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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Ehe.
    »Hallo?«
    Das ist, ohne Zweifel, Omilein. Robert legt nicht auf, meldet sich, fragt artig nach dem Befinden und nach dem, was er wissen will. Omilein weiß nichts, hat aber viel zu sagen.
    »Alle sind weg, haben mich allein gelassen. Stellen Sie sich das vor! Ihre Frau war da, am Nachmittag — oder war das gestern. Man verliert jeden Zeitbegriff, wenn man so viel allein gelassen wird. Karli ist auch verreist, beruflich. Mein Gott, ich kann ihn ja verstehen. Was hat er denn zu Hause? Sie wissen doch am besten, wie schwierig Karin sein kann. Ein Glück, daß ich da bin. Können Sie nicht mal mit ihr reden? Sie muß endlich begreifen, daß nicht alles nach ihrem Kopf gehen kann. Karli ist schließlich der Mann und verdient das Geld. Auch wenn sie aus begüterten Verhältnissen kommt. Mein Gott, wenn ich da an mich denke! Wir wurden noch zur Bescheidenheit erzogen.«
    Bis er Omilein endlich zum Auflegen überreden kann, hat ihn das Ferngespräch ein Einzelzimmer mit Bad gekostet. Bestenfalls mit Dusche.
    Souverän bleiben, das Leben ist kostspielig.
    Wieder meldet sich zu Hause niemand. Mit einem weiteren Whisky vertieft sich Robert in seine Unterlagen, vervollständigt seine Notizen und empfindet Solidarität für den Professor — die Zeit hätte ihm gefehlt.
    Jetzt werden sie beim Nachtisch sein, Flambiertes vielleicht? Crème Caramelie oder Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Zu Hause meldet sich immer noch niemand. Trotzhaltung. Durchatmen. Entspannen. Das Bett abliegen, das teure. Ein Blick auf die Uhr.
    Viertel nach zehn.
    Er muß eingeschlafen sein. Sidonie hätte wenigstens anrufen können. Noch einen Whisky; zu Hause meldet sich niemand. Die Pracht für die ersehnte Nacht wird zum Käfig. Robert muß raus hier, braucht Luft. Warten ohne Bewegung ist zuviel. Am liebsten würde er schlafen. Aber daran ist nicht zu denken. Die Schuhe drücken nicht mehr, die Füße haben sich erholt.
    Und wenn Sidonie jetzt anruft? Da sie bis jetzt nicht angerufen hat, kann sie offenbar nicht anrufen. Es ist ja alles möglich.
    Souverän!
    Im Lift erinnert ein Hauch vom gleichen Parfum an sie — immerhin. Die Nachtluft tut gut, beim Gehen hält sich die Unruhe in Grenzen. Nicht zu weit weg. Den Eingang im Auge behalten.
    Halb elf.
    Jetzt müßte sie allmählich beginnen, ihre erste gemeinsame Nacht. Morgen hat Robert einen anstrengenden Tag. Es ist kühl, die Hotelhalle gähnt, nur ein Portier werkelt vor sich hin. Mit einem Portier hat es angefangen. Aus der Bar plätschert Flugzeugmusik, wenige Herren an der Theke verzögern den Feierabend des Barkeepers.
    Könnte Sidonie schon oben sein?
    Eine belanglose Frage an den Portier gibt die Antwort: der Zimmerschlüssel hängt noch vor dem Postfach; daneben der von Kirschner. Auf einem der Tische liegt eine Zeitung. Der Sitzengelassene holt sich die Liegengelassene, seine Augen wandern über die Zeilen, mehr gymnastisch als wahrnehmend, bis Gelächter ihn aufschauen läßt, das nach alten Lausbuben klingt. Da kommen sie herein, ausgelassene Akademiker, ein ganzes Rudel um eine Frau.
    Nein! Doch.
    Sidonie schaut herüber und wieder weg, während Kirschner ihm zunickt. Der Schlüssel bleibt am Haken, von sechzehn Hosenbeinen eskortiert geht sie in die Bar. Irgend etwas ging da schief.
    Souverän bleiben. Warten.
    Noch einmal Augengymnastik zu Papiergeraschel; um halb zwölf könnten sie im Bett liegen.
    Da kommt sie, allein, holt nicht den Schlüssel, kommt auf Robert zu.
    »Hallo«, sagt sie überrascht für fremde Ohren. Robert ist aufgestanden.
    »Na, hat’s geschmeckt?«
    »Mir ist jetzt nicht nach Scherzen, Robert.«
    »Sie hätten ja mal anrufen können.«
    Schon tut ihm der Vorwurf leid, aber Warten macht ungerecht.
    »Ich hab’s ein paarmal versucht. Es war immer besetzt.«
    »Und jetzt?«
    »Noch ein wenig Geduld, Robert. Es geht nicht anders. Drei von denen kennen meinen Mann.«
    »Sagen Sie doch, Sie fühlen sich nicht wohl.«
    »Halten Sie das für besonders geschickt bei acht Ärzten?«
    »Sie werden doch einen Grund finden, bei Ihrer Souveränität.«
    »Ich riskiere schon genug.«
    Robert legt die Zeitung auf den Tisch.
    »Ich gehe nach oben. Noch viel Spaß.«
    Es sollte ironisch klingen; eine Nachkorrektur unterbleibt. Sidonie geht weiter, wahrt den Anschein, einen Herrn begrüßt zu haben, den sie kennt. Im Lift wieder der Hauch von ihr. Einen letzten Whisky in der Pracht mit Bar und Bidet, für die nur noch halbe Nacht. Es wird ein Salignac, den Whiskyvorrat

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