Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
Geräten führen, die um sein Bett herum stehen.
„Das ist eine Intensivstation!“
denkt er. „Sieht es so schlecht um mich aus? “
Die Schwester verbindet den
Infusionsschlauch mit dem an seinem Handrücken bereits angebrachten Venenkatheter
und reguliert mit einer kurzen Handbewegung die Tropfgeschwindigkeit. Wenig
später spürt er, wie er sich entspannt und sein Körper etwas empfindungsloser
wird. Das Licht wird herunter gedimmt. Nun ist es dämmrig im Zimmer. Die
Schwester blickt ihn noch einmal freundlich an. Dann verschwindet sie durch die
Tür in den Raum hinter der Glasscheibe. Dort setzt sie sich zum Computer und tippt
etwas in die Tatstatur. Es dürfte Nacht sein. Nun wendet er sich, so gut er
kann, mit dem Kopf nach links: Dort ist eine Tür, durch die sie ihn
wahrscheinlich hereingebracht haben. Hinter ihm ist die Wand und vor ihm die
Glasscheibe mit dem Schwesternzimmer. Er wendet sich nach rechts: Ein zweites
Bett. Darin ein Mann unbestimmten Alters. Er sieht sehr hergenommen aus. Auch
er ist mit Schläuchen und Drähten verbunden und umringt von medizinischen
Apparaten. Der Mann schläft.
34
Über ein Geflecht aus Waldwegen
und Forststraßen preschen sie weiter in die Dunkelheit hinein. Alois muss
lachen. Natürlich haben sie alle wichtigen Straßen besetzt. Niemals könnte er
jetzt durch Dirnitz fahren oder über die Bundesstraße flüchten. Doch das hat er
auch gar nicht vor. Er kennt die Gegend hier in und auswendig. Plötzlich biegt
er ein in einen Bachlauf und rumpelt so weiter.
„Das nennt man
Spuren-Verwischen!“, schreit Alois lachend zu Miriam.
Viele Minuten lang muss Miriam
sich konzentrieren, dass sie sich nicht übergibt. Die Erschütterungen des über
die Bachsteine humpelnden Geländewagens sind schier unmenschlich! Dann endlich
weichen sie vom Bachbett ab und kommen wieder auf festeren Grund. Abrupt hält
er an. Dann löst er Miriams Handschelle von der Wagentür und lässt sie auf
ihrem freien Handgelenk wieder einrasten.
„Aussteigen!“
Miriam tritt ins Freie. Es ist
eisig kalt hier. Allmählich scheint es zu dämmern, denn sie kann erkennen, dass
sie auf einer kleinen Lichtung steht. Rundherum Wald. Mehrere Futterkrippen
kann sie sehen. Dieser Platz ist eine Äse - ein Wildfütterungsplatz!
Alois stößt sie nach vorn.
Jetzt erkennt Miriam die in eine Böschung eingelassene Holztür. Er holt einen
ziemlich großen Schlüssel aus seiner Jackentasche und sperrt die Tür auf. Sie
treten in einen feuchten, eiskalten Erdkeller. Der Karner entzündet mehrere
Petroleumlampen. Jetzt kann die Hagazussa sehen, was sie erwartet!
„Nicht schlecht, was?“, lächelt
Alois. „Das war früher ein Rübenkeller für die Äse dort draußen. Mein Bruder
Johann hat hier vor Jahren das Wild gefüttert, bis sich kein Jagdpächter für
diesen Wald mehr gefunden hat. Seither ist es mein geheimer Hobbyraum!“
Miriam ist nahe am
Zusammenbrechen. Was sie hier sieht, ist das Grauenvollste, was sie jemals zu
Gesicht bekommen hat! In die Steinwände des Kellers sind an verschiedenen
Stellen Eisenringe eingeschlagen worden. Von der Decke tropft Wasser, und in
der Mitte der Decke hängt ein Flaschenzug. Ansonsten stehen hier nur ein paar
Sesseln, eine alte Hobelbank und eine große Holzkiste mit Werkzeug.
„Ich weiß nicht, wo dein Leben
angefangen hat, kleine Hexe, aber hier wird es enden, das kann ich dir schon
jetzt versprechen.“
Er stößt Miriam an die Wand und
befestigt ihre Arme mit den Handschellen an einem der Eisenringe. Dabei blickt
er an ihr vorbei und hin zum Flaschenzug, der von der Decke hängt. Er lächelt
vielsagend und schaut sie kurz an.
„Hier werde ich dir den Prozess
machen. Eigentlich hatte ich vor, ihn gemeinsam mit unseren Dirnitzern
abzuhalten, aber wie du siehst, haben die Meisten nicht die Courage, auch zu
ihrer Meinung zu stehen. Also muss ich es alleine erledigen. Und dieser
Flaschenzug wird dabei noch eine wichtige Rolle spielen!“
Miriam ist wieder in Trance.
Nur so kann sie die Angst aushalten, die sie allmählich zu überrollen droht.
Wortlos lässt sie alles über sich ergehen, wortlos nimmt sie seine zynischen
Ankündigungen hin.
Alois geht zur Hobelbank,
schleift sie in die Mitte des Kellers. Dann holt er einen Sessel, den er hinter
die Hobelbank stellt. Auf der Bank platziert er zwei Kerzen, eine Bibel, ein
paar Blatt Papier und einen Füllhalter.
„Das ist der Richtertisch“,
sagt er ruhig. „Hier werde ich das Urteil über dich
Weitere Kostenlose Bücher