Die Frauen
und an den Knöcheln und auf dem Fußgewölbe waren Spuren von Asche. Ihre Worte hatten ihn erschreckt, er rang um Fassung. Eine Strafe? Das war es, was auch die Presse schrieb, was die Philister und Moralapostel sagten, und für einen langen, schmerzhaften Augenblick sah er, wie unrecht er gehabt hatte, wie grausam und egoistisch er gewesen war. Es hatte ihn nach Mamah gelüstet. Er hatte alles zerstört.
Hatte Kitty vernichtet, Edwin vernichtet, eine ganze Gemeinde vor den Kopf gestoßen und den Leuten ins Gesicht gespuckt. Und das war dabei herausgekommen: Sieben Menschen waren tot, eine verängstigte junge Schwarze sah dem Gefängnis und vielleicht Schlimmerem entgegen, Taliesin lag in Schutt und Asche, und Billys Sohn war nicht mehr am Leben. Und Mamah. Und ihre beiden Kinder. Er wollte es leugnen, wollte es Schicksal nennen, Pech, irgendwas, doch die Worte wollten nicht kommen.
John konnte sich nicht mehr beherrschen. »Wie können Sie es wagen, das zu sagen?« fuhr er sie an. Der Ansturm der Gefühle machte seine Stimme brüchig. Er war der Beschützer seines Vaters - die goldenen Mauern, die verbotene Stadt. »Es war Ihr Mann. Ein Verrückter. Ein schwarzer -«
»Nein«, sagte sie und schüttelte abermals den Kopf, mit düsterer Miene, langsam und traurig. »Für mich. Es is eine Strafe für mich.« Sie sah ihn an, als wäre John gar nicht da. »Dass ich so ein Mann geheiratet hab... «
Vom Hof ertönten Stimmen, schwere Schritte erklangen auf den Dielen der Veranda.
Ein Hund begann zu bellen. Er spürte, dass er sich wieder verschloss, und plötzlich war er wütend: Er war hier das Opfer, und all die anderen waren im Unrecht, denn sie ließen einen Mann nicht in Frieden leben, wie er es für richtig hielt. Er würde nicht zulassen, dass Gott oder einer seiner Priester oder diese dürre Negerin oder sonst jemand irgendwem eine Schuld zuwies, denn die Schuld lag bei ihnen - sie waren die Mörder, nicht er.
Ihre Stimme brach. Ihre Augen hefteten sich starr auf ihn. »Er war ein guter Mann, Sir, er war gut zu mir. Wir ... Ich war erst siebzehn in Bridgetown, und er hat gesagt, er liebt mich, die ganze Zeit hat er das gesagt, und ich weiß gar nich, was das is, ich weiß es nich, ich weiß es auch jetz nich ... «
Jetzt schluchzte sie, ihre Brust hob und senkte sich, und sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. »Ein guter Mann«, sagte sie immer wieder, »er war ein guter Mann«, bis John zur Tür ging. Draußen standen der Hilfssheriff mit seinem roten, wütenden Gesicht und die anderen, Fremde, die gekommen waren, um an der Empörung teilzuhaben, und das einzige, was er, das trauernde, untröstliche Opfer, sagen konnte, war: »Bringt sie weg.«*
* Beim abermaligen Lesen dieser Zeilen muss ich daran denken, wie anders alles wäre, wenn Wrieto-San an jenem verhängnisvollen Tag in Taliesin gewesen wäre. Er hatte bis dahin etwa 135 Häuser gebaut - eine große Leistung für einen Architekten -, doch die Welt hätte in ihm wohl kaum den großen Mann gesehen, der er heute ist, wäre er zusammen mit seiner Geliebten in dem kleinen Familiengrab irgendwo im hintersten Winkel der amerikanischen Provinz beigesetzt worden. Man stelle sich vor, was uns entgangen wäre: das Hotel Imperial, Fallingwater, das Guggenheim-Museum und all die anderen sich ständig weiterentwickelnden und richtungsweisenden Entwürfe der späteren Jahre. Taliesin wäre nur eine verkohlte Ruine auf irgendeiner Kuhweide. Und ich hätte niemals von ihm lernen und in den Genuss seiner Freundschaft und Anleitung kommen können. Dieses Buch wäre nie entstanden. O 'Flaherty-San, so brillant er auch sein mag, wäre nicht über die oberflächlichen Freuden der Romanliteratur hinausgekommen. Ein einziger Mann nur, Wrieto-San - aber welch ein Banner hat er für uns alle getragen. Wirklich, eine Strafe.
Irgendwann war seine Schwester da und reichte ihm einen Becher mit etwas, das er trinken sollte, und dann brachte sie ihn nach oben, wo ein Bett an einem abgedunkelten Fenster stand, und als sie die Lampe ausschaltete, als Silhouette in der Tür verharrte und Worte murmelte, wie sie nur Frauen in Zeiten von Kummer und großem Leid finden, nannte er sie aus irgendeinem Grund Kitty. »Mir geht’s bald wieder gut, Kitty«, sagte er, obwohl er wusste, dass das nicht stimmte, und als er da lag, ohne Schlaf zu finden, und auf die Stimmen im Dunkel und das unheimliche Stöhnen der beiden Überlebenden lauschte, die man in den Salon gelegt
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