hörte ich Oletta murmeln: »Mein Gott, mein Gott, ein ganzer Sack Probleme …«
Ich wartete einen Augenblick, dann machte ich die Tür auf. Oletta hörte auf, vor sich hin zu reden, und schaute hoch. »Ich wollte gerade schon gucken kommen, was du machst.« Sie legte ihre Näharbeit in den Schoß und betrachtete mich genau. »Du bist ja ganz rot«, sagte sie und legte mir die Hand an die Wange. »Und warm auch. Geht es dir gut?«
»Ja, alles in Ordnung.«
»Muss von der Sonne gestern sein«, sagte sie und berührte noch einmal meine Wange.
Ich nickte und setzte mich in den Schaukelstuhl. Sie nähte weiter.
Ich starrte einfach in den Garten hinaus. Die Röte in meinem Gesicht hatte mit der Sonne nichts zu tun. Es war die Hitze meines Wissens, dass Nadine recht hatte: Lucas Slade wollte uns linken. Und zwar richtig übel.
Mrs Odell hatte einmal gesagt, dass Gott auf uns aufpasste. Aber wenn das wirklich stimmte, warum ließ er dann zu, dass etwas so Böses passierte? Angeblich hatte er unendliche Macht; die Menschen beteten zu ihm, bauten ihm zu Ehren Kirchen und wandten sich in Zeiten der Not an ihn. Warum guckte er dann nicht gelegentlich mal hin und kümmerte sich um die Leute?
Ich drehte mich um und betrachtete Oletta. Jeder Stich, den sie setzte, war so klein und präzise, dass er unsichtbar wurde, wenn sie den Faden anzog. Ich überlegte, warum Gott das nicht auch so machen konnte – warum konnte er die Sachen nicht reparieren, wenn etwas repariert werden musste? Soweit ich wusste, ließ Gott uns hier unten ganz schön allein.
Als sie ihre Schürze fertig geflickt hatte, bat Oletta mich, ihr zu helfen, den Garten zu gießen, bevor es dunkel wurde. Ich zupfte verwelkte Blüten aus ein paar Topfblumen, während sie den Gartenschlauch ausrollte. Sie wässerte die Beete, sah mich an und fragte noch einmal: »Geht’s dir gut?«
Ich lächelte sie an und nickte. »Jetzt ja. Du hattest recht, Oletta. Ab heute hat der Mann keine Macht mehr über mich.«
Ich hätte nicht sagen können, ob es die neue Kraft in meiner Stimme war oder mein Blick. Was auch immer es war, Olettas Schultern strafften sich, und ihre Miene wurde zu Stein. Mit ebenso viel Verwunderung wie Angst sah ich ihr Stressbarometer in den roten Bereich steigen. Für mich blieb es ein Rätsel, woher sie wusste, dass ich ihr nicht gehorcht und ihr Gespräch mit Nadine und Chessie belauscht hatte, aber sie wusste es.
Sie hob das Kinn an und presste die Lippen zusammen, bis sie nur noch zwei schmale, blasse Striche waren. Ein Donner grollte durch ihr Gesicht. Ich hatte noch nie jemanden so wütend gesehen. Aber in ihrem Blick lag auch Furcht. Es war nur ein Flackern, aber ich sah es.
Es quälte mich ungeheuer, ihrem Blick standzuhalten, aber es gab kein Zurück. Ich stand kerzengerade. »Er ist böse und ein Lügner. Nadine und Chessie haben recht. Er will uns linken. Wir können es nicht der Polizei erzählen, und wir können es nicht Tante Tootie erzählen, weil sie dann zur Polizei geht. Mit Sicherheit. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Zu niemandem. Nie.«
Oletta blinzelte nicht, bewegte nicht einen Muskel. Der Sturm in ihren Augen flackerte noch einmal auf und legte sich dann so schnell, wie er gekommen war. Mit einem knappen, kaum wahrnehmbaren Kopfnicken drehte sie sich langsam um und wässerte das nächste Beet.
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Kapitel 17
W ie jeden Morgen, seit sie in Raleigh war, rief Tante Tootie an und fragte, wie es Oletta und mir ging. Oletta hatte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt und verquirlte Eier und Sahne in einer Schüssel. Sie sagte nur gelegentlich »M-hm« und »Ja« und »In Ordnung«. Nach einer Minute dieses einseitigen Gesprächs reichte sie mir den Hörer. Tante
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