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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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jetzt.«
    »Der Kindskopf, der eitle!« Sie lacht und streckt sich aus auf dem Bett. »Was meinen Sie, was für ein Gesicht der machen würde, wenn er uns hier sehen könnte.«
    Robert muß den Satz loswerden, schon weil er hofft, sie möge ihm widersprechen.
    »Ich weiß nicht. Bei dem harmlosen Eindruck, den ich mache, würde er, glaube ich, nur milde lächeln. Und zwar über Sie.«
    »Harmlos?« Sie widerspricht ihm tatsächlich. »Wie kommen Sie auf die Idee? Sie sind nur klüger, sind bescheidener und haben nicht diese blödsinnige männliche Eitelkeit...«
    Ich bin auch eitel, will er sagen, läßt dies aber, schränkt nichts ein, sieht sie an, liebevoll. Dadurch entgeht ihm eine Entwicklung:
    Sidonie steht im Zimmer.
    »Entschuldigen Sie, ich wußte nicht...«
    Robert versucht souverän zu sein. Dazu muß ihm etwas einfallen. Er steht auf, stellt sich vor und erklärt seine Anwesenheit.
    »Ein Kollege hat mir das Zimmer zur Verfügung gestellt. Der Kollege Langensiepen.«
    Auch Sidonie muß etwas einfallen:
    »Ihr Kollege ist mein Bruder. Er mußte ins Krankenhaus.«
    Und als habe dieser Bruder den Wunsch geäußert, gebt sie zur Badezimmertür, nimmt den gepunkteten Morgenmantel vom Haken, grüßt gemessen und geht wieder. »Grüßen Sie bitte«, ruft Robert ihr nach, ohne Freude an dem Spiel. Erst als die Tür zufällt, bleibt ihm die Luft weg.
    »Komisch«, sagt Christine. »Die Schwester von diesem Kollegen ist sie jedenfalls nicht.«
    Sie sehen einander an. Robert bleibt die Antwort schuldig. Sie sehen einander an, was sie denken. Es ist nicht mehr gemütlich. Christine bricht das Schweigen:
    »Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen. Entschuldigen Sie.«
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen.«
    Er nimmt das Tablett vom Bett und fängt an aufzuräumen. Christine folgt seinem Beispiel, nimmt noch einmal sein Frotteetuch, aber nicht mehr Sidonies Kamm.
    »Ich bringe die Sache in Ordnung«, sagt sie. »Kann ich Karin sagen, daß Sie mit mir gesprochen haben?«
    »Sie können alles, Christine. Sie machen das schon richtig.«
    Robert nimmt den Schirm aus der kleinen Pfütze auf dem Konfektionsperser, klappt ihn zusammen, Christine steigt in ihre Schuhe, er zieht die Tür hinter ihr zu. »Müssen Sie nicht abschließen?«
    Robert verneint, will den Schlüssel am Bund nicht noch einmal zeigen und sieht ihr an, daß sie sich das denkt. Doch es stört ihn nicht. Auf der Treppe begegnen sie der Vermieterin, die bessere Tage gesehen hat. Robert grüßt und wird wiedergegrüßt, mit seinem Namen. Christine sagt nichts. Erst an der profilreichen Tür sehen sie einander an. Unter dem Schirm legt er den Arm um sie. Der Regen hat nachgelassen, beide loben die saubere Luft und überbrücken das Gespräch, das nicht mehr in Gang kommen will, mit Nähe.
    Drüben auf der anderen Straßenseite geht Tiedemann mit einem der Herren von der Bank. Sie nicken herüber, wie Schulbuben einen Lehrer grüßen, über den sie gerade lästern. Robert begleitet Christine die Treppe zur Haltestelle hinunter. Bis der Zug einfährt, bleibt er bei ihr. Sie nickt ihm zu:
    »Wir sehen uns ja auf dem Tennisplatz.«

    »Zweiten Gang, Liebes. Und den linken Blinker.« Robert dirigierte Franziska durch die leere Straße. Er wollte und konnte nicht zu Hause sitzen, und da sie, was den Führerschein betraf, große Zielstrebigkeit entwickelte, entschloß er sich zu einer Fahrstunde durch die nächtliche Stadt.
    »Wieder raufschalten und geradeaus. Laß die Kupplung nicht so schleifen.«
    Christine ins Appartement mitzunehmen, war keine Meisterleistung gewesen, weder an Vorsicht noch an Geschmack. Aber bei diesem Regen... Sidonies Blick wird er so schnell nicht vergessen.
    Sie war nicht gekommen am Morgen. Auch nicht ins Café.
    »Jetzt rechts.«
    »Wo fahren wir eigentlich hin?«
    »Durch die Stadt, Liebes. Kreuz und quer. Damit du dich daran gewöhnst. Jetzt wieder links. Nicht Fernlicht — den Blinker.«
    Gestern und heute hatte er sich den Kopf zerbrochen: Was dachte Sidonie? Wie hatte sie die Situation aufgenommen, mit Christine auf dem Bett? Glaubte sie, daß er...?
    »Jetzt wieder links. Blinker, Liebes!«
    Sie mußte böse sein über seine Taktlosigkeit, und solange er ihr nicht erklären konnte, wie es dazu gekommen war, würde sich das nicht ändern.
    »Haaalt! Franziska, stop.«
    Franziska blieb neben einer Parkreihe stehen. Gegenüber war die Hausnummer beleuchtet. Ein modernes Haus, großzügig, teuer gemacht. Hier wohnte Sidonie,

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