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Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frequenz: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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ihr nicht gesehen werden und duckte sich unter den Fenstersims, wo er flach atmend ausharrte. Die alte Frau zündete ein Streichholz an und hielt die Flamme mit zittrigen Händen an eine lange, dünne Pfeife. Ihr hageres Gesicht war von einem Netz aus Falten überzogen, ihre Haare waren weiß und flaumig. Um die fleischlosen Schultern trug sie einen roten Umhang.
    Sie sieht aus wie Tante Martha, dachte Wilson.
    Kleine Rauchwolken zogen hinaus in die Gasse, ein angenehmer Geruch, und Wilson fand, er habe eine bessere Chance, nicht entdeckt zu werden, wenn er an seinem Platz blieb, als wenn er versuchte, sich davonzustehlen.
    Als die alte Frau zu Ende geraucht hatte, klopfte sie die Pfeife an den Gitterstäben aus, und die Glut fiel neben Wilson auf den Boden. Als sie die Vorhänge zuziehen wollte, bemerkte sie ihn.
    Wilson legte stumm den Zeigefinger an die Lippen.
    »Pssst«, machte er leise.
    Zur Antwort glitt der Lauf einer Schrotflinte durch die Gitterstäbe!
    Wilson sprang auf und rannte im Zickzack davon, um der Alten kein Ziel zu bieten.
    Die Waffe donnerte, und eine hellrote Flamme schoss auf ihn zu.
    Wilson warf sich auf den Boden. Das Schrot sprengte Löcher in die gegenüberliegende Hauswand, und der Putz spritzte über die Pflastersteine.
    Nachdem der Rückstoß die Alte ins Zimmer gezwungen hatte, stieß sie den Lauf ein zweites Mal zwischen die Gitterstäbe. Wilson ergriff die Gelegenheit und machte einen Satz auf sie zu, anstatt weg, wand ihr das Gewehr aus den Händen und warf es zu Boden.
    Dann hob er den Zeigefinger an die Lippen. »Ich sagte pssst … !«
    Einen Moment lang starrten sie sich stumm an.
    Ich konnte Tante Martha nie besonders leiden, dachte Wilson.
    Plötzlich stieß die Alte einen Schrei aus, der das Blut in den Adern gerinnen ließ – laut und schrill wie der letzte Anflug eines Kamikaze-Piloten. Er war furchterregender als der Schuss aus der Schrotflinte.
    In den umliegenden Häusern gingen die Lichter an.
    Fenster wurden aufgerissen.
    Wilson sprintete zum Ende der Gasse, bog nach rechts ab und stand endlich vor dem Pizza-Hut-Restaurant. Die Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert, dahinter war alles dunkel.
    In der Nachbarstraße schrie Kairo-Martha sich die Lunge aus dem Hals.
    Wilson überquerte die Straße und rannte direkt in die Sanddünen. Die Stadt hatte sich bis an den Rand des Gizeh-Plateaus ausgebreitet und nur wenige Meter vor den alten Gräberstätten Halt gemacht. Der Anblick zweier gigantischer Pyramiden traf ihn unvorbereitet; sie waren näher, als er geglaubt hatte, und zeichneten sich gegen den Nachthimmel ab. Dass so nah dabei ein Pizza-Hut-Restaurant stand, rief seinen Zynismus wach. Er konnte sich kaum vorstellen, dass die alten Pharaonen das gebilligt hätten.
    Die Cheops-Pyramide war die größte und stand am nächsten, dahinter die Chephren-Pyramide, das zweite Portal. Sie war an der scharfen Spitze leicht zu erkennen, da das obere Drittel noch die ursprüngliche Kalksteinverkleidung aufwies.
    Die dritte große Pyramide, die des Mykerinos, war von dieser Stelle aus nicht zu sehen. Wahrscheinlich war sie von den beiden anderen verdeckt, da sie viel kleiner war. Ein diesiges Licht strahlte von der Stadt in den Nachthimmel auf, der Mond war nicht zu sehen. Der einzige Stern war der deutlich sichtbare Polaris im Sternbild des kleinen Wagens.
    Wilson rutschte eine steile Sanddüne hinunter in die Dunkelheit. Der Sand knirschte unter seinen Füßen, als er auf allen vieren die nächste hinaufstieg und schließlich in die finstere Ruinenstätte hinunterschaute.
    »Aktiviere Opossum«, flüsterte er.
    Mein Gott …
    Die Dunkelheit gab den Anblick der kolossalen Pyramiden in ihrer ganzen Schönheit preis. Sie waren riesig, hoch wie Berge, viel größer als erwartet. Diese Kolosse hatten viereinhalbtausend Jahre lang den Elementen widerstanden. Wilson erinnerte sich an das arabische Sprichwort, das Barton erwähnt hatte: Der Mensch fürchtet die Zeit, die Zeit fürchtet die Pyramiden.
    Am Fuß der beiden großen war der flache Wüstenboden von Steingräbern übersät. Es waren Hunderte. Ein alter Friedhof. Die Mastabas, flache Grabbauten von zwei Metern Höhe, waren in senkrechten Reihen angeordnet. Darin waren die Adligen der vierten und fünften Dynastie bestattet.
    Drei kleinere Pyramiden, in denen Cheops’ Lieblingsfrauen lagen, flankierten die Westseite der Mastabas. Sie waren fünfundzwanzig Meter hoch, wirkten aber im Vergleich zu den großen wie

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