Die Frauen
Blick auf seine Zeichnung, errötete und sprang auf. »Er war vorhin hier, zusammen mit Brodelle, vor einer Stunde ungefähr.«
»Und wo ist Emil?«
Er zog den Kopf ein. »Er hat gesagt, er wollte vor dem Mittagessen noch ein bisschen reiten - und zum Ausgleich heute abend länger arbeiten.«
Sie winkte ab. »Würden Sie Billy bitte sagen, dass er den Wagen vorfahren soll? Ich muss in den Ort und werde nicht länger als eine Stunde fort sein. Es ist sehr dringend.« Mit scharrenden Füßen war er bereits zur Tür gestürzt, als sie ihm nachrief:
»Ich werde die Kinder nicht mitnehmen.« Sie hielt inne und betrachtete sein Gesicht:
Er war noch immer verwirrt, aber bemüht, ihren Wünschen zu entsprechen - ein guter Junge, fügsam und sympathisch. »Würden Sie ein Auge auf sie haben - wenn es Ihnen nichts ausmacht?«
Die Sonne brannte bereits auf die Steinplatten des Hofes, als Billy ihr den Schlag öffnete und sie einstieg. Alles war still und friedlich, und es ging kein Windhauch. Billy trug Arbeitskleidung und sah so adrett und ordentlich aus wie immer, ganz gleich, wie schmutzig die Arbeit sein mochte oder wie verschmiert und schlammbespritzt seine Kollegen waren. Er lüftete den Hut, als er sich ans Steuer setzte - »Sieht so aus, als würd’s heute mal wieder ganz schön heiß werden«, sagte er, und sie antwortete, ja, das stimme wohl -, und das war das letzte, was gesprochen wurde, bis sie vor dem Western-Union-Büro hielten und sie ihn bat zu warten. Sie hätte ihn gern eingeweiht, aber der Gedanke an die Szene in der Küche war zu demütigend, zu überwältigend, als dass sie irgend jemanden hätte einweihen wollen. Sie hatte einen Schock erlitten, das war es. Und sie hatte ihn noch nicht überwunden.
Sie brauchte zwei Minuten, um das Telegramm aufzusetzen - KOMM SO SCHNELL WIE MÖGLICH. ETWAS SCHRECKLICHES IST GESCHEHEN -, dann bezahlte sie es, stieg in den Wagen und ließ sich von Billy wieder nach Taliesin zurückfahren. Sie versuchte, sich zu beruhigen, und sagte sich, die Krise werde, wie alle Krisen, vorübergehen.
Frank werde bald dasein, um ihr beizustehen, wie er es seit eh und je getan hatte und in Zukunft tun würde.*
* Das Telegramm wurde um zwei Uhr in Midway Gardens zugestellt, aber Wrieto-San war nicht dort. Er saß bereits im Zug. Mit seinem Sohn John und Edwin Cheney. Und einem Herzen, das so heftig klopfte, dass ich es heute noch hören kann.
Als Billy von der Hauptstraße abbog, sah sie das Haus aus den Bäumen, die es umrahmten, auftauchen, ein Haus, das kostbarer und schöner war als alle, die es in der Toskana oder Umbrien oder sonstwo gab: oben der Himmel und unten Franks Schöpfung, jedes Detail seinem Kopf entsprungen, für sie, nur für sie - es machte sie froh und stolz. Und der Anblick beruhigte sie, denn es gab keinen Ort, wo sie lieber gewesen wäre. Dies war ihr Zuhause. Sie war zu Hause. Und als Billy am Beginn der Steigung hinunterschaltete, spürte sie eine so starke Sehnsucht, dass ihr Tränen in die
Augen traten. Sie tupfte sie rasch mit dem Taschentuch ab und wandte den Kopf, damit Billy es nicht bemerkte. Sie war nervös, das war alles.
Sie bat Herbert, der Köchin zu sagen, dass sie und die Kinder das Mittagessen auf der Veranda einnehmen würden. Die Arbeiter sollten es im Esszimmer serviert bekommen. Herbert war im nächsten Moment schon wieder da und sagte, die Köchin wolle wissen, für wie viele Personen sie kochen solle. Mamah saß an ihrem Tisch, las einen Abschnitt, den sie bereits zwölfmal gelesen hatte, und tat, als wäre alles wie immer, als wäre alles in Ordnung - das sollten alle glauben, auch Carleton. Sie sah auf und zählte an den Fingern ab. »Wollen mal sehen«, sagte sie, »Brodelle ist irgendwo in der Nähe, nicht?«
»Er ist wieder an seinem Tisch.«
»Gut. Emil und Sie, Brunker und Lindblom - das sind vier. Und Billy macht fünf.«
»Und Billys Sohn.«
»Ernest.« Sie lächelte. »Er lernt den Beruf seines Vaters, was? Ich hoffe nur, er vernachlässigt die Schule nicht, wenn die Ferien im Herbst vorbei sind. Eine gute Ausbildung ist durch nichts zu ersetzen, finden Sie nicht auch?«
Er scharrte mit den Füßen und stotterte herum. Natürlich gab er ihr recht - der ganze Sinn seines Aufenthalts in Taliesin sei ja, unter Mr. Wrights Anleitung etwas dazuzulernen, und er habe sich über das Buch Die Frauen-Bewegung, das sie ihm geschenkt habe, sehr gefreut und finde es sehr ... anregend.
Sie dankte ihm und sagte, er sei
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