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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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als sie zählen konnte, in ihrem besten Staat hinter diesen imposanten Fenstern gestanden und berühmte, brillante Menschen empfangen hatte, während das Landvolk da draußen nicht mehr zustande brachte, als Pferdewagen zu kutschieren, Mist zu gabeln und Mund und Augen aufzureißen -, aber sie musste jetzt stark sein. Und sie war stark, stärker als er, als Frank, dieser Weichling, dieser Kleingeist, der sich natürlich nicht blicken ließ. Dafür standen Billy Weston und die beiden anderen noch da, mit angespannten Gesichtern. Und das Tor war noch immer versperrt. Sie schaute zu den Fenstern hinauf, die das Licht der sinkenden Sonne spiegelten, bis sie wie blinde Augen aussahen, in die sie selbst mit einem Fernglas nicht hätte hineinschauen können - nicht von hier aus, nicht von der Straße aus -, was sie erneut in Rage versetzte.
     
    * Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie ich selbst diesen Froschlaut in meinem ersten Sommer in Taliesin hörte. Es ist wirklich ein trübseliges, ein im höchsten Maße deprimierendes Geräusch - als spie die Erde ihreToten aus.
     
    Aber wer war denn das? Ein bierseliger Mann mit einem Kopf wie ein Flaschenkürbis und einer Uniform, die sich um seine Mitte und die Oberschenkel spannte wie eine prall gefüllte Wurstpelle, löste sich aus der Menge und kam auf sie zu - denn das war es inzwischen, eine Menschenmenge, all die Bauerntölpel mit ihrem Kautabak und ihren Zigarren und ihre welken, teigigen, grobgliedrigen Frauen hatten sich zu diesem Spektakel versammelt, als wären sie von der Feuerglocke herbeigerufen worden, denn Frank Lloyd Wright und seine ausgesperrte Frau waren das Beste, was dieser Ort an Unterhaltung zu bieten hatte -, und plötzlich dämmerte ihr, dass dieser Mann der Sheriff war. »Ma’am«:, sagte er und tippte sich an die Hutkrempe.
    Sie hätte sich freuen sollen, ihn zu sehen, ihm danken sollen, dass er zu dieser Uhrzeit hier erschien, um seine Pflicht zu tun und ihr in ihrer Not Beistand zu leisten, aber schon allein sein Aussehen machte sie nur noch wütender. Das sollte ihr Held sein? Ihr Ritter? Ihr Paladin? Er ließ die Schultern hängen. Er sah ihr nicht in die Augen. »Man hat mich aus meinem eigenen Haus ausgeschlossen«, sagte sie. »Und er sitzt jetzt da oben und reibt sich die Hände. Er und seine, seine« - sie wollte nicht »Hure« sagen, nicht vor all diesen Leuten, auch wenn das genau das richtige Wort war -, »seine Schlampe.«
    Er schmatzte mit den Lippen, pulte mit einem Finger vorsichtig nach etwas, das zwischen seinen Zähnen steckte. »Von wem sprechen Sie, Ma’am?«
    »Von wem ich spreche? Was soll das heißen? Von Frank Lloyd Wright natürlich, dem Mann, dessen Name auf dem Haftbefehl steht! Gehen Sie endlich da hoch und nehmen Sie ihn fest!« Sie ließ den Blick über die Menge schweifen, dann machte sie eine zornige Geste in Billy Westons Richtung. »Und diese Männer da, die ... die behindern die Durchsetzung von Recht und Ordnung. Verhaften Sie sie. Verhaften Sie sie auf der Stelle!«
    Jemand lachte, und das Lachen griff um sich, schwoll an und erstarb wieder, als sie sich wutschnaubend zu den Leuten umdrehte. »Lachen Sie nur«, knurrte sie. »Idioten. Und Sie« - sie zeigte mit ausgestrecktem Finger auf Billy Weston -, »Sie werden entlassen, Sie alle, sobald ich wieder das Regiment in Taliesin führe.«
    »Nun, Ma’am, ich, äh« - der Sheriff fummelte die Haftbefehle aus seiner Brusttasche heraus, zwei zerknitterte Zettel, die inzwischen eher als Füllmaterial taugten -, »also, diese Männer hier sagen, dass er gar nicht da oben ist. Weder er noch sie.«
    Sie war verblüfft. Würde er denn gar nichts unternehmen? Hatte man ihn gekauft, war es das? Hatte Frank ihn irgendwie auf seine Seite gezogen?
    »Wollen Sie mir sagen, dass Sie denen das einfach so glauben?« fragte sie mit mühsam beherrschter Stimme. Sie starrte ihn bitterböse an, diesen Mann mit seinem üppigen Leib, aber kleinen Geist - noch so einer, ein Helfershelfer, ein Narr, ein Feigling. »Und?« fragte sie. »Wollen Sie das nicht überprüfen? Ihre Pflicht tun? Ihrem Amtseid genügen? Sind Sie nicht zu diesem Zweck hergekommen?«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu, dann senkte er die Augen und begann, mit der einen abgestoßenen Stiefelspitze in der Erde herumzustochern.
    »Na ja, ich nehme an, ich« - er schaute zu Billy Weston -, »ich könnte mich wohl, na ja, vielleicht mal kurz umschauen, wo ich ja immerhin diese Haftbefehle habe.«
    Alle sahen zu,

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