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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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von Jugend an mit zweifelhaften Grundsätzen programmierten Computer, der das Ich angeblich kontrolliert und Dummheiten verhindert, in Wirklichkeit aber mögliche Freuden sabotiert.
    Bei Franziska hat er falsch geschaltet — sie ist an Roberts Wahrheit nicht interessiert, und das Beispiel K&K zeigt, wie recht sie damit hat.
    Bei Sidonie hat er falsch geschaltet: Robert hat ein schlechtes Gewissen vor ihr, weil er sich innerlich von ihr distanziert hat, auf ihr merkwürdiges Verhalten hin. Da half auch das Sprichwörterbuch nicht, das ihm beim Aufräumen in die Hände kam.
    Robert fand einen Spruch darin, erdacht von einem jener Griechen, die alles Menschliche schon einmal durchgerechnet haben:
    Wer gut verborgen war , hat gut gelebt .
    Immerhin ein Wink, seine Selbstverwirklichung auch weiterhin im verborgenen zu betreiben.
    Dem Rhythmus der Liaison gemäß, wäre Robert heute direkt ins Appartement gegangen. Doch mißtrauisch, wie er zur Zeit ist, sucht er sie zuerst im Café. Da sitzt sie auch, sieht ihn, als sehe sie ihn nicht. Mit einem Spaziergang nachher zeigt sie sich einverstanden. Ganz offiziell. Da beide gelegentlich am selben Tag fehlen, würde es auffallen, wenn sie nicht mehr miteinander spazierengehen würden. Nichts verändern! So fordern es die Spielregeln.
    »Was war denn los?« fragt Sidonie, kaum daß er die schwere Tür geschlossen hat und den Frühparkern noch einmal durch die Scheibe zuwinkt, bevor sie hinter dem Bretterzaun der Baustelle verschwinden.
    »Das wollte ich Sie fragen«, antwortet Robert. »Ich habe gestern auf Sie gewartet.«
    Ihr Blick hat etwas Schmerzliches. Sidonie schluckt, bevor sie spricht.
    »Dieser Theaterabend hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie sahen so glücklich aus mit Ihrer Frau. Ich mußte gehen, es war einfach zu viel. Ich hätte das wissen müssen.«
    Das war es also.
    »Ich kann das gut verstehen«, sagt er. »Auch ich hab mich gefühlt wie auf einer Gratwanderung zwischen Gut und Böse.«
    Jetzt hängen sie wieder am gleichen Seil, Heimlichkeiten dulden keine Geheimnisse. Robert schließt die Tür des Appartements und erzählt, daß er Franziska alles gestanden hat, gestanden hätte. Ohne ein Wort zu sagen, legt Sidonie die Arme um seinen Hals.
    Zuerst fühlen.
    Was sie ihm zu sagen hat, wird zurückgestellt, bis die Seilschaft nach dem Sturm auf einen mächtigen Gipfel, erschöpft aber beglückt, ins Tal der Vernunft zurückkehrt.
    »Robert.«
    Er streichelt ihr Gesicht.
    »Ja, Liebes?«
    »Wenn Sie wieder einmal das Gefühl haben sollten, es sei unfair von Ihnen, Ihrer Frau nichts zu sagen, dann denken Sie bitte daran, daß es mir gegenüber unfair wäre, wenn sie ihr etwas sagen. Gewissensbisse sind keine Entschuldigung. So leicht dürfen Sie sich das nicht machen. Auch wir sind Partner.«
    Er versteht. Doch sie wird noch deutlicher.
    »Stellen Sie sich vor, Franziska würde Konsequenzen ziehen.«
    Sie hat recht. Harmlos ist er und zuverlässig. In diesem Fall harmlos und fahrlässig. Unverantwortlich.
    »Ich habe Ihnen ja doch gesagt, ich habe keinerlei Übung.«
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, Robert. Man muß es erlebt haben. Nur dann begreift man’s. Sonst können Komplikationen entstehen, die vermeidbar gewesen wären.«
    Er will sich frei machen aus ihren Armen, die ihn jedoch nicht freigeben, so voll des sittlichen Ernstes, wie er ist, zärtlich klingt die Stimme.
    Im Kuß schaut er an ihrer Schulter vorbei auf seine Armbanduhr.
    Morgens vergeht die Zeit am allerschnellsten.

    Bis zum Mittag schwang das wiedergewonnene Glücksgefühl in ihm weiter, angereichert mit männlichem Stolz. Wie immer rief Franziska an. Karls Mutter war angekommen, Karin hatte sie abgeholt und in allem seiner Bitte entsprochen. Obwohl ihr das nicht paßte, wie sie Franziska gegenüber bemerkt hatte, fühlte sie sich doch in ihrem Element: Sie konnte Haltung zeigen. Zum Abendessen mit der Mama waren Robert und Franziska eingeladen. Vergeblich hatte sich Franziska dagegen gesträubt. Karin wollte sie unter den bestehenden Umständen unbedingt dabei haben, und auch Robert fand, das sei man ihr schuldig. Er war froh, als Franziska auf legte, denn er wollte mit seinen Gefühlen allein sein. Aber die angenehme Schwingung stellte sich nicht mehr ein. Unzufrieden und gereizt machte er sich an die Akte Langensiepen, die auf seinen Schreibtisch zurückgekehrt war. Jene Dame mit den fabelhaften Anwälten, die Kleinlichkeiten so großzügig darstellen konnten. Wenn er

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