Die Füchsin
Bogen, die Tore zur Unterwelt. Warrin de Mortimer stieß einen Triumphschrei aus, als das Pferd sich auf die Hinterhand erhob.
Das Pferd kam wieder nach unten, aber schief, gestört durch die blutüberströmte Schulter eines grauen spanischen Hengstes. Ein Vorderhuf klapperte gegen Adams Schild. Der taumelte, blieb aber auf den Beinen, und Warrin wurde von seinem Pferd auf den Boden gerissen. In diesem Augenblick war Aubrey bei ihm und setzte ihm die Spitze seines Schwertes an die Kehle.
Lyard zitterte und schwitzte; er ließ den Kopf hängen, und sein Schweif war schlapp. Adam ging mit vorsichtigen Bewegungen auf ihn zu. Die Beine des Rosses bewegten sich so ziellos wie bei einem neugeborenen Fohlen. Adams Gesicht war kalkweiß vor Zorn, als er steif zurückstakte zu de Mortimer.
»Was habt Ihr mit meinem Pferd gemacht?« fuhr er ihn an und nahm Aubrey das Schwert ab.
»Ich bin Eurem räudigen Biest nicht einmal in die Nähe gekommen!« Warrin schaute an der Klinge der Waffe entlang, und Adam starrte nach unten; dabei zuckte ein Muskel an seiner Wange.
»Wahrscheinlich hat er im Verlauf des Kampfes einen Schlag auf den Schädel bekommen.«
»Wisst Ihr, warum dieser Teil eines Schwertes auch die ›Blutgosse‹ genannt wird?« Adams Ton war fast freundlich. Er begann gegen den Griff zu drücken.
»Genug!« kommandierte Geoffrey von Anjou, der neben Adam von seinem Pferd gestiegen war. »Dieses Turnier soll Eure Geschicklichkeit unter Beweis stellen und ist keine Fortsetzung Eures Gottesgerichtes. Ihr könnt Euch beide schämen.«
»Schämen?« brüllte Adam ungläubig. »Schaut doch, wie dieser Hurensohn mich überfallen hat, in der festen Absicht, mich zu ermorden! Wenn sich hier jemand zu schämen hat, dann gewiß nicht ich.«
»Wisst Ihr sicher, daß er etwas mit Eurem Pferd angestellt hat?« fragte Geoffrey kalt. Sein Gesicht war gerötet vor Zorn.
»Aber, bei Gott, das ist doch mehr als klar zu erkennen!« fuhr Adam ihn an. Geoffrey starrte auf ihn. Adam bemühte sich um Beherrschung, versuchte eine höfliche Verbeugung und gab dann das Schwert an Aubrey zurück. »Wenn Ihr nach Beweisen sucht, werdet Ihr sie finden«, sagte er ruhiger, aber immer noch mit großem Nachdruck. »Ich erkenne es jedenfalls, wenn man mir eine Falle stellt – wie einer verdammten Übungspuppe auf dem Waffenhof.«
»Was ist denn los hier?«
Sie wandten sich alle William le Clito zu, der sich von seinem schwarzen Percheron-Roß herunterbeugte. Der Schweiß lief auch ihm über das rosige Gesicht, tropfte ihm in die Augen und ließ ihn blinzeln. Er wischte sich die Feuchtigkeit wenig wirkungsvoll mit dem Rand seines Kettenhandschuhs ab.
»Eine Ehrverletzung von einem auf Eurer Seite«, sagte Geoffrey. »Ich schlage vor, Ihr entfernt ihn und haltet ihn gefangen, bis wir entscheiden, wie schwer seine Verfehlung ist.«
Le Clito schürzte die Lippen. »Persönliche Abneigungen machen diesen Sport gefährlich, und in der Hitze des Gefechts vergisst auch einmal einer meiner Männer die Regeln des Anstands«, sagte er glatt und besänftigend.
»Ist dies vielleicht das Ergebnis einer solchen Vergesslichkeit?« Adam zeigte auf Lyard. Aubrey war inzwischen aufgetaucht und versuchte, das zitternde Pferd an den Rand des Kampfbereichs zu bringen. »Und ist das hier vielleicht eine Turnierwaffe?« Damit stieß er mit der Zehe gegen die Kugel des Morgensterns.
Le Clito betrachtete die Beweise, dann schaute er hinunter auf Warrin, der sich inzwischen aufgesetzt hatte, den Helm auf dem Gras neben sich. Sein Gesicht war aschgrau, und die Narbe an seiner Wange trat in ihrem hellen Rot deutlich hervor. »Was habt Ihr zu sagen?« fuhr ihn le Clito an.
»Ich habe das Pferd nicht berührt. Ich wollte de Lacey in den Staub ziehen, ja, und seinen Stolz durch sein Blut stillen, wie er es bei mir gemacht hatte; dabei bin ich zu weit gegangen.« Er starrte auf den Boden, und sein Gesicht war völlig ausdruckslos.
»Verdammter Bockmist!« brüllte Adam.
Geoffrey schaute in die Runde. Das Turnier war am Anhalten, und viele Männer kamen herüber, um der Auseinandersetzung zuzusehen.
»Mylord?« fragte er le Clito.
Der Ältere biss sich auf die Unterlippe, sah, daß er keine andere Wahl hatte, und nickte dem Knappen neben sich zu. »Etienne, Ihr führt Warrin vom Feld ab und bringt ihn in mein Quartier, bis ich dort bin.«
Geoffrey nickte und stieg wieder auf seinen Grauen. Zu Adam sagte er mit leiser, scharfer Stimme: »Ist das ein Beispiel des
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