Die Füchsin
dich anfangen?«
»Du würdest dich von Weinfass zu Weinfass nach Anjou brüten!« erwiderte sie frech.
Er dachte, daß das gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war, ließ sie los und sah ihr zu, wie sie einen Kamm nahm und ihr Haar zu einer einzigen Strähne kämmte, die sie in einen Zopf flechten konnte. Sie wußte genau, wie sie ihn aus seiner schlechten Laune reißen mußte, obwohl momentan allein ihr Anblick ausreichte, um seine Stimmung und alles mögliche andere zu heben. Er schaute an sich herunter, doch es war eher der Druck seiner Blase als das Bedürfnis nach seiner Frau, das ihn momentan bewegte.
Er streckte sich, hörte das vertraute, sehnige Knacken seines Schildarms und suchte nach dem Nachttopf. Er wußte, daß eine Last von ihm gewichen war, seit er sich entschlossen hatte, Heulwen mitzunehmen. Die Angst, sie zurückzulassen, hatte zur Abneigung gegen diese Reise entscheidend beigetragen. Und noch wichtiger war ihm ihre Reaktion gewesen, als er ihr den Grund für diese Reise erklärt hatte. Sie war nicht wütend geworden, hatte den Auftrag keineswegs verabscheut, sondern völlig praktisch darauf reagiert und vernünftige Worte dafür gefunden, die seine Ängste in ihre richtige Perspektive gerückt hatten: eine Jagd nach einer Handvoll böser Träume, bei denen der Wolf sich in den eigenen Schweif biss.
»Vergiß nicht, die Wolfsbrosche einzupacken«, sagte er über die Schulter hinweg und lächelte etwas bitter dazu.
N EUNZEHNTES K APITEL
A NJOU I M F RÜHJAHR 1127
Der Hahn war ein mit Juwelen besetztes Bild aus lebendiger Bronze, und er sah geradeso aus, als sei er eben von einer Wetterfahne gestiegen, um durch den Staub zu stolzieren. Wache Topasaugen blinkten, als er seine Umgebung betrachtete. Der Kamm aus Koralle und die Kehllappen bewegten sich stolz an Kopf und Kragen, wenn er im Kreis paradierte, sein Schweif war eine das Licht einfangende Kaskade aus goldenen Federn mit grünen Spitzen, die Beine wieder in Bronze gegossen und mit scharfen, tödlichen Sporen bewaffnet. Hier in der Stadt Anjou hatte er keinen Rivalen mehr, denn alle seine Rivalen waren tot.
Er dehnte seinen Hals, plusterte einen Tuff leuchtender Federn auf und krähte. Es wurden Wetten auf ihn gesetzt. Sein Besitzer hob sich ein wenig aus seiner geduckten Haltung, die Hände auf seinem kostbaren, vergoldeten Gürtel, und sah sich ungeduldig in der Runde um.
»Er verspätet sich«, grollte Geoffrey Plantagenet, der Erbe des Herzogs von Anjou. Er war beinahe so attraktiv wie sein Kampfhahn, hochgewachsen, mit rötlich-goldenen Locken und funkelnden, frostgrauen Augen in einem Gesicht von regelmäßigen, angenehmen Zügen. Goldbänder verzierten den Kragen und die Manschetten seiner Tunika, und der Griff des Dolchs an seiner schmalen Hüfte blitzte von Edelsteinen; wie die Sporen seines Hahns war auch er mit einer tödlichen Klinge ausgerüstet.
»Habt Ihr jemals erlebt, daß William le Clito sich nicht verspätet?« knurrte Robert de Blou und beobachtete den Hahn, der ursprünglich sein Geschenk an den jungen Mann an seiner Seite gewesen war. »Der würde noch zu seiner eigenen Beerdigung zu spät kommen.«
Geoffrey grinste und zeigte dabei seine perfekten, weißen Zähne, aber seine Finger trommelten ärgerlich auf seinen Gürtel. »Er wird sich das abgewöhnen müssen, wenn er weiter die Unterstützung meines Vaters gegen den englischen König genießen will.«
»Mylord, er ist jetzt hier!« rief ein anderer Adliger und zeigte auf den Fluss. Geoffrey wandte den Kopf und beobachtete mit kühler Zurückhaltung das Näher kommen von William le Clito und seiner kleinen Gruppe von Bastarden: unzufriedene Normannen, Flamen und Franzosen und der hochgewachsene, gelbhaarige englische Ritter, der wegen Mordes an einem anderen Adligen aus seinem Land verbannt worden war.
»Ihr habt Euch verspätet«, wandte er sich an den Mann, der gerne Herzog der Normandie geworden wäre und erst kürzlich die Schwester des französischen Königs geheiratet hatte; dabei warf er einen gleichgültigen Blick auf die Frauen, die sie mitgebracht hatten. Dem Aussehen nach nicht unbedingt Huren, aber sie waren es dennoch. Le Clito war vielleicht ein frischgebackener Ehemann, doch das hieß noch lange nicht, daß er sich zurückhalten mußte, wenn ein diplomatischer Besuch in Anjou die Chance zur leichten Sünde bot.
William le Clito zeigte Geoffrey ein Lächeln von blendendem Charme, das allerdings, weil er es so oft verwendete, seinen
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