Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
Vom Netzwerk:
füllen. Auf diese Weise konnten sie weiter Krieg gegen ihre europäischen Nachbarn führen. England gegen Spanien, Holländer gegen Engländer, Franzosen gegen Engländer. Haben Sie schon mal überlegt, woher das Material und die Mittel zum Kampf gegen die Armada eigentlich kamen?«
    »Ich glaub nicht«, sagte Joe. Er klang betroffen.
    »Genau«, sagte Amy. Danach verstummten wir alle drei, starrten auf das Kanu. Unweigerlich musste ich daran denken, wie es sich wohl anfühlte, wenn ein solcher Pfeil herunterfiele und mir auf den Kopf knallte. Es würde wahrscheinlich höllisch wehtun.
    »Es wäre heute bestimmt eine passende Analogie für den Irak-Krieg«, sagte Amy nachdenklich. »Das Kanu, meine ich.«
    »Wirklich? Die benutzen Kanus im Irak?«
    Sie schüttelte bedauernd den Kopf über mich: Ich war ein Hinterwäldler aus New Jersey, der Angst hatte, eins auf den Kopf zu kriegen.
    »Haben Sie noch nie von dem irakischen Sumpfgebiet gehört?«, fragte sie. »Einem der Naturschätze des Mittleren Ostens? Ein Naturreservat, in dem Dutzende Fisch- und Vogelarten beheimatet sind, der heilige Ibis, der Afrikanische Schlangenhalsvogel, das Heimatland arabischer Sumpfbewohner. Unter Saddam wurde es im Krieg gegen den Iran trockengelegt, und alle Versuche, die Region wieder zu bewässern, sind wegen des aktuellen Krieges bisher erfolglos geblieben.«
    »Ja, stimmt, klar«, sagte ich, aber Neal entführte Amy, bevor sie uns noch mehr erzählen konnte, und Joe und ich standen da und amüsierten uns darüber, wie sie den Imperialismus abgewatscht hatte. »Das Mädchen hat Haare auf den Zähnen, was?«
    »Und hast du den kurzen Rock gesehen?«
    »Unglaublich.«
    »Aber wirklich.«
    Wir schlenderten weiter zum nächsten Kunstwerk.
    Als wir kurz darauf einen Raum voller Videobildschirme und entweihter amerikanischer Flaggen betraten, fand mein umherirrender Blick Alec und Laura wieder. Gemeinsam schritten sie von Exponat zu Exponat, sprachen aber nicht viel, und ich hätte aus dem respektvollen Abstand, um den ich mich bemühte, nicht zu sagen gewusst, ob ihr Schweigen Verlegenheit oder Vertrautheit war, ob sie sich darin einig waren, dass man vor großen Kunstwerken besser schweigt, oder ob sie bloß nicht wussten, was sie reden sollten. Ab und zu raunte Alec Laura etwas zu, woraufhin sie den Kopf so neigte, wie ich es von ihrem Großvater kannte. Eigentlich schienen sie sich aber nicht auszutauschen und berührten sich auch nicht, was mir vielsagend erschien.
    Nachdem wir ungefähr eine Dreiviertelstunde so getan hatten, als verstünden wir die Installationen im Erdgeschoss(für zwanzig Kröten wollten wir uns kein Exponat entgehen lassen), schlenderten wir über die Treppe nach oben zu den Art-déco-Möbeln und den modernen Designobjekten. Im vorderen Teil des ersten Raums stand auf einem Podest vor den Fenstern zur 53. Straße, die vom Boden bis zur Decke reichten, ein Jaguar E-Type, blitzblank und absolut sinnlos inmitten dieser verquasten Kunst. Es war, als hätte man ein einbalsamiertes Rassepferd vor sich. Die vier Herren unserer Gruppe standen vor dem Wagen und trauerten.
    »Eines Tages«, sagte Neal. »Ganz im Ernst. Eines Tages werde ich genau so ein Auto haben. Was glaubt ihr, was so ein Schätzchen kostet? Eine halbe Mille?«
    Eine halbe Mille?
    »Wozu denn?«, stichelte Alec. »Es gibt doch gar keine Straßen, auf denen man damit fahren kann. Das Auto ist für Schnellstraße und Autobahn gedacht, für sonst nichts. Wenn man nicht 180 damit fahren kann, was soll das dann?«
    »Vielleicht«, sagte ich, »sollte man damit auch besonders langsam fahren, möglichst auf dem Rodeo Drive oder in Monte Carlo, um von allen bewundert zu werden. Wie James Bond.«
    »Das ist doch lächerlich. Wieviel PS hat das Ding?« Alec schien böse zu werden, ich fuhr ihm sachte über den Arm, aber er schüttelte mich ab. Ich vermutete, er kam bei Laura nicht schnell genug voran. »Wenn man so ein Auto hat, sollte man es auch so fahren, wie es sich gehört«, sagte er. »Sonst kann man es genauso gut ins Museum stellen.«
    »Irgendwann kaufe ich mir wirklich so eine Kiste«, murmelte Neal.
    »Nimmst du deinen alten Herrn dann mal mit?«, fragte Joe. »Am liebsten auf eine Spritztour à la James Bond durch Monte Carlo.«
    »Klar«, sagte Neal. Den Jungen aufzuziehen war aussichtslos.Er wollte den Wagen berühren, das war klar. Wollte sich vorbeugen und über die spiegelglatte Oberfläche lecken.
    »Nichts für ungut, Neal, aber so ein Auto

Weitere Kostenlose Bücher