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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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dich, Inken. Und im Inneren meines Herzens wünschte ich, du würdest alles stehen und liegen lassen und mit mir zusammen fortgehen.“
    Atemlose Stille herrschte nach Cirks Worten. Die Kerze flackerte weich, und ein leichter Duft von Weihrauch lag in der Luft. Konnten Cirks Worte die Wahrheit sein? Sollte dieser Mann sie wirklich lieben? Hier an diesem heiligen Ort schien es ihr zumindest möglich, dass seine Worte wahr waren. Inken stand wie erstarrt und gab sich dem unvergleichlichenZauber des Augenblicks hin. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Mit allem hatte sie gerechnet, nur damit nicht.
    „Wer ist dieser Mann wirklich?“, fragte sie sich. Wie gerne würde sie seinen Worten Glauben schenken! Wie gerne würde sie darauf vertrauen, dass Cirk ihr hier und heute die Wahrheit sagte. Die Sehnsucht nach ihm war in all der Zeit nicht gewichen und wie oft schon hatte sie sich dafür eine Närrin geschimpft. Und nun stand Cirk tatsächlich vor ihr und sprach von Liebe. Er streckte seine Hand aus und ergriff die ihre. Inken ließ es geschehen.
    „Du kennst mich überhaupt nicht. Wie kannst du mich da lieben?“ Verwirrung und Zweifel klangen aus ihren Worten. „Und wenn doch, wie kann ich dir glauben? Es ist nicht so, dass ich nichts für dich empfinde.“ Sie errötete. „Doch ich kenne dich nicht.“ Sie senkte die Augen und holte tief Luft. „Cirk, und selbst wenn ich dich besser kennen und vielleicht sogar lieben würde, könnte ich dir nicht folgen. Nicht in diesem Augenblick.“
    „Ich habe auch nur ausgesprochen, was mein Herz fühlt und sich wünscht“, erwiderte Cirk leise. „Ich weiß, dass du bei deiner Tante ausharren musst. Doch ich verspreche dir, wenn der Krieg vorbei ist, wirst du den wahren Cirk kennen lernen, und ich werde dir alle deine Fragen beantworten.“
    Inken starrte ihn an. „Du willst also tatsächlich zurückgehen und gegen die Franzosen kämpfen?“ Es war mehr eine schmerzliche Feststellung als eine Frage.
    „Ja“, sagte Cirk schlicht. „Doch ich kann nur mit dem Trost in den Kampf ziehen, dass du auf mich wartest. Wirst du mir diesen Trost geben?“
    Inkens Lippen zitterten. „Ich bin so durcheinander, Cirk. Ich weiß nicht mehr, was richtig oder falsch ist. Ich weißnicht, wer du bist und wie du bist. Aber ich bin gerne bereit, auf dich zu warten.“
    Cirk umschloss ihre Hand ganz fest. „Dann werden wir uns wiedersehen! Sobald das Kämpfen beendet ist, werde ich auf schnellstem Weg zu Tjalda eilen. Es wäre schön, wenn wir uns dort treffen könnten.“
    Inken nickte nur. Sie fragte nicht, warum er sich in diesen Kampf stürzen musste. Stattdessen wanderten ihre Augen zu seiner Hand, die die ihre umschlungen hielt.
    „Du hast mich im Moor gesucht. Gibt es denn niemanden sonst, den du sehen wolltest, der sich um dich sorgt, der Angst um dich hat?“, fragte sie immer noch ungläubig mitten aus ihren Gedanken heraus.
    Sein Mund spannte sich, und der Ausdruck seiner Augen wurde plötzlich härter. „Nein, niemanden sonst.“ Er breitete die Arme aus, und seine Stimme klang gespielt heiter. „Ich hatte bislang nur den Himmel.“
    „Hast du nie ein Zuhause gekannt mit Menschen, die dich lieben?“, fragte Inken noch einmal nach.
    Cirk senkte den Kopf. „Nicht so, wie du es dir vorstellst.“
    „Das muss schwer sein!“
    „Warum glaubst du das?“, forschte er nach. „Ich war immer frei und konnte gehen, wohin es mir gefiel. Ich war niemandem Rechenschaft schuldig. Weder einem zänkischen Weib noch einer Hütte voller Kinder. Da war keiner, der mein Tun jemals infrage stellte, keine Mutter, kein Vater. Weißt du“ – seine Züge wurden wieder weich –, „der Wunsch, einen Menschen um mich zu haben, ist mir erst gekommen, seitdem ich dich getroffen habe.“
    „Aber ...“ Inken zögerte. „Da müssen doch Menschen gewesen sein, die dich lieben!“
    Cirk wandte sich von ihr ab. Er ließ ihre Hand los und vergrößerteden Abstand zwischen ihnen. „Warum hätten andere Menschen mich lieben müssen? Warum hätte ich Liebe geben sollen? Damit sie mit Füßen getreten wird?“
    Er brach ab, zitterte leicht in dem Bemühen, sich selbst und seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Er wollte sich nicht in dunklen Erinnerungen verlieren, und nun brachte Inkens Frage seine dunkelsten Momente wieder zurück.
    „Weißt du ...“ Langsam gewann er seine Beherrschung wieder zurück. „Deshalb habe ich anfänglich auch versucht, gegen meine Gefühle für dich

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