Die Frühstücksfreundin
Robert geht voraus, hält ihr die profilreiche Tür auf.
»Das nenne ich eine Überraschung. Wir denken, Sie sind krank, Frau Sidonie?«
Tiedemann steht da und zwei Herren von der Bank, perplex. Robert liegt bereits im Wasser, würde am liebsten unter dem Motorboot wegtauchen. Nur Sidonie bleibt oben. Aufrecht steht sie auf dem schmalen Steg zwischen Geheimnis und Klatsch und sagt:
»Ja, da staunen Sie! Sieht auch etwas merkwürdig aus, das gebe ich zu. Aber wie meistens, wenn man sich gerade etwas dabei denken will, ist die Wahrheit ganz simpel und völlig harmlos.«
»Aber gnädige Frau, bei Ihnen würden wir doch niemals...«
Die Herren nicken bestätigend. Robert ist stumm. Wie will sie da wieder rauskommen, aus dieser Situation? Sidonie lächelt und faßt Robert am Ärmel.
»Ach bitte, würden Sie noch einmal raufgehen und meinem Mann sagen, er soll mich erst am Nachmittag anrufen. Ich bin jetzt in einer Sitzung. Das hatte ich völlig vergessen.«
Robert geht zurück ins Haus, lehnt sich an die Wand und muß erst einmal durchatmen.
Was Sidonie noch eingefallen ist, kann er durch die grundsolide profilreiche Tür nicht verstehen, hört nur ein gemeinsames Herrenlachen, stiehlt sich nach einigen Minuten wieder hinaus und kommt gerade noch rechtzeitig ins Büro.
Wenn die Sekretärin ihn mit undeutlichem Gemurmel empfing, hieß das: Ich will gefragt werden, was los ist, weil ich etwas sagen will. Robert tat ihr den Gefallen.
»Ihre Frau hat gestern angerufen«, antwortete sie, »ich habe ihr gesagt, Sie seien auf Dienstreise. Oder hätte ich das nicht sagen sollen?«
Er beruhigte sie. Ein Rest von Ungereimtheit blieb jedoch. Petra hatte sich erhofft, um Diskretion gebeten zu werden, und war enttäuscht. Immerhin sah Robert diese Costa mit dem zungenbrecherischen Namen jetzt als notwendige Zäsur für die sich häufenden Komplikationen. Wichtig aber war vor allem der Bericht für den Chef, und er machte sich unverzüglich an die Arbeit.
Heute empfing ihn Franziska mit Kuß. Sie nahm ihm die Aktentasche ab, erkundigte sich nach seinem Tag, nach seinen Sorgen, brachte ihm einen Obstler, lobte die Fertigstellung des Berichts für den Chef und bezeigte ihm, dem Ernährer der Familie, mit einem exzellenten Essen Dankbarkeit, als gelte es, ihn daran zu erinnern, wie bequem es die Männer früherer Generationen hatten. Auch die Kinder schienen glücklich darüber, daß ihr Pappi wieder allerseits akzeptierter Mittelpunkt der Familie war.
Später kam Franziska zur Sache. In eigener Sache. »Ich hab dir Unrecht getan mit meinem Verhalten in letzter Zeit.«
»Aber Liebes.«
Wie angenehm ist es, verschämt zu flöten, den Großzügigen zu spielen, wo keine Gefahr droht.
»Ich dachte mal wieder Christine ...«
»Ich weiß«, unterbricht er, und sein Lächeln verzeiht ihr.
»Wie du abends weg bist und nichts gesagt hast...«
»Du gehst doch auch weg und sagst nichts.«
»Ich dachte, du gehst zu ihr.«
»Da war ich auch«, gibt er zu. »Ihr saßt da wie zwei giftgrüne Witwen. Wo hätte ich denn hin sollen?«
»Davon hat sie mir nichts gesagt«, wundert sich Franziska, und die Ehewippe kippt. Robert hängt in der Luft.
»Hast du sie getroffen?«
»Ich hab sie angerufen. Ich dachte, du wärst mit ihr weggefahren, und habe bei Karl in der Kanzlei angerufen. Da war sie am Apparat.«
»Und bei mir im Büro hast du auch angerufen.« Franziska senkt den Kopf; jetzt hat er wieder Boden unter den Füßen.
»Ich weiß«, gesteht sie, »ich bin intoleranter und kleinlicher als ich dachte. Ich muß mich nicht wundern, wenn sie dir gefällt mit ihren großzügigen Thesen.«
»Aber Liebes.«
Ohne seine bequeme Haltung aufzugeben, streichelt er ihre Hand. Franziska ist den Tränen nah. Das ist zu viel für das Mißverständnis. Und wenn er ihr jetzt die Wahrheit sagt? Dann ist die Harmonie wieder beim Teufel.
»Mein Liebes«, sagt er und tätschelt, bis sie ihn ansieht. Ja, er kann zwei Frauen lieben.
»Was gefällt dir an ihr?«
»Christine ist fair und hat Grips. Ein patentes Mädchen«, pfaut er sich auf mit seinem fast reinen Gewissen. »Denk daran, wie anständig sie zu Karin war.« Sie nickt, lächelt beruhigt, wechselt den Ton und das Thema:
»Du sag mal, wohin fahren wir eigentlich in Urlaub?« Daran hat er noch gar nicht gedacht! Aber Franziska. »Wollen wir mal leichtsinnig sein? Jetzt, wo die Wohnung abbezahlt ist...?«
Eigentlich hat sie recht. Warum nicht? Es muß nicht immer der gleiche Strand
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