Die Füchsin
Umarmung.
»Adam, nicht!« keuchte sie, zutiefst gerührt von verwirrenden Sensationen, die sie für tot und begraben gehalten hatte und die bestimmt nicht ausgerechnet hier und jetzt wiederbelebt werden durften. Sie fuhr sich mit dem Ärmel über die Lippen, als wollte sie seinen Geschmack loswerden. Ihre Beine waren weich geworden. »Großer Gott, nein!«
»Heulwen!« Er ging einen Schritt auf sie zu, die Hände einladend ausgestreckt. »Es ist doch nicht …«
Zitternd wich sie vor ihm zurück. »Rühr mich nicht an!« Sie nahm ihren Umhang von dem Hocker, auf den sie ihn geworfen hatte, Panik in den Augen. »Ich meine es wirklich. Ein Schritt näher, und ich schreie, daß die Wachen zusammenlaufen. Ich bin kein geiles, kleines Küchenmädchen, das umfallt, sobald man es ein bißchen tätschelt. Wenn du die Art von Vergnügen willst – du weißt, wo sich der Wachraum befindet.«
Adams Augen verdunkelten sich. Hin- und hergerissen zwischen dem Zorn darüber, daß sie es auf eine so gemeine Ebene herabzerrte, und darüber, daß er so sehr die Kontrolle verloren hatte, konnte er sie nur wortlos anstarren. Heulwen erwiderte den Blick. Die Luft zwischen den beiden zitterte. Mit einem leisen Schrei drehte sich Heulwen um und floh.
»O heiliges Blut Christi!« fluchte er und machte einen Satz, um sie zu verfolgen, aber in der Dunkelheit stolperte er über irgend etwas, stürzte zwischen irgendwelche Hindernisse, und die gestörten Schläfer fluchten, diesmal in Englisch, auf ihn. Adam stieß eine scharfe Erwiderung in Gossen-Französisch aus und rappelte sich hoch. Im schwachen Licht des gedrosselten Feuers sah er die schnarchenden Diener und Soldaten, den Widerschein des polierten Throns aus Eichenholz oben auf dem Podium, ein Pärchen, das sich unter einer Decke bewegte, und einen träumenden Hund, der mit den Pfoten zuckte. Von Heulwen keine Spur.
Wieder fluchte Adam, diesmal über seine eigene Dummheit, und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Er hatte sie nur trösten wollen, hatte nicht gewußt, wie schmal die Linie war zwischen Trost und Verlangen, und der Mangel an Urteilsfähigkeit hatte ihn viel gekostet. Der Gedanke an ihren Zorn ließ sein Fleisch gefrieren bis zu den Knochen. Und zugleich erfüllte der Gedanke an ihren Körper ihn noch einmal mit einer Hitze, die er nicht beherrschen konnte.
Er kehrte in den abgetrennten Raum zurück, fand die gekreuzten Flaggen an den Wänden und seinen Glasbecher und machte sich daran, Vergessenheit zu suchen in einem Schlaf, von dem er wußte, daß er nicht kommen würde.
D RITTES K APITEL
Miles, der Herr der Burgen von Milnham und Ashdyke, sah seinem jüngsten Enkelsohn zu, wie dieser hüpfte, sich drehte und mit seinem hölzernen Schwert gegen einen unsichtbaren Feind kämpfte. Der alte Mann seufzte tief und legte seine schmerzenden Beine auf den Hocker, den ihm Heulwen aufmerksamerweise gebracht hatte.
»Es ist lange her, daß ich auch nur halb so beweglich war«, sagte er in etwas betrübtem Ton. »Er ist schneller als ein Floh.« In seinen Augen stand Stolz geschrieben, denn der schlanke, kleine Junge hatte viel von ihm geerbt; zumindest sah er es so, wenn er sich erinnerte an die unbeschwerten Tage seiner Kindheit, die nun schon sehr lange zurücklagen.
Auch Heulwen beobachtete ihren Halbbruder und zuckte zusammen, weil er um ein Haar das Wasserbecken umgestoßen hätte. »Ich habe Angst, daß er dich ermüdet, Großvater«, schalt sie und brachte dem Alten einen Becher Wein.
»Aber nein.« Miles grinste. »Es war mir ein Vergnügen, ihn bei mir zu haben. Er hat schon ganz allein einen Hasen gefangen und ihn sogar abgezogen und ausgenommen, wie du weißt. Deine Stiefmutter hat versprochen, ihm aus dem Pelz zu Weihnachten einen Kragen für seine Tunika zu machen, und dafür schenkt er ihr eine der Pfoten in einer silbernen Fassung, damit sie sie sich an den Gürtel hängen kann.«
Heulwen lächelte pflichtbewusst, aber der Ausdruck erreichte nicht ganz ihre Augen, die voller Sorgen waren. Miles suchte ihre Finger und drückte sie. Sie schaute hinunter auf seine Hand. Sie war braun mit dunklen Flecken und einem blauen Netzwerk knotiger Adern, aber hart und fest, und wenn eine von beiden Händen zitterte, dann war es die ihre. Sie biss sich auf die Unterlippe und warf ihm einen Blick zu, den er mit der Gelassenheit seines Alters erwiderte. »Wir hatten Besuch, während du mit William unterwegs warst, Großvater.«
Miles nickte langsam und lächelte
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