Die freien Amazonen - 3
es. Darum geht es in dem Eid - er soll uns nicht von unsern Familien abschneiden, sondern uns zum Teil einer größeren Familie machen.«
Und Edrik ist immer noch Teil meiner Familie, sagte sie sich, auch wenn er ein Junge ist und nicht bei mir leben kann - Edrik ist immer noch mein Kind. Wenn sie wieder in Thendara war, wollte sie ihn besuchen, auch wenn das für sie beide schmerzlicher war als ein endgültiger Bruch. Sie würden sich irgendwie damit abfinden, ob es schmerzte öder nicht.
Am Eingang zum Nevarsin-Kloster umarmte Coryn sie zum Abschied, und dann umarmte er auch Perdita, »denn wenn Jamilla meine Mutter ist, bist du meine Tante.« Dann machten sich Jamilla und Perdita auf den Rückweg nach Thendara - zu ihrem anderen Sohn und Neffen.
Über Deborah Wheeler und ›Hebamme‹
Die erste Geschichte, die Deborah Wheeler verkaufte, erschien in meiner Anthologie Sword and Sorceress, und sie ließ ihr in Sword and Sorceress II eine noch bessere folgen. Natürlich bat ich sie um einen Beitrag zu dieser Anthologie, und sie schrieb ›Hebamme‹, eine Story, die nicht das ist, was man nach diesem Titel erwartet.
Deborah ist eine junge Frau mit einer vierjährigen Tochter. Sie fing als Teenager an, Kurzgeschichten zu schreiben (meistens über Tiere), hatte jedoch keinen professionellen Erfolg. Dann legte sie ihren schriftstellerischen Ehrgeiz »zu Gunsten ›seriöserer‹ Dinge wie Gesundheitsfürsorge« auf Eis. Sie verirrte sich, wie sie es ausdrückt,
»für eine Weile auf das Gebiet der Psychologie«, erwarb am Portland-College einen Master-Titel, war Dozentin für Physiologie und Bakteriologie an ihrem Chiropraktiker-College und Dekan der Schule, als ihre Tochter Sarah noch ein Säugling war. Das Ergebnis, sagt sie, war ein »totales Durchbrennen«, und sie preist sich glücklich, dass sie aufgehört hat, bevor es bei beiden zu viele Narben hinterließ.
Deborah besitzt den Schwarzen Gürtel im Kung Fu und unterstützt aktiv die Ausbildung von Frauen in asiatischen Kampfsportarten. Im Augenblick lehrt sie ehrenamtlich Säuglingsschwimmen im hiesigen YMCA.
MZB
Hebamme
von Deborah Wheeler
Das Nest war leer bis auf ein großes dunkles Ei. Der zweite Glückszufall war, dass der Eingang zur Höhle des Banshees von Schnee und Geröll teilweise blockiert war, was bedeutete, dass es nicht hereinkommen konnte, ohne Gavriela frühzeitig zu warnen.
Andererseits bedeutete es auch, dass sie in einem kleinen, stinkenden Bau gefangen war, bis sie sich mühsam ausgrub.
Gavriela n’ha Alys hockte sich auf die Fersen und bedachte ihre Situation. Sie hatte nicht mehr geweint, seit sie den Eid abgelegt hatte, und sie weinte auch jetzt nicht. Sie hätte in Nevarsin auf ihre Eskorte warten sollen, die durch schlechtes Wetter aufgehalten worden war.
Gavi hatte nur an ihre eigene Unruhe und den stärker werdenden Schneefall gedacht; sie wollte um keinen Preis noch einmal im Winter eingeschneit sein, ganz gleich, wie kostbar die medizinischen Aufzeichnungen waren, die sie kopierte. Ihre Ablösung, eine lächelnde, selbstzufriedene Schwester aus Temora, hatte ihren Platz bereits übernommen.
Es lag nichts zwischen Gavi und dem Weg nach Thendara als die dumme Vorschrift, eine Entsagende dürfe nicht allein reisen, und so hatte sie die Gelegenheit ergriffen. Dann hatte sie gemerkt, dass sie verfolgt wurde, und hatte sich Räuber oder etwas noch Schlimmeres vorgestellt. In ihrer Angst hatte sie sich in den Bergen verlaufen.
Gavi wischte sich die schwitzenden Hände an der mitgenommenen Hose ab. Bestimmt durfte sie es wagen, sich eine Weile auszuruhen, und sich darauf verlassen, dass die Lawine, von der sie an diesen Zufluchtsort getrieben worden war, ihre Verfolger getötet oder zumindest aufgehalten hatte. Sie konnte ihnen weder standhalten noch davonlaufen, auch wenn es ihr gelingen sollte, ihr Packtier wieder zu finden. Als Kämpferin war sie ihnen nicht gewachsen; ihre Eskorte wäre eine fähige Frau mit einer scharfen Klinge und schnellen Fäusten gewesen. Aber sie war allein …
Alle Schmiede in Zandrus Werkstatt können ein zerbrochenes Ei nicht wieder flicken, ermahnte Gavi sich streng. Und da wir gerade von Eiern sprechen …
Sie ging zu dem braunen Oval hinüber und atmete dabei durch den Mund, denn die Lebensgewohnheiten von Banshees erzeugen einen schrecklichen Geruch. Das Ei lag ein kleines Stück abseits von dem im Mittelpunkt angesammelten Haufen aus Knochen und Abfall. Im matten Licht entdeckte sie ein
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