Die Frauen von Savannah
entsetzt, aber ich musste laut lachen. Zwar versuchte Sapphire immer noch, mich niederzustarren, aber sie zeigte auf einen Stuhl und sagte: »Herrgott, bist du weiß. Aber wenn du schon hier bist, dann setz dich wenigstens in den Schatten, damit du mir nicht so in den Augen wehtust.«
Ich setzte mich neben die engelsgesichtige Miz Obee, und Oletta holte sich einen Stuhl von der anderen Seite der Veranda und setzte sich ebenfalls. Sie fragte, wie es Sapphire ging, und ob sie irgendetwas brauchte.
Sapphire wandte den Blick nicht von mir. »Mir geht’s bestens. Aber ich will wissen, wer das ist, und warum du sie hierher gebracht hast.«
Miz Obee betrachtete mich mit dem neugierigen Blick eines Kindes, sagte aber kein Wort.
Oletta erklärte, dass ich eine Verwandte von Tante Tootie war und jetzt bei ihr in Savannah wohnte, weil meine Mutter überraschend gestorben war. Miz Obee bekam ein trauriges Gesicht, aber Sapphire sah mich weiterhin böse an und unterbrach Oletta: »Hör doch auf, so auf die Tränendrüse zu drücken, ist mir doch egal, wenn einer tot ist. Jeden Tag sterben Leute, na und?«
Sie beugte sich zu mir, verengte die Augen, und ihre Stimme war bösartig, als sie sagte: »Was ich wissen will, ist, kann sie Halma?«
Ich grinste. »Ja, Ma’am. Hat Mrs Odell mir beigebracht.«
Sie schlug auf den Tisch und krähte: »Mir doch schnurzpiepegal, wer dir das beigebracht hat. Ich will nur spielen.«
Oletta warf Sapphire einen warnenden Blick zu, aber Sapphire ignorierte sie, lehnte sich zurück und zeigte auf das Spielbrett. »Jetzt sitz nicht da, als wenn du nur Sülze im Kopf hättest, bau auf.«
Ich versuchte, nicht zu lächeln, als ich die Spielmurmeln zusammensuchte. Ich sortierte sie nach Farben und legte sie in die Kuhlen, sah Sapphire an und zuckte die Schultern. »Es sind nicht genug.«
Miz Obees Gesicht spannte sich an, aber Sapphire sah ihre Freundin freundlich an, klopfte auf den Tisch und sagte: »Stell einfach alles auf, so gut es geht. Wir spielen mit dem, was wir haben.«
Das war vielleicht das Klügste, was ich je gehört hatte. Durch ein offenes Fenster hörte man das Kratzen einer Schallplatte, und dann sang Louis Armstrong, begleitet von Miz Pearson, What a Wonderful World .
Sapphire, Miz Obee und Oletta schaukelten in ihren Stühlen und lächelten alle drei. Ich konnte nicht anders als mitlächeln. Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück, schaute in den Himmel und dachte, ja, die Welt ist wirklich wundervoll .
Als das Lied zu Ende war, kam Miz Pearson auf die Veranda geschlurft und warf Küsse wie ein Star. »Wie war ich?«, fragte sie.
»Olive, du warst großartig«, sagte Sapphire. »Ella Fitzgerald ist nichts gegen dich.«
Miz Pearson strahlte, wir alle klatschten, und dann kam eine Schwester und führte sie sanft wieder hinein.
Es war so einfach, Miz Pearson zu einer alten Platte mitsingen zu lassen. Es tat niemandem weh und machte sie so glücklich. Ich dachte an Momma, und dass sie am glücklichsten gewesen war, wenn sie in ihrer imaginären Welt der Schönheitswettbewerbe leben konnte. Und so verrückt diese Welt auch war, ich wusste, wenn mein Vater auf mich gehört und sie in eine Fachklinik gebracht hätte, dann wäre sie noch am Leben.
Oletta ging hinein und kam mit einigen Kleidern wieder heraus, die geflickt werden mussten. Sie setzte sich still hin und nähte einen ausgerissenen Saum wieder fest, während Sapphire und ich ein Spiel spielten, das keinerlei erkennbaren Regeln folgte. Es versteht sich von selbst, dass Sapphire immer gewann. Wenn Miz Obee dachte, dass niemand guckt, nahm sie eine Murmel vom Brett und steckte sie sich vorne ins Kleid. Es dauerte nicht lange, bis sie mehr Murmeln im Kleid hatte als wir auf dem Spielfeld.
Sapphire wusste ganz genau, was Miz Obee tat, aber sie sah ihre Freundin nur liebevoll an und tat, als merkte sie nichts. Ich beobachtete dieses stumme Einverständnis zwischen Sapphire und Miz Obee, und mir dämmerte, dass das genau das ist, was Freunde tun sollten: das Gute aneinander schätzen, und den unmaßgeblichen Rest großzügig übersehen.
»So, Sapphire«, sagte Oletta, steckte Nadel und Faden in ihre Handtasche zurück und holte ein Fläschchen knallroten Nagellack heraus. »Deine Sachen sind fertig, soll ich dir jetzt die Nägel lackieren? Ich habe hier eine ganz neue Farbe, die heißt Feuer der Leidenschaft .«
Sapphire grinste wie ein Schulmädchen, und als sie die knorrigen, alten Hände auf den Tisch legte, konnte
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