Die Frühstücksfreundin
reden könne, sie sei nur beunruhigt gewesen und habe gedacht, ganz offiziell wäre am unauffälligsten. Franziska sah es anders.
»Hoffentlich wird das nicht zur lieben Gewohnheit, daß sie jeden Tag anruft?«
Ruhig verneinte Robert, schilderte den Zusammenhang mit ihrem überstürzten Aufbruch und bestellte Grüße. Die Verstimmung blieb. Eine verschärfte Verstimmung, gegenüber der bestehenden, die sich nicht hatte auflösen lassen. Da half auch das Schwimmen am Nachmittag nichts. K&K hatten wieder Ärger. Zwar bewahrten alle Haltung vor Omilein, die sich im Liegestuhl sonnte, aber die Kinder hörten die unechten Töne, fühlten ihre Geborgenheit bedroht und wurden, weil sie nicht aussprechen konnten, was sie bedrückte, immer stiller, so daß Omilein, für feinere Schwingungen unempfindlich, das Fest ungehindert Wiederkauen konnte. Sie hatte es genossen.
In der Mittagspause wartete Robert wieder im Appartement, kaute ohne Speichel an einem Brötchen, trank ein Bier. Er wartete umsonst. Wollte Sidonie ihn nicht sehen, oder war sie überhaupt nicht im Büro?
Verdrossen und ohne Petras Hilfe saß er am Nachmittag über einer kniffligen Wasserschadenssache. Ein Fernmeldetechniker tauschte den Telefonapparat aus, der defekt sei. Daher die Stille. Man hatte ihn nicht erreichen können.
Mit schlechter Ausstrahlung kam Robert nach Hause. Jennifer und Martin begrüßten ihn gemessen. Karin war da, saß mit Franziska im Wohnzimmer — zwei grüne Witwen bei dunklen Gedanken, ein Duolith der Renitenz.
Der Kuß für Franziska unterblieb, sie hatte eine Nachricht für ihn.
»Es hat angerufen für dich eine Dame.«
»So.«
»Du sollst morgen früh in der Wohnung sein; der Installateur kommt, wegen dem Badezimmer.«
Es war der Himmel, der Karin geschickt hatte. Peinliche Situationen sind vor Publikum mitunter weniger peinlich.
»Wohin soll ich kommen?«
»Das wüßtest du schon — hat sie gesagt.«
Also war sie relativ diskret, die Vermieterin mit den besseren Tagen. Es muß auch der Himmel gewesen sein, der ihm den Wasserschadensfall auf den Schreibtisch gelegt hat. Ein glattes Angebot:
»Ach ja!« erinnert er sich, in Zeitlupe. »Da läßt einer das Bad überlaufen, damit wir die Hausrenovierung bezahlen.«
Die Ehefrauen verabschiedeten sich alsbald, sie wollten in den Film eines berühmten Regisseurs. Man sprach davon in der Stadt.
Das Geräusch der zufallenden Tür vernahm Robert am Bauernschrank. Nach drei Obstlern, 45 Prozent, in drei Zügen, fand er sich von Disziplin frei und wollte Gewißheit.
Als er ihre Stimme hört, bekommt er Gänsehaut. »Sidonie!«
»Ach, Sie sind es. Wann können wir die Kommoden sehen? Und den Schrank vor allem.«
Ihr Robert scheint da zu sein, weil sie von Antiquitäten redet; Robert redet von Novitäten.
»Sidonie. Was ist los? Warum sind Sie nicht gekommen?«
»Und die genauen Maße der Paneelierung brauchen wir«, sagt sie.
»Sidonie, hören Sie zu...«
»Nein. Vielen Dank. Wenn es nicht gleich geht, sind wir nicht mehr interessiert.«
»Bitte kommen Sie morgen wieder!« fleht er. »Ich warte.«
Sie hat aufgelegt, seine Bitte vielleicht nicht mehr gehört. Nicht mehr interessiert — für welchen Robert hat sie das gesagt?
Erst jetzt entdeckt er den unbescheidenen Rosenstrauß in der Bodenvase. Gut fünfzig Stück und ausgerechnet Rosen, diesen Januskopf unter den Schenkblumen, die Verehrung mit reinem und mit schlechtem Gewissen anzeigen.
Als Franziska nach Hause kam, lag er im Bett und stellte sich schlafend.
Das Wasser kochte. Robert nahm das Ei aus dem Suppenlöffel, legte es in den Kühlschrank, den Kaffee kippte er aus dem Filterpapier in die Dose zurück: Sidonie würde nicht mehr kommen. Mehr der Ordnung halber schob er sich das kalte Fünfzehn-Minuten-Ei von gestern in den Mund, räumte Sidonies Morgenmantel in die Kommode, samt ihren Utensilien aus dem Badezimmer, mit einem Gefühl, als ordne er Nachlaß, stieg die Treppe hinauf, um den Schlüssel abzugeben. Die zierliche Vermieterin trug einen langen, samtenen Morgenmantel, noch aus besseren Tagen, und verwechselte Uhrzeit mit Zuverlässigkeit.
»Sehr akkurat von Ihnen. Der Installateur kommt erst um elf.«
»Da kann ich leider nicht hier sein.«
»Macht nichts. Er ist ein ordentlicher Mensch. Selten heutzutage. Ich werde ihm aufschließen. Sagen Sie, war das Ihre Frau, mit der ich gestern telefoniert habe?«
»Ja.«
»Eine besonders sympathische Stimme.«
»Ich werde es ihr sagen.
Weitere Kostenlose Bücher