Die Füchsin
Augen wieder, aber seine Lider fühlten sich so schwer an, als ob das Blei des Todes sie bereits beschwerten.
»Großpapa, es tut mir leid. Ich hätte dich nicht damit belästigen sollen.« Ihre Stimme zitterte.
Er streckte die freie Hand aus und berührte leicht ihr Gesicht, als sie sich über ihn beugte. Ihre Wangen waren nass. »Nein, Liebes, du darfst dir keine Sorgen machen«, sagte er mit der Parodie auf ein Lächeln. »Es geht mir gut, ich bin nur sehr müde. Aber wir sprechen noch darüber, wenn ich Zeit gehabt habe, ein bißchen auszuruhen.«
»Es ist nicht wichtig, Großpapa. Ich mache meinen Frieden mit Adam, und sobald Warrin aus der Normandie zurückkommt, nehme ich seinen Antrag an. Damit ist die Sache dann beendet. Ich gehe jetzt und hole Mama.«
»Kind, wie wär's, wenn du mir alles von Anfang an erzählen würdest?« flüsterte er rau, aber zur Luft, denn sie hatte bereits die Röcke gerafft und eilte durch die Halle.
V IERTES K APITEL
Schwitzend schloß Adam die Augen gegen die Sonne und trank den Wein mit durstiger Kehle direkt aus dem Schlauch. Ihm gegenüber ließ Aubrey FitzNigel seine Schwertspitze im Staub ruhen und wischte sich die Stirn mit der Rückseite seiner Hand. Der rote Saft rann durch Adams Kehle und verteilte sich in funkelnde Bächlein in seinem spärlichen, blonden Brusthaar. Als er fertig war, reichte er den Schlauch dem Ritter, bückte sich nach vorn, die Hände auf den Knien, und blies durch seine aufgeblähten Backen.
»Ihr seid aus der Übung.« FitzNigel grinste, trank einen herzhaften Schluck und keuchte dann zufrieden, ehe er hinzufügte: »Ich hätte euch getötet, wenn wir mit scharfen Schwertern statt mit diesen Walfischknochen-Imitationen gekämpft hätten.«
»Hättet ihr nicht.« Adam erwiderte das Grinsen mit einer gehörigen Portion Selbstsicherheit. Übung war Übung, eine Wiederholung verschiedener Bewegungen in einem sich ständig verändernden Tanz der Aggressionen, bis die Perfektion erreicht war – nötig, aber eben ohne den tödlichen Vergleich, der dem echten Zweikampf seinen Reiz verleiht. Es lag eine bestimmte Zufriedenheit darin, seine eigene Geschicklichkeit gegen die eines anderen zu setzen und zu wissen, daß der Einsatz sein eigenes Leben oder das des anderen war. Aber da er nicht die Absicht hatte, seinen Captain umzubringen, war Adams Hieb zuletzt so stumpf gewesen wie das Schwert, das er dazu benutzte.
Aubrey trank zu Ende, verkorkte dann den Weinschlauch und warf ihn hinüber zu Austin, zu dessen Ausbildung diese Übung eigentlich stattfand. »Möchtet ihr mit mir?« forderte er Adam heraus, spuckte in die Hände, hob seinen Schild und duckte sich dahinter in Verteidigungsstellung.
Adam wischte sich die rechte Hand an der Hose ab und legte sie wieder um den Schwertgriff. »Ich möchte dir nicht deine hartverdienten Münzen abnehmen«, erwiderte er und änderte seine Stellung auf dem hartgetretenen Boden des Burghofs von Thorneyford. Als Aubrey zum Angriff überging, sprang er über das niedrig geschwungene Schwert und unter der Deckung des Knappen hindurch, wich dem Schild aus und fuhr mit dem Schwert unten durch. Aubrey sprang rückwärts wie ein erschrecktes Kaninchen, und zugleich stieß er ein Keuchen aus. Lachend setzte Adam seinen Angriff fort.
Pferdehufe klapperten durch den Eingang in den Vorhof. Pferdeknechte kamen heraus, und ein Diener lief in den inneren Hof und wandte sich an den Herrn.
»Lord Adam«, rief Austin, »Miles le Gallois ist hier. Er bringt Euch ein paar Pferde und bittet um einen Augenblick von Eurer Zeit.«
Adam schätzte den Hieb des anderen falsch ein, verlor das Gleichgewicht und sah wiederum Aubreys Schwertspitze und seine klaren Augen auf sich gerichtet. Er schob die Waffe des Knappen angewidert beiseite.
»Entschuldigung, Herr«, sagte Austin und biss sich auf die Unterlippe.
»Ich bin selbst daran schuld, war nicht konzentriert.« Er warf dem jungen Burschen das stumpfe Schwert zu. »Hier, nimm du meine Stelle ein und sieh zu, ob du es besser machst als ich.«
»Das dürfte nicht schwer sein unter den Umständen«, spottete Aubrey.
Adam streckte ihm zwei Finger entgegen in einer beredten englischen Geste, ließ seinen Schild fallen, um seine Tunika aufzuheben und sie über eine Schulter zu hängen, ging dann zwischen zwei Lagerschuppen hindurch und hinaus in den Vorhof.
Ein alter Mann stieg vorsichtig von Ralphs kastanienbraunem Ross. Hinter ihm, einen Ausdruck nachdenklichen Vergnügens auf
Weitere Kostenlose Bücher