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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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befaßte sich am Ende wirklich mit den Wellenbrechern, wobei er auch seiner Cousine nachgab, der es lieber war, in ihrer Nähe eine Beschäftigung für ihn zu finden. Doch er machte sich ohne Begeisterung wieder an die Arbeit, allein sein Groll gegen das Meer hielt ihn dabei, denn er behauptete, sicher zu sein, daß er es bezwingen werde: Es werde schon noch wie ein gehorsames Tier die Uferkiesel von Bonneville lecken.
    Noch einmal zeichnete Lazare Entwürfe. Er hatte neue Neigungswinkel berechnet, und er verdoppelte die Rammpfähle. Trotzdem sollten die Ausgaben nicht sehr hoch sein, man würde den größten Teil des alten Holzes verwenden. Der Zimmermann legte einen Kostenanschlag vor, der sich auf viertausend Francs belief. Und angesichts der Geringfügigkeit dieser Summe willigte Lazare ein, daß Pauline das Geld vorschoß, überzeugt, wie er sagte, daß er dem Generalrat die Unterstützung ohne Mühe entreißen werde; das wäre sogar die einzige Möglichkeit, die ersten Auslagen wieder hereinzubekommen, denn der Rat würde gewiß nicht einen Sou bewilligen, solange die Wellenbrecher in Trümmern lagen. Dieser Gesichtspunkt der Frage erwärmte ihn ein wenig, die Arbeiten wurden zügig vorangeführt. Im übrigen war er sehr beschäftigt, er begab sich jede Woche nach Caen, um beim Präfekten und bei den einflußreichen Räten vorzusprechen. Man vollendete gerade die Befestigungen, als er endlich erreichte, daß ein Ingenieur beauftragt wurde, einen Bericht zu machen, auf Grund dessen dann der Rat die Unterstützung bewilligen würde. Der Ingenieur blieb einen ganzen Tag in Bonneville, ein reizender Mann, der nach seinem Spaziergang am Strand gern bei den Chanteaus zu Mittag aß; sie vermieden es aus Zurückhaltung, ihn nach seiner Meinung zu fragen, da sie ihn nicht beeinflussen wollten; doch bei Tisch zeigte er sich Pauline gegenüber so galant, daß sie von da an selber an den Erfolg der Sache glaubte. So war das Haus vierzehn Tage später, als Lazare von einer Reise nach Caen zurückkehrte, betroffen und bestürzt über die Nachrichten, die er mitbrachte. Er erstickte vor Wut: Hatte doch dieser eitle Geck von Ingenieur einen abscheulichen Bericht erstattet! Oh, er war höflich geblieben, aber er hatte mit einer außerordentlichen Fülle von technischen Ausdrücken jedes Stück Holz verspottet. Im übrigen hätte man darauf gefaßt sein müssen, diese Herren ließen es nicht zu, daß man auch nur einen Kaninchenstall ohne ihre Genehmigung baute. Und das schlimmste war, daß der Generalrat nach der Lektüre des Berichts den Antrag auf Unterstützung zurückgewiesen hatte.
    Das war für den jungen Mann eine neue Krise der Entmutigung. Die Wellenbrecher waren fertig, er schwor Stein und Bein, daß sie den stärksten Fluten standhalten würden, und alle vereinigten Straßenbauämter würden vor eifersüchtiger Wut darüber platzen; aber davon würde das Geld auch nicht wieder in die Hände seiner Cousine gelangen, es betrübte ihn bitter, sie in diese Niederlage mit hineingezogen zu haben. Sie jedoch, die ihren Hang zur Sparsamkeit besiegt hatte, nahm die volle Verantwortung auf sich, erinnerte daran, daß sie ihn genötigt hatte, ihre Vorschüsse anzunehmen; das sei ein barmherziges Werk, sie bereue nichts, sie hätte noch mehr gegeben, um das unglückliche Dorf zu retten. Als indessen der Zimmermann seine Rechnung schickte, konnte sie eine Gebärde schmerzlicher Überraschung nicht unterdrücken: Die viertausend Francs des Kostenanschlags waren auf fast achttausend angestiegen. Im ganzen hatte sie mehr als zwanzigtausend Francs in diese paar Balken gesteckt, die der erste Sturm davontragen konnte.
    Zu diesem Zeitpunkt war Paulines Vermögen auf ungefähr vierzigtausend Francs zusammengeschmolzen. Das waren zweitausend Francs Jahreszinsen, gerade so viel, wie sie zum Leben brauchte, wenn sie eines Tages allein auf der Straße stand. Das Geld war nach und nach draufgegangen in diesem Hause, wo sie weiterhin mit offenen Händen zahlte. Daher wachte sie von nun an über die Ausgaben mit der Strenge einer klugen Hausfrau. Die Chanteaus hatten nicht einmal mehr ihre dreihundert Francs im Monat; denn beim Tod der Mutter hatte man den Verkauf einer gewissen Anzahl von Wertpapieren bemerkt, ohne herausfinden zu können, wo die erhaltenen Summen geblieben waren. Tat sie ihre eigenen Jahreszinsen zu denen der Chanteaus hinzu, so verfügte sie kaum über vierhundert Francs, und das Haus war kostspielig, sie mußte wahre

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