Die Füchsin
den Kopf, seine Stimme war schwer von Selbstverachtung, und er trank einen Schluck von dem kalten, sauren Wein. Unnötigerweise zupfte er dann an der Decke, die den Hengst vor der Kälte schützen sollte. »Austin sagt, daß einer von den Straßenjungen Lyard mit zwei schrumpeligen Äpfeln gefüttert hat. Der Knappe hat sich nichts Böses dabei gedacht, und ich hätte es vermutlich auch nicht – höchstens im nachhinein. Ein Straßenjunge würde ein Streitross nicht mit Äpfeln füttern, wenn er nicht dafür bezahlt worden wäre. Er würde sie selbst essen.«
»Und du glaubst, daß es das war, was Lyard in diesen Zustand gebracht hat?«
»Ich bin ziemlich sicher. Wie könnte man besser das Schicksal auf seine Seite bringen, als wenn Lyard im entscheidenden Augenblick versagte? Warrin brauchte das Pferd dann nur noch zu beobachten und auf seine Chance warten.«
»Was wird mit ihm geschehen?«
»Nicht viel, furchte ich. Aus Gründen politischer Diplomatie wird man die Sache so schnell wie möglich vergessen. Le Clito kehrt mit seinem Gefolge nach Frankreich zurück, und wir reiten heim nach England. Die Wellen im Teich wandern an den Rand und verschwinden.« Er zeigte ein betrübtes Gesicht. »Mein Gott und Herr«, sagte er leise, als er den leeren Becher abstellte, »ich wünschte, wir wären schon zu Hause.«
Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Ein Schauer der Vorahnung lief ihr über den Rücken.
»Ich auch«, antwortete sie in einem tiefgefühlten Flüstern. »Adam, ich auch.«
***
»Wie konntest du nur so ein Idiot sein?« zischte William le Clito und funkelte den Mann an, der ausgestreckt auf dem Bett lag. »Schön, Adam de Lacey schuldet dir etwas, das nur mit seinem Leben bezahlt werden kann, aber warum hast du es so eilig? Und wenn – du hättest wirklich etwas weniger Auffallendes arrangieren können. Wenn das deine Fähigkeiten sind, ist es kein Wunder, daß Mathilda sicher in Windsor angekommen ist.«
»Es war nicht so auffallend gedacht«, sagte Warrin mürrisch, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ die Achselhöhlen sehen, in denen Büschel von drahtigem, blondem Haar wuchsen. »Die Idee an sich war gar nicht so schlecht. Es war reines Pech, daß der Bursche im falschen Augenblick angegriffen hat. Wenn nicht, wäre diese Welt jetzt Adam de Lacey los, und keiner würde wissen, warum.«
»Du glaubst, es hätte niemand gemerkt, daß sein Pferd wie ein Betrunkener herumgetaumelt ist?« Le Clito fuhr sich mit der Hand durch das feine, schütter werdende Haar. »Glaubst du, niemand hätte die Hufabdrücke auf dem Körper deines Opfers bemerkt, und niemand hätte den Schecken erkannt, den du geritten hast? Großer Gott, du bist wirklich ein Idiot!«
»Bei solchen Turnieren passiert immer mal ein Unfall. Sein Pferd wurde auf den Kopf geschlagen. Ich konnte meines nicht daran hindern, auf ihm herumzutrampeln. Ich wurde hingerissen von der Hitze der Schlacht. Das kommt häufig vor, und es gab sogar einen Zeugen, der meine Aussage bestätigt hätte: den kleinen Angeviner mit den roten Stiefeln, der das Würfelspiel mehr liebt, als ihm gut tut.«
Le Clito schnäuzte sich verächtlich. »Sei dem, wie es sei: Du hast mehr als nur Glück, jetzt hier zu liegen auf diesem Bett und nicht auf dem Stroh in einer Zelle. Ich mußte den Fürsten mit allen Argumenten überreden, daß er dich nicht in sein Fort geworfen hat. Nur die Tatsache, daß wir sofort nach Frankreich zurückkehren, hat ihn davon abgehalten.«
Warrin fuhr hoch. »Nach Frankreich?« wiederholte er erschreckt.
»Du warst nicht dabei, als wir es besprochen haben. Eine Botschaft von meinem Schwiegervater. Charles von Flandern wurde bei seinen Gebeten ermordet, das heißt, die meinen wurden erhört.« Ein Grinsen spaltete sein rundes Gesicht. »Man hat mir die freie Grafschaft angeboten: William, von Dolches Gnaden Graf zu Flandern. Was hältst du davon, wenn wir uns auf einem flämischen Schloß niederlassen, und du bekommst ein breitärschiges Weib mit gelben Zöpfen?«
»Man hat dir Flandern angeboten?« Sein Erschrecken verstärkte sich noch; er konnte nicht glauben, was er gehört hatte.
»Von Louis von Frankreich, dem Oberherrn der Grafschaft. Aber es gibt andere, die ihren Anspruch darauf anmelden werden, und deshalb müssen wir sofort hin. Es stehen harte Kämpfe bevor, und wenn ich sie einigermaßen überstehe, bin ich nicht nur ein Dorn im Fleisch meines Onkels Henry. Dann bin ich ein riesiger Speer.« Er ließ die
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