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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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und begann den Text zu sprechen. »Alle werden sie mit dem Strick um den Hals geboren, doch erst wenn sie in der jähen, flinken Todesschlinge stecken, sind sich die Sterblichen der stillen, tückischen, allgegenwärtigen Gefahren des Lebens bewußt.«
    »Jetzt geben Sie aber an.«
    »Das stimmt«, sagte Mr. Stern leise lachend. »Das ist mein Privileg.«
    Dann lauschten wir den Geräuschen seiner Krankheit – dem Gurgeln in seinen Eingeweiden, dem leisen Pfeifen seines angestrengten Atems –, sie ergänzten die Geräusche, die Mr. Sterns häusliches Leben seit fast vierzig Jahren begleiteten: das Knacken, wenn die Schwerkraft das alte Reihenhaus sich neigen ließ, die Schritte seiner Frau, der Wasserhahn in der Küche, die Schritte seines Sohnes, der durch den Flur geht. Mr. Stern seufzte wehmütig vor Behagen. Nicht die nicht bereisten Karibikinseln werden uns fehlen, nicht die vollbusige Blondine, mit der wir nicht zusammen unter der Dusche stehen werden, nicht die Million Dollar, die wir auf den Shoppingtouren unseres Lebens nicht ausgeben werden. Nein, fehlen werden uns – und vielleicht wussten das alle anderen schon, aber für mich war es, als ich auf dieser Couch saß, wie eine Offenbarung – die schwieligen Hände unserer Frau. Die stumpf gewordene Keramik oben im Bad. Die Couch, auf der wir bis in den späten Abend fünfhundert Bücher gelesen haben, der Perchloräthylengestank, der unseren Hosen anhaftet, die Wohligkeit, mit der unsere Schultern in diese guten weichen Kissen einsinken.
    Mr. Stern drehte den Kopf wieder in meine Richtung, und gut möglich, dass sein Gesicht etwas mehr Farbe hatte. »Wenn ich nicht mehr da bin, werdet ihr, du und Joe, aufeinander aufpassen, ja?«
    »Aber natürlich, Mr. Stern«, sagte ich und klang mehr, als mir lieb war, wie ein verlegener Teenager.
    »Ihr passt auf euch auf«, sagte er. »Wie ihr es immer getan habt.«
    »Machen wir.«
    »Es ist schön, Freunde zu haben, Peter«, sagte Mr. Stern. Er schloss die Augen. »Ihr Jungs habt großes Glück.«
    »Ich weiß«, sagte ich, und das stimmte.
    Dann kam Mrs. Stern herein und gab ihm ein paar Tabletten. Nicht lange, und er war auf der Couch eingeschlafen und lag den ganzen Nachmittag dort still, als wäre es Nacht, während Joe und ich in der Küche College-Football schauten und Mrs. Stern aufräumte. Am späten Nachmittag tauchte Susie mit ihren Töchtern auf, und nachdem wir die Kinder eine halbe Stunde lang gekitzelt hatten, verabschiedeten sich Joe und ich. Niels wachte kurz auf, lächelte mir zu, versuchte mir die Hand zu schütteln. Auf den Tag zehn Wochen später war er tot. In der vierten Schiwa-Nacht setzten bei Iris die Wehen ein, und wie seine Schwester verbrachte auch ihr Sohn seine erste Lebenswoche in dem kleinen Reihenhaus seiner Großeltern in Philadelphia. Er wurde, wie Mrs. Stern es gesagt hatte, nach seinem Großvater genannt.
     
    Alles das durch eine Zigarette, die in Lauras Hand brannte, durch den Blickwinkel auf ihr Kinn, ihre geschürzten Lippen. Elaine riss mich aus meinen Gedanken. »Keine Bange, du brauchst ja nicht rauszugehen«, sagte sie. Sie war leise hinter mich getreten, während ich zum Fenster hinaussah. Mücken summten und surrten um die Lampen neben der Wohnungstür,Lauras Zigarettenrauch hielt sie allerdings davon ab zu stechen. »Ich lade die beiden zum Essen ein. Du kannst den Tisch decken.«
    »Ich hab schon die Turnschuhe an«, sagte ich. »Ich geh lieber mal raus.«
    »In Turnschuhen kannst du keinen Tisch decken? Komm«, sagte sie, »lass es gut sein.«
    Aber ich wollte mich nicht abhalten lassen, wollte mich nicht drücken. Ich joggte vors Haus, wich übertrieben agil den Mücken aus und lächelte das Pärchen an.
    »Und, wollt ihr noch ein Spiel? Euch von einem alten Mann einen Tritt in den Hintern geben lassen?«
    »Ich dachte, Sie hätten uns vergessen«, sagte Laura mit lässigem Kopfschütteln. Sie blies den Rauch durch die Nase aus. »Nette Shorts.«
    Ich sah an meinem ausgebeulten, verfärbten Ich herab, ich hatte in dem Moment nicht daran gedacht, was ich anhatte.
    »Eigentlich überlegen wir gerade, ob wir in die Stadt fahren sollen, stimmt’s?«, sagte Alec und sah von mir zu ihr. »Vielleicht läuft ja im Angelika ein Film.«
    Laura schüttelte den Kopf. »Weißt du was, ich glaub, ich sollte nach Hause gehen. Ich möchte Neal nicht kränken, deshalb sollte ich bei dem Essen seiner Freundin besser dabei sein. Könnte meine letzte Chance sein, Punkte bei ihm zu

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