Die Frequenzen
Verkleidungen, da Lydia genau wusste, wo ich war – vor Aufregung biss ich Martina in eine ihrer Brustwarzen und sie verschluckte sich vor Schreck. Hustend und kichernd lehnte sie sich nach vor, und ich klopfte ihr auf den delfinglatten Rücken. Als sie sich wieder gefangen hatte, war ihr Gesicht rot und sie schnaufte. Wir legten uns auf die kleine Schlafstelle, die höchstens für eine Person gebaut worden war.
Während Martina sich nackt über mir in eine stabile Sitzposition brachte und mit leicht kreisenden Hüftbewegungen meinen Penis in sich aufnahm, fragte ich sie nach ihrem zweiten Vornamen. Zuerst reagierte sie gar nicht, schwebte einfach weiter über mir, ein schillerndes Fabelwesen, doch dann, als ich mit einem letzten, befreienden Schmatzgeräusch ganz in ihr verschwand, während unsere Schamhaare verschwörerisch knisterten und sie nicht mehr balancieren musste, sondern ihr Gewicht endlich normal verteilen konnte, sagte sie, dass das eine lange, sehr langweilige Geschichte sei.
– Eine Großmutter von … von mir hat so geheißen und – und! – und meine Mutter hat gedacht – au! Was ist?
– Entschuldige. Ich bin nur –
– Ja, hab ich gemerkt.
Sie ritt mich eine Weile stumm weiter. Dann hob sie ihr Becken, mein Penis glitt aus ihr und fiel mir auf den Bauch. Trotz der fast schon absurden Enge in der Schlafnische schafften wir es irgendwie, unsere Positionen zuwechseln. Wir brauchten dafür recht lange, mehrere Male stieß ich mit den nackten Füßen gegen das hölzerne Ende des Bettes. Als Martina dann endlich vor mir lag, immer noch schnaufend und mit leicht gerötetem Gesicht, aus dem mir zwei große Augen gelassen entgegenstarrten, schaffte ich es nicht einmal mehr, sie zu penetrieren. Mein gummiartiges Glied knickte auf empörende Weise zusammen, ein schwacher wurstförmiger Ballon, so wie er von unappetitlichen Clowns auf der Straße verwendet wird, um daraus kleine Pferde oder Karussells zu knoten. Ich zog mich mit einer Entschuldigung zurück.
Martina setzte sich auf. Mit einer Hand versuchte sie, mir wieder zu etwas Härte zu verhelfen, aber vergeblich. Ihr Mund kam näher und küsste die glänzende Eichel, die bläulich rot war wie die Lippen eines Ertrunkenen. Sie fütterte den ungehorsamen Körperteil mit ermutigenden Zaubersprüchen.
– Es ist nur … der Gestank, sagte ich.
– Ja, ich weiß, sagte sie.
Ihre Hand ließ los. Sie wischte sich den Mund an ihrem nackten Oberarm ab.
– Tut mir leid.
– Ach, ist nicht so schlimm. Tut das eigentlich weh?
– Was?
Ihre Finger fuhren meine Eichel entlang.
– Nein.
Es war wohl nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Martina rollte sich auf die Seite. An der Stelle, wo ihr Hintern gelegen hatte, befand sich ein Rorschach-Fleck aus Schweiß. Ich starrte darauf, bis er keinen Sinn mehr ergab, dann suchte ich meine Kleider zusammen und verabschiedete mich.
Auf dem Heimweg rief ich zuhause an, aber Lydia hobnicht ab. Bestimmt erwartete sie mich in der Badewanne. Ich lief über ein paar rote Ampeln, die in der Eiseskälte langsamer schalteten als sonst. Es war fünf Uhr und, da es Winter war, praktisch noch tiefe Nacht, nicht die Spur von Dämmerung war zu sehen. Aber um sechs Uhr hätte ich sowieso gehen müssen, sagte ich mir, damit Max mich nicht entdeckte. Er kam immer ein wenig zu spät, um nicht mit Martina die lästige Morgenarbeit verrichten zu müssen. Wozu ausgerechnet alte Menschen den Tag so früh beginnen müssen, habe ich nie verstanden. Frühstück, Zeitung vorlesen, die Windeln wechseln, die über Nacht die Farbe gewechselt haben. Manchen Bewohnern musste man Leitungen legen und erntete für seine Bemühungen, die völlig versickerten Venen zu treffen, nur wüste Beschimpfungen. Aber wenn man es schaffte, lagen sie friedlich da und ließen sich ihre Akkus von einer farblosen Flüssigkeit, die in einem kleinen Beutel über ihnen schwebte, aufladen, und der Morgen brach hinter ihnen durch die Zeltwände und färbte ihre alte Haut rosa.
Ich kam an einem Handschuh vorbei, der auf die prächtige, schnörkelige Spitze eines alten Gartengitters gesteckt worden war. Ich pflückte ihn herunter und legte ihn in den Schnee.
Zuhause empfing mich eine dunkle Wohnung. Durch die Balkontüren fiel das spärliche Laternenlicht von der Straße. Das große Klavier, ein alter Flügel der Marke Kawai, warf einen Schatten in Form eines buckligen Elefanten.
Lydias Zimmer war leer. Ich machte Licht und überflog die Dinge, die auf
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