Die Füchsin
dem Gesicht, ließ Renard die Zügel des Rotfuchses los, während noch weiter dahinter an einer Führleine der Schecke ungeduldig von einem Lauf auf den anderen trat.
»Lord Miles!« Adam ging mit aufrichtiger Freude auf den Alten zu und streckte ihm die schwielige Hand entgegen. »Das ist wirklich eine freudige Überraschung!«
Miles ergriff die ihm angebotene Hand. »Das soll es auch sein«, antwortete er warm, schaute dann fragend auf Adams halb angezogenen Zustand und das staubige Hemd, das er sich über die Schulter gehängt hatte.
»Ich habe im inneren Hof meine Schwertkünste geübt und war heute alles andere als gut. Ich bin froh, daß ich damit aufhören kann.« Er wischte sich mit der freien Hand das vom Schweiß gedunkelte Haar aus der Stirn.
»Großpapa hat dir diese da auf dem Nachhauseweg mitgebracht, weil du sie neulich vergessen hast, als du uns so dringend verlassen musstest.« Renard deutete auf die Pferde, und dazu grinste er boshaft. »Meine Schwester hat sonst nicht diese Wirkung auf Männer, eher das Gegenteil.«
Adam warf Renard einen kühlen Blick zu. »Vielleicht kenne ich sie zu gut«, erwiderte er.
Renard zuckte mit den Schultern. »Oder nicht gut genug.« Er liebkoste Lyards behaarte Schnauze und warf einen Blick auf seinen eigenen, grauen Halbblut-Renner. »Er reitet sich wie Seide. Der alte Starlight ist im Vergleich dazu rau wie Sackleinwand.«
Miles lächelte ihn von der Seite an. »Du scheinst einen teuren Geschmack zu entwickeln, Junge.«
»Warum nicht? Ich bin doch der Erbe, oder?« Es war flapsig dahingesagt, aber Renards Augen, bevor er sie mit seinen Lidern und den dichten Wimpern bedeckte, waren grimmig im Ausdruck, fast bitter. Das Geräusch des Waffenspiels klang herüber aus dem Innenhof. Renard verließ die Pferde und ging darauf zu.
»Zu schlau als gut ist der Bursche in seinem Alter«, sagte Miles, während die Pferdeknechte den Rössern die Sättel abnahmen und sie und die anderen Reittiere zum steinernen Wassertrog führten. Es sei früher einmal ein Sarg gewesen, hatte der Priester gesagt, und vermutlich ein römischer, denn auf der Seite waren noch Überreste einer verwitterten lateinischen Inschrift zu sehen. »Mit einer solch scharfen Zunge muß er erst lernen, wann er den Mund halten soll und wann nicht.«
»Er ist noch keine sechzehn, und die meisten Jungen in diesem Alter sind in gewissem Umfang indiskret«, sagte Adam und dachte an die Entgleisungen seines eigenen Knappen von vorhin.
»Oder sagt man sich das nur, um ihn zu entschuldigen?« Miles ließ sich vom Aufsteigeblock mit Seufzen auf den Boden und breitete die Handflächen auf den Knien aus.
Adam lachte, nickte zustimmend und gab einem Diener ein Zeichen. »Ihr bleibt doch, um mit uns Fleisch zu essen?«
Miles nickte und fügte dann abschließend hinzu: »Nein, er ist eigentlich ein guter Junge. Sie haben ihn beauftragt, daß er mich nach Hause begleitet, vielleicht auch, um ihn ein paar Tage loszusein, und außerdem braucht er die Verantwortung und Erfahrung, Untergebene zu kommandieren. Vielleicht auch, weil ich vor ein paar Tagen nicht gut beisammen war.«
Adam schaute ihn besorgt an. Miles wedelte durch die Luft, und ein angewiderter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
»Es war nichts, meine eigene Schuld. Ich habe mich überanstrengt, weil ich versuchte, es einem Sechsjährigen gleichzutun. Es heißt ja, das Alter kehrt oft zur Kindheit zurück. Nun, ich habe für meine Torheit bezahlt. Judith und Heulwen haben mich zwei Tage lang ins Bett gepackt und niemanden in meine Nähe gelassen.« Ein spöttisches Funkeln lag in den von faltigen Höhlen umgebenen Augen. »Ich habe ihnen gesagt, lieber liege ich gleich in der Kapelle, und war ein so schwieriger Patient, daß sie mich schließlich aus dem Haus geworfen haben!« Er schaute sich um nach den Pferden, die um den Wassertrog standen, dann warf er einen schlauen Blick auf Adam. »Heulwen hat mir gesagt, warum ihr miteinander gestritten habt«, erklärte er leise.
Adam warf sein Hemd auf den Boden und setzte sich daneben, mit dem Rücken zu Miles, damit dieser sein Stirnrunzeln nicht sehen konnte. »Hat sie?« sagte er in gleichgültigem Ton, wand seine Finger um einen Büschel Gras, der zwischen seinen Füßen wuchs, und riß ihn aus der trockenen Erde.
Adam mochte ihm den Rücken zugekehrt haben, aber Miles sah natürlich, wie sich seine Rückenmuskeln bewegten; er fühlte die Spannung, die auf einmal in der Luft lag, und war froh,
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