Die Frauen von Savannah
gehen wir doch hin«, sagte Flossy und schüttelte ihren Stock Richtung Haus. »Da sage ich doch gern eben Hallo.«
Miz Obee schloss die Autotür, und wir gingen zum Haus zurück – ich trug vorsichtig meine Orchidee, Flossys abgewetztes Unterkleid flatterte im Wind, und aus Miz Obees Kleid fiel dann und wann eine Murmel. Mistah Moe fiel ein bisschen zurück, weil er einer entkommenen Murmel hinterherjagte.
Als wir auf die Veranda traten, ertönte plötzlich ein dumpfes Grollen, und eine Schar Stare flog auf und erhob sich in die Luft wie eine dicke Sturmwolke. Alle unterbrachen das, was sie gerade taten, und lauschten. Das Grollen wurde lauter, und dann kam ein Mann auf einem Traktor in Sicht, der einen Tieflader zog. Der Trecker tuckerte einen holprigen Weg entlang und pustete graue Wolken in die Luft. Der Fahrer winkte und hielt gleich hinter dem Sonnenblumenbeet.
»Gott, guckt euch das mal an«, sagte Sapphire und stand flinker auf, als man es von einer Einundneunzigjährigen erwartet hätte. »Das ist Jeb Cummings, und er hat Erdbeeren. Ich wette, das ist die letzte Ernte des Jahres.«
Miz Obee klatschte in die Hände, und Flossy winkte mit ihrem Stock und vollführte ein steifes, kleines Tänzchen. »Da werden wir Tilly-Jo bestechen müssen, damit sie uns heute Abend Erdbeerkuchen macht.«
Und dann stürmten die drei auf den Wagen zu, so schnell ihre alten Beine sie trugen. Erst in diesem Moment merkte ich, dass Sapphire ihr Kleid falsch herum anhatte.
Sie tapsten davon und wirbelten kleine Staubwölkchen auf. Ich nahm an, dass Sapphire diejenige sein würde, die den anderen davonlief und als Erste beim Erdbeerwagen ankam.
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Kapitel 18
A ls Oletta und ich nach unserem Tag im Green-Hills-Altenheim aus dem Bus stiegen, flirrte die Hitze über dem Asphalt. Mir fiel ein abenteuerlustiger Regenwurm auf, der vom Weg abgekommen und auf den Gehweg geraten war – vertrocknet lag er da wie ein vergessenes Würstchen auf dem Grill. Und die arme Oletta – in der Hitze waren ihre Füße geschwollen, und sie quollen aus ihren Schuhen wie Muffins.
Wir waren noch keine zwei Minuten im Haus, da klingelte das Telefon. Oletta nahm ab, während ich Eiswürfel in zwei Gläser gab und eine Flasche Cola aufmachte. Ich horchte auf das zischende Geräusch, schlürfte den Schaum ab und achtete nicht weiter auf Olettas Gespräch.
Als sie aufgelegt hatte, trank sie langsam ihre Cola. »Ah, lecker.«
»Wer war denn dran?«
»Miz Goodpepper. Sie geht auf ’n Hochzeitsempfang und ich soll ihr ’n Riss im Kleid flicken. Sie kommt sofort rüber.«
Ich leckte den Schaum vom Glasrand und trank einen Schluck. »Das war so schön heute. Deine Tante Sapphire ist nett.«
Oletta zog einen Stuhl heraus und setzte sich mit einem müden Ächzen. »Die ist wirklich ’ne Marke. Gott, du hättest sie früher sehen sollen. Die reinste Giftspritze.«
Auf der Veranda waren Schritte zu hören, und kurz darauf betrat Miz Goodpepper in einem grünen Chiffongeflatter die Küche.
»Oletta, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte sie und zeigte auf den tiefen Ausschnitt ihres Kleides. »Sehen Sie, es ist nur ein ganz kleiner Riss, genau hier in der Mitte. Aber Sie wissen ja, ich kann nicht mal einen Faden einfädeln.«
Oletta stand auf, um sich den Schaden genauer anzusehen. »Das geht ganz fix«, sagte sie und ging zur Speisekammer. »Ich hoff nur, ich hab ’n Faden in der Farbe.«
Miz Goodpeppers Kleid schleifte auf dem Boden und war hinten so tief ausgeschnitten, dass ich ganz rot wurde. Sie trug eine Anstecknadel mit einem großen blauen Stein, der aussah, als wäre ihr ein Stückchen Himmel auf die Schulter gefallen.
»Sie sehen wunderschön aus«, sagte ich.
»Danke, Liebes.« Sie strich sich mit den Händen über die Hüften. »Findest du, die Farbe steht mir?«
Ich nickte. »Sie sehen aus wie ein Limetteneis.« Erst als ich es gesagt hatte, merkte ich, wie seltsam das klang. Aber Miz Goodpepper lächelte und schien genau zu verstehen, was ich meinte.
»Glück gehabt«, sagte Oletta und kehrte aus der Speisekammer zurück. »Der hier passt genau.« Sie machte das Licht an. »Kommen Sie mal hier an den Tisch, damit ich seh, was ich tu.«
Miz Goodpepper stand reglos da, während Oletta den Riss nähte. Sie schob die Finger unter den Stoff und runzelte die Stirn. »Was um alles in der Welt haben Sie denn da drunter an?«
»Klebeband«, sagte Miz Goodpepper kichernd. »Keine Chance, unter dem Kleid einen BH zu
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