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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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um.
    »Gefällt Ihnen meine Wohnung?«
    »Ich verstehe nicht, warum Sie sich nicht jünger einrichten?«
    Dabei verstand er sie sehr gut, ihren kindlichen Stolz auf die modisch-altmodische Wohnung. Ein Wunschtraum vom Elternhaus? Deshalb vielleicht der viel ältere Karl? Geborgenheit.
    Sie erklärte ihm ihre Abneigung gegen Chrom und Anbaumöbel, gegen Kunststoff und sogenanntes Funktionelles. Robert täuschte einen Höflichkeitsschluck vor, bestellte sich ein Taxi und fuhr, ohne weitere Opaermahnungen, in die Oper zurück.
    Die Scheinwerfer standen noch in der Vorhalle; im Foyer hörte er den Gesang. Er drang aber nicht nur durch die Türen, sondern mit der Schärfe eines kleinen Lautsprechers auch aus einem Fernsehmonitor, vor dem Logenschließer und Garderobefrauen das hochdramatische Geschehen verfolgten.
    »Noch zehn Minuten, dann ist Pause«, tröstete ihn ein alter Kulturgardist und starrte wieder auf die Mattscheibe, bis er sich mit seinen Kollegen wie auf ein unsichtbares Zeichen erhob. Jeder eilte zu seiner Tür und öffnete sie vor den letzten Tuttischlägen. Dann strömten die Konsumenten, Kirschner, Roberts Chef, der besorgt herüberschaute, als habe ihn der Kunstgenuß überhaupt nicht erreicht. Noch viele kamen, bis sie kamen, Omilein voraus, die schweren Hände nach Robert ausgestreckt.
    »Das haben Sie fabelhaft gemacht. Wo ist sie denn?«
    »Ich habe sie nach Hause gebracht. Die Familienverhältnisse sind wohl etwas verquer.«
    Robert sagte es beiläufig.
    »Na siehst du!« Omilein drehte sich ihrem Karli zu, glücklich über die Absolution. »Aber jetzt brauche ich etwas zu trinken. Eine großartige Aufführung.« Gefolgt von Karin und Franziska, denen Robert zunickte, marschierte sie ab zum Büffet.
    »Dank dir«, Karl drückte seinen Arm.
    »Das hast du gut hingebogen«, sagte Robert, »mir wäre das nicht eingefallen.«
    Karl winkte ab.
    »Berufsroutine. Das Wichtigste ist der erste Satz. Und daß er sofort kommt. Nachher kannst du ihn ausbauen oder ab wandeln, solang darauf herumgehackt wird.« Robert sah den Freund an.
    »Daß du morgen in der Zeitung stehst, ist dir doch klar? «
    »Mit Bild!« Karl tupfte sich die Stirn ab. »Und übermorgen ist alles vergessen. Nur eines bleibt: Publicity.« Ungerührt mischte er sich in das Gedränge vor dem Büffet, um für Omilein ein Glas zu ergattern. Robert ging zu Franziska. Sie hatte genug von dem Abend, und Karin war mit ihrer Haltung am Ende. Kurzerhand beschlossen alle drei, sich zu verabschieden und nach Hause zu fahren.
    »Allmählich wird das zur Gewohnheit«, stellte Robert fest.
    Da nahte Omilein. Sie schwenkte den roten Sekt, den ihr Karl gebracht hatte, so schwungvoll-graziös durch die nähere Umgebung, daß eine Dame aufschrie. Sie war bis zu dieser Sekunde ganz in Weiß gewesen. »Verzeihen Sie«, tönte Omilein. »Es ist nicht meine Schuld. Irgend jemand muß Sie gestoßen haben in dieser Enge. Ich wollte gerade trinken.«

    Anderntags stand Karl am Pranger, auf der ersten Seite der rivalisierenden Boulevardblätter. Über großaufgemachten Bildern, Schlagzeilen von der bösartigen Sorte, wo nichts behauptet, aber alles ausgesprochen wird. Durch ein Fragezeichen.
    Skandal in der Oper! Rache aus Eifersucht?
    Hatte Staranwalt Liebesaffäre?
    Ohrfeigte Exfreundin Prominentenanwalt?
    In den Texten wurden möglichst eindeutige Vermutungen angetippt und mit hämischen Girlanden garniert. Petra, die Sekretärin, hatte die Zeitungen mitgebracht und Robert auf den Schreibtisch gelegt, was sie sonst nicht tat. Sie kannte Karl flüchtig. Auf einem der Bilder war Robert zu erkennen — wenn man ihn kannte — , wie er Birgit fortzieht.
    »Der sieht Ihnen schon sehr ähnlich«, sagte sie.
    »Das wundert mich nicht«, antwortete Robert. Mehr sagte er nicht. Wie fern war das alles, nach den Ereignissen der letzten zehn Stunden!
    Karin war verschwunden.
    Sie hatte sich beharrlich geweigert, nach Hause zu fahren. Hatte die Freunde strapaziert und nach einigen Cognacs und einem mittleren Schlafmittel auf der Couch im Wohnzimmer endlich Ruhe gefunden. Robert und Franziska entspannten sich Hand in Hand und waren gerade eingeschlafen, als es klingelte. Nicht wie ein Besucher sich bemerkbar macht, sondern wie ein Rasender Einlaß zu erzwingen sucht. Damit stand die Person fest. Robert war gewappnet, fing Karl ab, der schon das Wohnzimmer ansteuerte, setzte ihn in die Küche hinter ein Glas Bier und redete Klartext. »Du machst hier keine Szene mitten in der

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