Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Lawrence leise. »Sind Sie sicher?« Er drehte sich mit zweifelnder Miene zu seiner Tochter um und sah ihr an, dass sie genauso perplex war. »Könnte es sein, dass er nicht gemeldet wurde?« Er schwieg. »Gut. Klar. Danke, John. Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas hören.«
»Die Bremsspuren sind da!«, platzte Helena heraus. »Die Glasscherben liegen da! Das kannst du selbst überprüfen. Lass uns hinfahren, ich kann sie dir zeigen! Der Unfall ist passiert! Ich weiß es genau!«
»Helena«, sagte Lawrence ruhig. »Die Bremsspuren können schon seit Wochen da sein. Wie könnte das etwas beweisen?«
»Weil ich es gesehen habe«, beharrte Helena und zitterte am ganzen Körper. »Bitte, lass uns hinfahren. Sofort.«
»Das ist verrückt, Helena. Das hat doch keinen Sinn. Ich möchte, dass du dich beruhigst …«
Ehe er weiterreden konnte, war sie ins Schlafzimmer verschwunden und hatte die Tür zugeknallt. Nachdem er seinen Scotch in einem Zug hinuntergekippt hatte, wählte er eine andere Nummer.
»Hier Lawrence Capriarty. Piepsen Sie Dr. Bennetswood an und richten Sie ihm aus, er soll mich schnellstmöglich auf meinem Mobiltelefon anrufen.« Er drehte sich zu Julia um. »Hast du mit ihm darüber gesprochen, was heute vorgefallen ist?«
»Sie wollte nicht, dass ich den Arzt anrufe«, antwortete Julia.
»Helena muss mit jemandem sprechen«, sagte er. »Dr. Bennetswood ist dafür der Beste.«
Julia schenkte ihnen beiden Scotch nach.
»Julia, warum passiert das?«, fragte Lawrence. »Ich meine es ernst: Was hältst du davon? Sind ihre Visionen real?«
»Sie vermisst ihre Mutter sehr«, sagte Julia mitfühlend.
Das war nicht die Antwort, die Lawrence hören wollte. Er ging zum Fenster und spürte die Hitze des Feuers an seinen Beinen. In der Ferne leuchteten die Lichter von Houston. Lawrence hatte seine Frau bei einer schrecklichen Tragödie verloren, was er selbst zu vergessen versuchte – und nun schien es, als sollte er auch Helena verlieren. Das war das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte. Ihre Selbstzerstörung mit anzusehen zerriss ihm das Herz. Sie war alles, was er noch hatte, alles, was er liebte. Er würde alles tun, um sie zu schützen. Er würde dafür töten, wenn es sein musste. Sein Geld und die Macht, die er während seines Lebens angehäuft hatte, schienen hier gar nichts bewirken zu können. Er war hilflos – eine Situation, die ihm nicht gefiel.
9.
Houston, Texas
HPD -Zentrale
25. November 2012
Ortszeit: 21.26 Uhr
Unternehmen Jesaja – erster Tag
Commander Visblat näherte sich dem Besprechungsraum. Ruhig bleiben, ermahnte er sich. Er trug einen dicken Stapel Unterlagen hinter seinem Rücken versteckt. Sein Anzug war verknittert, seine Krawatte gelockert und schief. Es war ein langer, frustrierender Tag gewesen.
Als er in der Tür erschien, verstummte das Gemurmel augenblicklich.
Da standen mehr als sechzig erfahrene Polizisten aus jedem Dezernat der Houstoner Polizei. Es gab keine Sitzplätze. Manche waren in Uniform, andere in Zivil. Visblat schritt rasch nach vorn und stellte sich hinter den Schreibtisch des Diensthabenden. Seine massige Gestalt ragte fast bis an die Decke – die flimmernde Deckenbeleuchtung betonte seine Haarfarbe und seinen düsteren Gesichtsausdruck.
Einen Moment lang stand er nur da und schaute. Dann stemmte er seinen langen Fuß gegen die Kante des Schreibtisches und trat dagegen, dass das Möbelstück polternd umkippte. Niemand zuckte auch nur zusammen, als Stifte und Papiere in die Versammelten flogen.
»Ich habe nicht mehr verlangt, als einen Mann zu fassen!« Er schritt vor den Kollegen auf und ab. »Wir haben heute Morgen unsere Chance gehabt, aber wir haben sie vertan.« Seine zornige Stimme dröhnte bis in den hintersten Winkel. »Wissen Sie, was ich denke? Ich werde es Ihnen verraten. Es ist mir egal, wie lange wir darauf gewartet haben, dass diese lächerliche Situation eintritt. Sie ist endlich eingetreten – und genau, wie ich es vorausgesagt habe.«
Alle Blicke waren auf Visblat gerichtet, aber niemand sah ihm in die Augen. Er hatte eine Art, die selbst altgediente Polizisten verlegen machte. Da war niemand in der Einsatzgruppe, einschließlich des Bürgermeisters, der nicht vor ihm auf der Hut war. Meist wirkte Visblat vernünftig, doch während der letzten paar Monate war sein Verhalten immer extremer geworden, als stünde er kurz vor dem Durchdrehen.
»Jeder nimmt sich eine Kopie«, sagte er streng und hielt einem Polizisten in der
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