Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
aus Kornschnaps - oder Schlimmeres. Es war möglich, la chose authentique von den frankokanadischen Schmugglern zu bekommen, die den Whiskey über die Großen Seen ins Land brachten, oder von den Gangstern, für die sie arbeiteten - aber nur theoretisch. Die meisten Leute, so auch ich, mussten sich mit den minderwertigen Produkten von Amateur-Schnapsbrennern zufriedengeben, die oft mit Franzbranntwein oder Frostschutzmittel versetzt waren und gelegentlich zu Blindheit, Lähmungen, ja sogar zu Todesfällen führten. Während meiner Studienzeit habe ich einmal - zu je zwölf Dollar für einen knappen Liter - zwei Flaschen von etwas erworben, das als Kentucky-Bourbon aus dem Zollager ausgegeben wurde, sich dann jedoch als eine gefährliche Mischung aus Melasse und Terpentin entpuppte. Sake hingegen bekam man immer, wenn man wusste, wo man danach suchen musste. Aus dem Steinkrug, auf dessen kühles, rundliches Bäuchlein liebevoll die kanji aufgemalt waren.
     
    »Hier«, sagte sie, »biegen Sie hier links ab. Und jetzt rechts. Da, das Tor dort ist es.«
    Was seltsam war - und ihr sofort auffiel -, war die Ansammlung von Automobilen am Tor, drei, vier, fünf waren es, und daneben eine Gruppe Männer in schäbigen Anzügen.
    Sie hatten alle den Hut in den Nacken geschoben und beobachteten die sich nähernde Limousine aus zusammengekniffenen Reptilienaugen, unbewegt, unerschütterlich, und wären da nicht die blassblauen Rauchfäden gewesen, die aus ihren Zigaretten und Zigarren aufstiegen, hätte Miriam sie für Statuen gehalten. Ihr ging auf, dass das Reporter waren, die sich wegen ihr hier versammelt hatten, um ihren großen Auftritt zu dokumentieren, und dass ihnen Mr. Jackson einen Tip gegeben haben musste. Öffentlichkeit, das war sein Schlagwort. Und das von Mr. Fake ebenso. Lassen Sie die Presse die Arbeit für uns tun, Sie werden sehen, dass Ihr Mann ruck, zuck zur Vernunft kommen wird. Sie hob die Hände ans Haar, schob die losen Strähnen wieder unter den grünen Samtturban, und während der Wagen das Tempo verlangsamte und vor demTor zum Stehen kam, hantierte sie mit Lippenstift und Puderdose und schminkte sich nach.
    Erst dann blickte sie auf. Das Tor, das normalerweise offenstand, war zu und mit einem auffälligen Vorhängeschloss versperrt, das sie noch nie gesehen hatte. Davor standen Billy Weston und zwei andere dieser grinsenden, schwachsinnigen Einheimischen, die schon vor Jahrzehnten verhungert wären, wenn Frank sie nicht dafür bezahlt hätte, auf dem Anwesen herumzulungern und beschäftigt zu tun. Sie sah an Billys Blick, dass es Ärger geben würde, schon als sie ausstieg und die Reporter, gleichsam wiedererweckt, sich plötzlich kerzengerade aufrichteten, ihre Zigaretten und Zigarren auf den Boden warfen und alle gemeinsam zu ihr liefen.
    Der Randstreifen der Straße war ein Morast aus schmutzigbraunen Pfützen - das Landleben, wie sie es hasste, was hatte sie sich bloß gedacht? -, und ihr rechter Absatz sank sofort in der weichen Erde ein, so dass sie kurz schwankte und sich am Kotflügel abstützen musste. Die Reporter beobachteten sie mit ausdruckslosen Augen, doch keiner bot ihr seine Hilfe an. Die Sonne schien ihr ins Gesicht. Sie spürte, wie ihr ein Finger aus Schweiß das Rückgrat hinunterglitt. Mit vernichtendem Blick sah sie einen nach dem anderen an, dann marschierte sie zum Tor.
    »He, Billy Weston«, fauchte sie, »machen Sie sofort das Tor auf.« Sie hatte überlegt, ob sie im Ton höchster Empörung Was hat das zu bedeuten? rufen sollte, doch das wäre unsinnig gewesen, denn es war offensichtlich, was das zu bedeuten hatte. Frank und seine Handlanger, diese Dorftrottel mit ihren offenen Kragen, zerbeulten Hüten und verdreckten Hosen, wollten sie nicht hineinlassen.
    Billy Weston (ein dünner, linkischer Mann, so grau und langweilig, dass man ihn kaum wahrnahm, mit stumpfen Augen und entschlossener Miene): »Tut mir leid, Mrs. Noel, aber Mr. Wright hat gesagt, wir sollen niemand reinlassen.«
    »Ich heiße Mrs. Wright, das wissen Sie ganz genau - Mrs. Frank Lloyd Wright -, und ich wohne hier. Das ist mein Haus, nicht Ihres. Oder seins. Und jetzt machen Sie das Tor auf, und zwar sofort.«
    Keine Reaktion. Er und die anderen beiden wechselten einen Blick, aber das war auch schon alles.
    »Sind Sie taub? Ich habe gesagt, Sie sollen das Tor aufmachen! Auf der Stelle!« Irgendwie lagen ihre Hände plötzlich auf dem kühlen Eisen, und sie rüttelte an dem Tor, dass die Scharniere

Weitere Kostenlose Bücher