Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Spur – das war ihm klar – wie eine springende Plattennadel, die ständig dieselbe Liedzeile abspielt. Eigentlich wusste er, wenn er ganz ehrlich war, dass etwas fehlte, etwas Entscheidendes; er wusste nur nicht, was es war, oder vielleicht auch: wer.
Stunden später ging Wilson nach Hause. Er wohnte in der Nähe des Campus in einem ehemaligen Bürohaus, das in ein Studentenwohnheim umgewandelt worden war. Alles war so vertraut, dass er nicht einmal zum Aufzug schaute, an dem ein Schild hing: »Außer Betrieb«. Solange er dort wohnte, hatte das Ding nicht funktioniert.
Wilson strebte auf die Treppe zu und stieg die vierzehn Stockwerke zu Fuß hinauf. Als er seine Tür aufschloss, saß Professor Author da und rauchte eine Zigarette.
»Oh, wunderbar …« Wilson gab sich Mühe, nicht überrascht zu erscheinen. »Wie sind Sie hereingekommen?« Er prüfte das Schloss, aber es schien in Ordnung zu sein. »Ich verstehe … ein kleiner Teil meines Egos ist noch intakt, darum ist Ihre Arbeit noch nicht erledigt.«
Der Professor schwang mit dem Drehstuhl herum. »Das ist eine großartige Aussicht.«
Wilson blickte über die Skyline von Sydney, die in der Ferne leuchtete. »Ja, es lohnt sich immer wieder, sich diese verdammten Treppen hochzuschleppen.«
»So weit würde ich nicht gehen«, meinte der Professor, »aber es hält Sie fit, nehme ich an.«
Das geräumige Einzimmerapartment war sparsam möbliert. Es gab ein Sofa, einen Flachbildfernseher und einen Kühlschrank voller Bier. Auf dem Boden stapelten sich Pizzakartons und Magazine. Auf einem Bücherregal standen drei Bilderrahmen, ein Foto von Wilsons Pflegeeltern, Jean und Ian Stradbroke, vor Uluru. Ein zweites von seinem Großvater – seinem leiblichen Großvater, William Dowling, aufgenommen kurz vor seinem Tod. Wilson hing sehr an diesem Foto. Der dritte Rahmen war leer. Das Foto von Jenny Jones hatte er zerrissen und in den Mülleimer geworfen.
Der Professor schnippte die Asche der halb gerauchten Zigarette auf eine Untertasse. »Das ist eine Bruchbude hier.« Er redete gar nicht mehr wie ein Betrunkener. »Danken Sie dem Himmel für die Aussicht.« Er zog an der Kippe.
»Sie machen mir andauernd Komplimente heute Abend.«
»Ich bin hergekommen, um mich zu entschuldigen.«
»Gut. Entschuldigung angenommen. Und jetzt verschwinden Sie.« Wilson zeigte auf die Tür, aber der Professor rührte keinen Muskel.
»Im Ernst – es tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich bin zu weit gegangen.«
»Sie haben gesagt, ich bin langweilig!«
»Ja. Tut mir leid.«
»Langweilig!«
»Es tut mir leid!«
Wilson schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, was mich sauer macht?« Er hielt inne und überlegte, wie ehrlich er sein sollte. »Dass Sie vielleicht recht haben könnten. Das ist wirklich ärgerlich.«
»So spielt das Leben.« Der Professor lächelte. »Es bringt mich zum Lachen.«
»Mich bringt es zum Weinen.« Wilson nahm zwei Bier aus dem Kühlschrank, eins für jeden.
»Meine Omega-Programmierung«, sagte der Professor ruhig, »Sie müssen Sie für mich testen.« Rauch schwebte von seinen Lippen. »Ich schwöre Ihnen, die Universität hat den Verdacht, dass ich mit meiner Forschung fast am Ziel bin. Sie wollen sie mir wegnehmen. Die gemeinen Hunde.«
»Wissen Sie«, Wilson ließ ein Lächeln aufblitzen, »Sie sind viel fesselnder, wenn Sie nüchtern sind.«
Der Professor brauchte dreißig Minuten und sechs Zigaretten, um Wilson zu erklären, wie das Verfahren funktionierte. Die Programmierung war nichtinvasiv, also ohne Operation; die Gottesschatulle wurde aktiviert, indem mit hochfrequentem Ultraschall auf die Stirnlappen des Gehirns gezielt wurde. Wilson erfuhr von einem Marinesoldaten am Radargerät, der wegen einer Fehlfunktion seiner Anlage auf See kodierten Ultraschallwellen ausgesetzt wurde. Als er nach drei Monaten zurückkehrte, hatte sein IQ sich enorm erhöht. Die Marine hatte eine vorläufige Untersuchung durchgeführt, die allgemein bekannt war, doch als Folge hatte die Weltgesundheitsorganisation sämtliche Gehirnuntersuchungen verboten.
Der Professor setzte die Forschungen dort fort, wo die Marine aufgehört hatte. Er hatte die Apparaturen, die finanziellen Mittel, das Können und – was noch wichtiger war – die Anonymität, um zu tun, was er wollte. So hatte er sich in den letzten zwei Jahren mit der Frage beschäftigt, wie die Ultraschallwellen zu programmieren waren, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
Wilson traute der
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