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Die Füchsin

Die Füchsin

Titel: Die Füchsin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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verdächtige Silber in Ralphs Kassette wegließ. »Ich weiß, Großpapa, ich hätte taktvoller sein sollen, aber ich hatte Angst. In einem Augenblick hat er mich zu trösten versucht, im nächsten hat er mich geküßt …«
    Miles schloß die Augen und stellte sich Adam de Lacey vor, wie er ihn in Erinnerung hatte: ein ruhiger junger Mann mit ernsthafter, aufrechter Haltung und direkten goldenen Augen unter einem glatten, dichten Schopf bronzebraunen Haars. Ein erstklassiger Reiter und Pferdekenner, gut mit dem Schwert, besser noch mit der Lanze und keineswegs voll der Flausen, wie sie ihm eben von Heulwen beschrieben wurden. Er schaute seine Enkelin nachdenklich an und wußte sehr wohl, daß sie ihm nicht die ganze Geschichte erzählt hatte. Sie wußte ebenso, daß er es vermutete, denn sie hatte die Augen gesenkt, und ihre Wangen waren rosa geworden.
    »Es ist töricht«, knurrte er, »aber kein Wunder. Zum Teil hast du selbst es verschuldet. Du brauchst kein Schauglas, um zu wissen, daß du auf Männer attraktiv wirkst. Ihre Augen haben es dir immer gesagt.«
    »Ich selbst kann schließlich nichts dafür«, erwiderte sie zornig.
    »Du hast mich unterbrochen«, erklärte Miles mit geduldigem Lächeln. »Ich wollte sagen, daß ein jeder junger Mann, der sich allein findet mit dir, auf deine Einladung hin, in der dunkelsten Stunde der Nacht, über seine Grenze schreiten würde, von der er bis dahin vielleicht gar nichts gewußt hat. Wahrscheinlich hat er dich zuerst nur trösten wollen. Soviel ich weiß, ist Adam de Lacey kein Typ, der locker mit Frauen umgeht. Dein Vater hatte niemals Ärger mit ihm wie mit dem jungen Miles und seinen Abenteuern.«
    »Glaubst du, ich sollte mich bei ihm entschuldigen?«
    »Nicht unbedingt, aber ich glaube, daß du ein bißchen hart gewesen bist mit ihm. Du hast aus einem Maulwurfshügel ein Gebirge gemacht.«
    Heulwen senkte den Blick und fummelte an der emaillierten Spange ihres Gürtels herum. Das hohe Alter ihres Großvaters hatte keineswegs seinen Verstand getrübt, und sein schlauer Blick machte sie nervös. Sie sagte rasch: »Großpapa, ich glaube, du hast recht. Ich werde die Sache in Ordnung bringen, so gut ich kann.«
    Das Licht fing die silbergrauen Stoppeln seines Barts ein, als er schluckte. »Du könntest dir weiß Gott einen Schlechteren als Adam de Lacey zum Mann aussuchen«, sagte er und beobachtete sie scharf dabei. »Der Bursche ist ganz eindeutig in dich verliebt, und man hält viel von ihm, sogar in königlichen Kreisen.«
    Sie ließ sich vor seinen Füßen auf die Knie fallen; ihr war schwach geworden angesichts solcher Aussichten. In ihrem Kopf drehte sich alles, und sie brauchte eine Ausrede für etwas, das einmal die Wahrheit gewesen war und jetzt nicht mehr. »Großpapa, ich könnte ihn nicht zum Mann nehmen – das wäre, als wenn ich einen meiner Brüder heiratete«, fügte sie verteidigend hinzu. »Außerdem bin ich schon so gut wie versprochen.«
    »Ich verstehe.« Er nickte klug. »Du bist also immer noch bereit, de Mortimers Angebot zu akzeptieren?«
    »Ja, Großpapa.« Sie schaute ihn von unten durch ihre pechschwarzen Wimpern an. »Nach Ralph bin ich dankbar für einen Mann, der mich nicht jedes Mal, wenn er unterwegs ist, in Anfälle der Eifersucht versetzt.«
    Ja, dachte er, sie hatte die Leidenschaft gekannt und war von ihrer Hitze verzehrt worden, aber es hatte keinen heilenden Balsam gegeben für die zerstörerischen Kräfte, nur Lügen, Betrug und Selbsttäuschung. Und sie war viel zu jung gewesen, um zu verstehen. Eine Ehe, die nicht viel mehr als ein geschäftliches Übereinkommen war, schien ihr momentan zu genügen, aber wie stand es in der Zukunft? Ihre Zöpfe hatten die Farbe von flüssigem Feuer, und sie kennzeichneten ihren Geist. Es konnte nichts Gutes werden, wenn sie versuchte, sich in eine Nische zu zwängen, für die sie nicht gemacht war – doch wie konnte er es ihr erklären, wenn sie nicht imstande war, aus den Bäumen der Vergangenheit das Holz der Zukunft zu sehen?
    »Heulwen …«, begann er, und dann überkam ihn eine große Müdigkeit. Er kam sich vor, als ob all sein Mark aus den Knochen in das Laub des Bodens tropfte.
    »Großvater, fühlst du dich nicht wohl?« Sie war auf den Beinen, erschreckt von den grauen Flecken unter seinen Lidern. »Hier, trink noch einen Schluck Wein.«
    Miles sah, wie sie nach dem Krug tastete, dann schloß er die Augen. Als sie ihm den Becher wieder in die Hände drückte, öffnete er die

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