Die freien Amazonen - 3
Schnalle ziehe.«
Sie verschnürten den Rucksack, und Kiera stellte ihn gegen einen Baum. Caitrin richtete sich auf und rieb sich das Bein. Ihr Fuß heilte gut, aber sie neigte immer noch dazu, ihn zu schonen, und das überanstrengte die Beinmuskeln. Donal hatte einen Ast aufgehoben und befreite ihn sorgfältig von der Rinde, um sich einen Wanderstock daraus zu machen.
»In vier oder fünf Jahren kann er allein in die Berge gehen«, sagte Kiera, ihn beobachtend. »Aber Vater wird ihn wahrscheinlich unter die Kadetten der Garde stecken. Dann liegt seine Ausbildung nur noch in den Händen der Männer.«
Caitrin sah sie finster an. Sollte das etwa ein Trost für sie sein? »Ich verstehe«, sagte sie. »Und bis dahin wirst du weiterhin über ihn wachen?«
»Oh, natürlich …« Kiera errötete. »Aber du verstehst mich nicht. Ich meinte, dass er mich dann nicht mehr brauchen wird.«
Gerade so, wie er mich jetzt nicht mehr braucht … , dachte Caitrin und schlug die Augen nieder.
»Und dann möchte ich zu euch zurückkommen.«
Caitrin hob den Kopf, sah Kiera an und versuchte, die Botschaft in diesen großen grauen Augen zu lesen. Zerlumpt und schmutzig, wie sie nach einem Monat des Wanderns aussah, schien sie viel älter zu sein als das zarte Kind, das in Thendara ins Gildenhaus gekommen war, und auf eine merkwürdige Weise viel schöner.
Caitrin betrachtete sie und dachte: Du hast Donals Liebe gestohlen, und meine auch.
»Ich möchte ins Gildenhaus eintreten; bis dahin bin ich volljährig
…«, platzte Kiera heraus und errötete von neuem. »Willst du meine Eidesmutter sein, Caitrin? Oder, wenn das erlaubt ist, du und Stelle zusammen?«
Caitrin bemühte sich nicht, die Tränen zurückzuhalten, die ihr über die Wangen rannen. Unfähig zu sprechen, streckte sie ihre Arme aus.
Kiera warf sich hinein, und einen Augenblick lang konnte Caitrin sie nur festhalten. Dann hob sie den Kopf, und über die Lichtung hinweg traf sie Stelles weises Lächeln.
Über Elisabeth Waters und ›Kind des Herzens‹
Nachdem ich sowohl ›Eine Mutter auf der Suche‹ von Diana Paxson als auch diese Geschichte angenommen hatte, wurde ich mir erst klar darüber, dass sie beide das gleiche Thema behandeln … eine Amazone hat auf ihr Kind verzichtet und muss sich mit dieser schmerzlichen Wahl abfinden. In Elisabeths Erzählung kommt Jamilla zu einem anderen Schluss als Dianas Heldin Caitrin, aber, wie ich meine, ist es eine ebenso gültige Lösung.
An dem Konzept der Freien Amazonen ist stark kritisiert worden, dass eine Frau mit einem Sohn, der älter als fünf ist, nicht im Gildenhaus wohnen darf. Ich kenne die Argumente beider Seiten; zu der Zeit, als ich diese Einschränkung traf (sie wird ausführlich in Thendara House behandelt), stand ich mit feministischen Kommunen in Verbindung, die auseinander brachen, weil einige der Mitglieder es nichtzulassen wollten, dass diese ›Baby-Männer‹ (nein, das ist nicht von mir erfunden) in ›Frauenraum‹ eindrangen. Niemand hat je behauptet, alle Amazonen (oder alle Feministinnen) seien perfekt oder auch nur rational. Zeigen Sie mir eine Gesellschaft, die es ist! Elisabeth Waters lebt mit zwei anderen Frauen, einem großen Jungen, einem Hund und zwei Katzen in meinem Haus in Berkeley. Wir nennen es manchmal ein Gildenhaus, manchmal ein ›Heidenkloster‹.
Lisa arbeitet als meine Teilzeit-Sekretärin und -Buchhalterin und hat sich auch schon als Schriftstellerin bewährt. Zum ersten Mal er schien sie in der Anthologie Der Preis des Bewahrers, zu der sie die Titelgeschichte schrieb. Sie hat auch eine Geschichte an die Andre Norton/Robert Adams-Anthologie verkauft, von uns als ihrem ersten Verkauf ›außerhalb der Familie‹ bejubelt, und arbeitet (nicht sehr eifrig) an einem Roman. Außerdem ist sie in Teilzeitarbeit für eine Computerfirma tätig und hat mir geholfen, ein sehr benutzerfreundliches Textverarbeitungsprogramm auszuwählen, das man es nur als schnuckelig bezeichnen kann.
MZB
Kind des Herzens
von Elisabeth Waters
Jamilla n’ha Gabriella lag in ihrem Bett und fühlte sich kaum noch lebendig. Sie hatte nicht die Energie aufzustehen; sie glaubte, sich nie wieder bewegen zu können. Sie wusste, dass es nach Sonnenaufgang war und dass sie das Bett hätte verlassen sollen, als sie vor einer Stunde erwacht war, aber ihr Körper weigerte sich einfach, zu gehorchen.
Keitha hatte ihr erklärt, das sei ein völlig normales Gefühl. Man nannte es Depression, und der Grund lag
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