Die freien Amazonen - 3
sorgen. Besonders bei dem hier!« Ihre Opfer wirkten recht gedämpft; offensichtlich waren sie von der Schnelligkeit und den ungewöhnlichen Methoden der beiden Amazonen so verwirrt, dass sie nicht einmal einen Fluchtversuch gemacht hatten.
In der nächsten Stunde gab es viel zu tun. Lori und Rima arbeiteten im Schein des Feuers mit Verbänden, Decken und Stricken. Das Herrensöhnchen wurde sehr gesprächig und drückte mit quengelnder Stimme seinen Dank, seinen Schock über die Entdeckung, dass seine Retter Frauen waren, und seinen Ärger über den Verlust seiner Kleider aus. Letzteres machte ihm mehr zu schaffen als die Tatsache, dass er dem Tod um Haaresbreite entgangen war. Schließlich brachte Lori ihn zum Schweigen, indem sie ihn fragte, ob er Lust habe, seine Sachen aus den Exkrementen herauszufischen.
Rima beendete ihre Erste-Hilfe-Maßnahmen und goss einen Korntee auf. Als sie dem Geretteten eine dampfende Tasse reichte, erkundigte sie sich: »Und wie dürfen wir Euch anreden, geehrter Herr? Ich würde gern mehr über die elende Geschichte und diese ebenso elenden Räuber erfahren.«
Ihr Neuerwerb wandte dem Feuer ein schmollendes Gesicht zu und antwortete mit einer Wichtigkeit, die schlecht zu seinem zerzausten Zustand passte: »Ich bin Dom Estoril Calavera, und mein Vater ist Herr über den größten Teil dieses Tales. Dieser - dieser unaussprechliche Abschaum wollte Lösegeld von ihm verlangen und überfiel mich, als ich von - äh - einer Gesellschaft in Ensendara heimkehrte. Ich hielt an, um einem Ruf der Natur zu folgen, und da packten sie mich. Sie müssen mir im Wald gefolgt sein.«
»Hab ich mir gedacht, dass sie ihn mit heruntergelassenen Hosen erwischt haben!«, krähte Lori. »Da hat er in einem Bordell in der Stadt eine ›Gesellschaft‹ besucht und sich halb betrunken auf den Heimweg gemacht. Er hat überhaupt nicht gemerkt, dass er verfolgt wurde.«
»Warum«, fragte Rima milde, »habt Ihr den Brief an Euren Vater nicht geschrieben? Er hätte das Lösegeld doch sicher gezahlt, oder er hätte die Räuber aufgespürt und Euch gerettet!«
»Natürlich hätte er das getan und mich danach gründlich verprügelt. Ich hätte den Brief ja auch gern geschrieben, nur dass …«
»Nur was?«, drängte Rima.
»Nur dass ich nicht schreiben kann! Ich bin ein Edelmann, kein verfluchter Cristofero- Schreiber!«
Das entzückte Lori so, dass sie sich krümmte vor Lachen. Als sie sich endlich die Augen wischte, machte Rima ihr Vorhaltungen.
»Schäm dich, Lori. Die meisten ›Edelmänner‹ auf Darkover sind ihren Schreibern und Buchhaltern, die ihr Gewerbe in Nevarsin gelernt haben - gepriesen seien die guten Mönche! -, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Denke daran, dass dich erst die Entsagenden das Lesen und Schreiben gelehrt haben, damit es keinem Mann möglich ist, dich aufgrund deiner Unwissenheit zu betrügen.
Vielleicht findet Lisa eine von der Schwesternschaft, die eine Schule für solche einrichtet, die es auch lernen möchten.«
»Mit einem Sonderkurs für Lösegeldforderungen.«
»Nein, ich glaube, das Kidnappen wird aus der Mode kommen, wenn wir diese drei nach Ensendara geschafft haben. Willst du die erste Wache übernehmen, oder soll ich es tun? Mich ärgert nur, dass diese Schweine die ganze Nacht durchschlafen können.«
»Leg du dich jetzt hin, Rima. Ich werde wachen, und es tut mir Leid, dass es nicht so einfach gegangen ist, wie ich versprochen hatte.«
»Lori, Lori - seit wir uns kennen, ist nie etwas so einfach gegangen, wie du es dir erhofftest, und immer wieder schenke ich dir Glauben.
Wer ist also zu tadeln? Wecke mich in zwei Stunden, Kleine. Und nachdem du geschlafen hast, werden wir nach Ensendara reiten. Ich freue mich schon auf eine anständige Mahlzeit.«
Über P. Alexandra Riggs und ›Eine Tür wird
geöffnet‹
In ihrem Begleitbrief zu dieser Geschichte schrieb mir die Autorin:
»Dies ist mein erster schriftstellerischer Versuch. Ich habe schreiben wollen, seit ich erwachsen bin, aber mich gefürchtet, meine Philosophie einer Ablehnung auszusetzen. Ihre Arbeit hat mir etwas von der Angst genommen, mich zu exponieren.«
Ich sage jungen Autorinnen immer wieder, dass man als Schriftstellerin ein paradoxes Leben führt. Eine Schriftstellerin muss sehr sensibel sein und alle ihre Gefühle dicht an der Oberfläche halten, sonst gelingt es ihr nicht, Emotionen glaubwürdig zu porträtieren. Gleichzeitig ist die erste Erfahrung, die jede Schriftstellerin macht,
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