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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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völlig auf einen angewiesen ist und dem man helfen möchte, ohne sicher sein zu können, ob man mit seinen Bemühungen Erfolg haben wird.
    In der Nacht war das Fieber höher und höher gestiegen, und Stunde um Stunde hatte sie es mit kalten feuchten Tüchernbekämpft. Zwischendurch war Sumi gekommen, um ihr zu helfen oder um ihr Tee zu bringen, das Einzige, was Inken zu sich nehmen konnte. Cirk war unruhig gewesen, hatte unverständliche Worte vor sich hin gemurmelt und sich immer wieder von einer auf die andere Seite gewälzt, das Gesicht totenbleich und nass vor Schweiß. Am Morgen war die Temperatur dann endlich gesunken und Cirk in einen tiefen Schlaf gefallen. Erleichtert hatte Inken die Sorge um ihn in Tjaldas Hände gelegt.
    Nein, gestern Nacht war Cirk keine Gefahr für sie gewesen. Doch hier und heute war es besser, ihm nicht zu begegnen. Und morgen würde sie fort sein!
    „Nein, ich werde nicht zu ihm gehen, um irgendwelche Geschichten zu hören“, sagte Inken schließlich betont ruhig und begann, Tjalda ignorierend, ihren Koffer zu packen.
    „Aber du kannst doch jetzt nicht einfach fortgehen, Inken!“ Ein Anflug von Panik lag in Tjaldas Stimme. „ Bitte, nimm dir noch ein paar Tage Zeit und versöhne dich wieder mit Cirk. Ich weiß, wenn du dir einen Ruck gibst, wird es gelingen! Tu es mir zuliebe, bitte!“
    Inken hielt wie erstarrt in ihrem Tun inne, wandte sich dann aber mit blitzenden Augen zu Tjalda um. „Als Cirk so ohne ein Wort verschwand, hat es mir förmlich das Herz zerrissen. Das weißt du! Und dann kam noch dieser verdammte Brief von Lucia. Jetzt kehrt er freudestrahlend nach fast zwei Jahren zurück, und du vergibst ihm ohne ein Wort. Ich kann das nicht! Nach allem, was ich durchgemacht habe, will ich ihm einfach nicht verzeihen!“
    „Ich würde niemals etwas von dir verlangen, was du nicht kannst“, versuchte Tjalda sich zu rechtfertigen. „Aber irgendwie glaube ich einfach immer noch, dass alles nur ein großes Missverständnis ist.“
    „Ach, du.“ Inken stampfte mit dem Fuß auf. „Du würdest diesen Kerl selbst dann noch in Schutz nehmen, wenn er mutwillig deinen besten Freund umbringt.“
    Die Geldhändlerin rang weiter nach Worten.
    „Tjalda, gib dir keine Mühe.“ Inken schien in ihrem Gesicht lesen zu können. „Ich werde auf keinen Fall zu Cirk gehen. Es ist alles vorbereitet. Gleich morgen früh fährt Garrelt mich zurück nach Emden. Und du brauchst nicht zu meinen, dass ich meine Pläne ändern werde, nur weil Cirk die Güte hatte, versehentlich hier vor Borkum auf einem Riff zu stranden, und seine Vergiftung im Hause meines Vaters auskurieren muss. Im Gegenteil. Es ist für uns beide besser, wenn ich so schnell wie möglich gehe. Ich weiß nicht, wozu ich sonst in meiner Wut auf ihn in der Lage wäre. Und auch mein Vater wird wollen, dass er so bald als möglich wieder sein Haus verlässt. Er weiß, wie ich wegen dieses Kerls gelitten habe.“
    Tjalda schüttelte den Kopf. „Inken, es ist einfach so, dass Cirk dich gerne sehen möchte. Um alles in der Welt sogar, und er glaubt …“ Sie räusperte sich, denn es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen. „Nun ja, er glaubt, dass du ihm vor lauter Freude um den Hals fallen wirst, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Das allein zeigt doch schon, dass ihm etwas an dir liegt und es ein Missverständnis zwischen euch geben muss.“
    Inken fuhr herum, und der Zorn ließ ihre Stimme beben. „Er glaubt wirklich, ich würde ihm um den Hals fallen? Was bildet sich dieser Mann eigentlich ein?“ Erneut übermannte sie der Zorn, pochte in ihren Adern, benebelte ihre Sinne. Inkens so lange in Schach gehaltenes Temperament brauchte ein Ventil, und plötzlich verspürte sie den unbändigen Wunsch, Cirk ihre Wut ins Gesicht zu schleudern, mehr noch,ihm ins Gesicht zu schlagen. Sie wollte seiner grenzenlosen Anmaßung einen Hieb versetzen, von dem er sich nicht so schnell erholen würde. Und ohne noch länger nachzudenken, war sie schon bei der Tür.
    „Du sagst also, dass er mich zu sehen wünscht? Das kann er haben! Aber unser Zusammentreffen wird anders verlaufen, als er es sich vorstellt.“ Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
    Auf dem Weg zu Cirks Zimmer beruhigte Inken sich wieder ein wenig. Es war wohl besser, diesem Menschen ausschließlich mit Gelassenheit und Kühle zu begegnen. So würde er gar nicht erst auf die Idee kommen, dass ihr etwas an ihm lag und sie ihn vermisst hatte. Ja, so wollte sie es

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