Die Frauen
Anwesens bestimmt worden war und sie ihren gemeinsamen Besitz gerecht aufteilen konnten, doch jetzt erkannte sie, wie dumm sie gewesen war. Wie konnte er es wagen, sie auszuschließen, während sich diese Zuchtstute dort eingerichtet hatte und von ihm mit allem erdenklichen Luxus umgeben wurde, in Miriams Bett, in Miriams Schlafzimmer schlief, das Anwesen beherrschte wie eine Art emporgekommene Königin aus einem Shakespeare-Stück, ja wie Lady Macbeth höchstpersönlich?
»Also gut«, sagte sie, schlug die Beine übereinander und beugte sich vor, um nach einer Zigarette zu greifen, »und wie soll ich das Ihrer Meinung nach angehen?«
Kurzes Schweigen. Dann wieder dieser sanfte, schmeichelnde Ton, glatt wie Glaceleder.
»Nun, ich dachte mir, Sie könnten vielleicht eine Pressekonferenz ankündigen.«
Früh am nächsten Morgen versammelte sich die Meute im Foyer, eine pflichtbewusste Meute mit spitzen Zähnen, die Blut witterte, und Miriam hielt sich aufrecht, rang kurz um Fassung - ihr Mund, ihr Kinn, all die Gefühle, die in ihr aufwallten wie ein Geysir, schließlich ging es hier um ihr Leben, ja, sie kämpfte um ihr Leben - und teilte ihnen dann mit, dass Frank Lloyd Wright sie betrogen und gequält habe und jetzt unter Missachtung einer gerichtlichen Verfügung mit seiner ausländischen Konkubine in dem Haus wohne, das ebensosehr ihr wie ihm gehöre, dass sie hingegen, so wie sie jetzt vor ihnen stehe, damit rechnen müsse, demnächst ihres bescheidenen Quartiers verwiesen zu werden. »Sollte mein Mann mich weiterhin um mein Eigentum betrügen - es tut mir leid, wenn ich das so drastisch ausdrücken muss, aber genau darauf läuft es hinaus« - hier hatte sie eigentlich um der Dramatik willen innehalten wollen, doch in der Hitze des Gefechts sprudelte sie weiter -, »dann wird mir nichts anderes übrigbleiben, als meinen Schmuck, die Holzschnitte, die wir gemeinsam in Japan gesammelt haben, die Kette und die Ohrringe aus Jade, die mir Baron Ökuras* als Andenken geschenkt hat, meine Wandschirme und Schals und die kleinen Intarsientische aus Rosenholz, also mehr oder weniger alles, was mir von meinem Zuhause geblieben ist, zu verkaufen - nur um meine Rechnungen zu bezahlen und für meinen kärglichen Lebensunterhalt aufzukommen, während er sich nichts versagt.«
* Baron Kishichirö Ökuras, 1882-1963. Playboy, Hotelier, Automobil-Enthusiast. Als Vorstand des Hotels Imperial und Sohn des Vorsitzenden der Investorengruppe, die eigens für den Bau des Hotels gebildet wurde (Baron Kishichirö Ökuras der Ältere, 1837-1928), trug er wesentlich dazu bei, dass Wrieto-San diesen Auftrag erhielt. Ich bin ihm zweimal auf Empfängen begegnet, die mein Vater in Tokio gab. Er war ein geschmeidiger, fast zu schöner Mann, der westliche Kleidung trug und sich, soweit ich es feststellen konnte, nur für zwei Dinge interessierte: für Single Malt Scotch und sehr schnelle Automobile.
Ihre Augen glänzten feucht. Sie spürte ihre Füße nicht, obwohl sie doch zweifellos auf ihnen stand. Plötzlich kam ihr eine Szene aus ihrer Schulzeit in den Sinn,
Sprecherziehung bei Mrs. Thompson, die Luft vom einschläfernden Duft der Magnolien geschwängert - damals hatte sie mit solcher Verve und Überzeugungskraft über Tennysons Gebrauch des homerischen Gleichnisses gesprochen, dass die ganze Klasse wieder aufwachte und Margaret Holloway, das beliebteste Mädchen der Klasse, sie aus der zweiten Reihe mit solch unverhohlener Bewunderung anblickte, dass ihr das Glücksgefühl, das sie in diesem Augenblick empfunden hatte, auch nach all den Jahren noch gegenwärtig war. »Es kann gut sein«, sagte sie schließlich, um Fassung bemüht,
»dass ich auf die Straße gesetzt werde.« Aber war dies der richtige Moment für das Foto? Ja, durchaus - sie warf sich für den Blitz in Positur, ehe sie ihrerseits für einen Knalleffekt* sorgte: Ihr bleibe keine andere Wahl, als in ihr rechtmäßiges Zuhause zurückzukehren, und genau das werde sie noch am selben Tag tun.
* Ich kann mich nicht für die Authentizität dieses Sprachgebrauchs verbürgen. Ich habe meine Zweifel, ob dieser Begriff in den Zwanzigern gebräuchlich war, außer vielleicht unter Feuerwerkern - jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, ihn je in einer Unterhaltung gehört oder selbst benutzt zu haben -, aber O 'Flaherty-San versichert mir, dass das Wort korrekt ist. Allerdings ist er natürlich erst 1941 auf die Welt gekommen. In einem Ort namens Tootler ’s
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