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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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knirschten, zum Teufel mit ihren Handschuhen, ach, zum Teufel mit allem. »Frank!« schrie sie und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die unbewegte Fassade des Hauses, das über dem dunklen Glanz des Sees aus dem Hang emporwuchs. »Ich weiß, dass du dadrin bist! Frank! Frank!«
    Es war sinnlos. Sie überanstrengte sich. Sie spürte ihr Herz klopfen, spürte, dass ihr unter dem stramm sitzenden Turban der Schweiß auf die Stirn trat. Genau das hatte er gewollt, dieser intrigante Mistkerl - er hatte das alles so geplant, um sie zu demütigen. Aber was er konnte, das konnte sie auch.
    Sie ließ das Tor so plötzlich los, wie sie danach gegriffen hatte, drehte sich zu den Reportern um und sah einen Ausdruck der Ehrfurcht über ihre Gesichter huschen, derweil in den Pfützen kleine Abbilder des Himmels aufschienen und die Falter, Bienen und Grashüpfer in bunten Bändern über das Feld schwebten. »Jungs«, sagte sie zu den Männern, während sie die Schultern straffte und zur Limousine zurückstakste, »nicht umsonst heißt es immer: Viele Wege führen nach Rom. Wenn er meint, er könnte uns den Zugang verwehren, dann hat er sich gewaltig verrechnet.« Sie schob sich an Wallace vorbei, der mit offenem Mund dastand und gaffte, als wäre er bei einem Baseballspiel oder auf dem Ball der Hypnotiseure, und riss die Autotür selbst auf. »Na los, worauf warten Sie denn noch!« rief sie, und was machte es schon, dass sie dabei mit den Armen wedelte wie eine Seifenkistenpredigerin? Diese Männer waren ihre Soldaten, das erkannte sie jetzt, bereit, auf ihr Kommando das Anwesen zu stürmen, und dieser Gedanke belebte sie. »Steigen Sie in Ihre Autos. Wir fahren hintenherum. Das wollen wir doch mal sehen, ob die uns aufhalten können!«
    Allgemeine Aufregung brach aus, die Männer rückten sich die Hüte zurecht und rannten zu ihren Autos, Wallace und der Fotograf schoben sich auf die Vorderbank, Myra hievte sich schwerfällig erst auf das Trittbrett, dann auf den Rücksitz, Türenknallen, Staubwolken, hinter ihnen eine verklingende Männerstimme - Ne, warten Sie auf mich!-, und weg waren sie. Miriam hielt sich am Türgriff fest und brüllte Wallace von hinten Anweisungen zu. Vor den Fenstern sausten die grünen Felder vorbei. Der Wind blies ihr ins Gesicht. Eine wilde Freude erfüllte sie, die Freude des Gefechts, die Freude an Bewegung und Aktion, und sie hatte nur noch einen Gedanken, nämlich die Initiative an sich zu reißen, Frank zu überrumpeln, ihn in die Knie zu zwingen. Doch als sie fünf Minuten später das Hintertor erreichten, erlebte sie eine zweite Überraschung: Frank hatte die Straße mit einem der Farmwagen blockiert, vor dem drei Männer standen, ihr unbekannte Männer, die mit ins Gesicht gezogenen Mützen und verschränkten Armen Kampfeslust demonstrierten. Und Stupidität. Und Abscheulichkeit. Und, und - »Schaffen Sie den Wagen weg!« befahl sie. »Schaffen Sie auf der Stelle diesen Wagen weg!«
    Keiner rührte sich, keiner wechselte auch nur das Standbein.
    Jetzt war Wallace da (wie war noch gleich sein Vorname? Rudyard? Ja, Rudyard, nach dem englischen Schriftsteller, zumindest behauptete er das), sein Jackett salopp über die Schultern geworfen, lehnte er am Zaun, als gehörte er hierher, als wäre er selbst ein Hinterwäldler und Bauerntölpel. »Sagt mal, Kameraden, seht ihr vielleicht irgendeine Möglichkeit, uns für einen Moment da hochfahren zu lassen? Wir machen keinen Ärger, wir wollen nur ein Foto für die Sonntagsausgabe schießen, und Mrs. Wright kennt ihr ja, oder? Na kommt schon, nun seid mal nicht so.«
    Die Männer hätten ebensogut Säulen sein können, Steine, aufgestapelte Kuhfladen, die zu Menschen geformt waren. »Pah«, stieß Miriam hervor. »Geben Sie’s auf. Sie verschwenden bloß Ihre Zeit. Diese Kanaillen. Speichellecker. Dorftrottel.« Fuchsteufelswild wirbelte sie herum und versank mit beiden Absätzen im Matsch. »Zurück zum Haupttor, Jungs - das soll der Sheriff erledigen!«
    Die Schatten wurden bereits länger, als sie wieder vor dem Haupttor hielten - wo war nur die Zeit geblieben? Kaum hatte sie die Autotür aufgerissen, hörte sie, wie die Ochsenfrösche im See zu röhren begannen, ein so trübseliges Geräusch, dass sie hätte heulen*, sich die Haare ausreißen, auf die Knie fallen und mit den Fäusten auf die Erde trommeln können - ausgeschlossen zu sein, aus ihrem eigenen Haus ausgeschlossen zu sein, und das auch noch am Abend, zur Essenszeit, da sie, öfter,

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