Die Füchsin
sie durch die fast geschlossenen Lider. »Einer ihrer Brüder hat es aus dem Osten mitgebracht, mit wilden Geschichten, wie es ihm gelang, die Kassette samt Inhalt zu retten. Ich wollte es dir schon vor einiger Zeit geben, aber ich habe es einfach vergessen. Der Schmuck gehört dir. Es waren die ganz persönlichen Juwelen meiner Mutter, die nicht mit dem allgemeinen Besitz vererbt wurden.« Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Es ist nicht viel. Offenbar sah ihr erster Mann keinen Grund, eine Frau mit Schmuck vollzuhängen, wenn er sein Geld besser verwenden konnte, und mein Vater, ihr zweiter Mann – nun, über den brauche ich ja wohl nicht viele Worte zu verlieren.«
Heulwen saß auf dem Bett, und nach einem Blick auf ihren Mann hob sie den Deckel der Schatulle. Eine bescheidene Sammlung glitzerte ihr aus dem Inneren entgegen. Zwei Paar Ohrringe im byzantinischen Stil, vermutlich Geschenke von dem bewussten Bruder, ein Schmuckgürtel aus emaillierten Bronzegliedern und eine Börse mit Verschluss aus Cloisonne, die man an den Gürtel hängen konnte. Weiter ein irisches Armband aus geflochtenem Gold, eine einfache silberne Umhangschließe und zierliche vergoldete Schuhschnallen.
Sie dankte ihm nachdenklich und überlegte sich, warum er ihr die Dinge ausgerechnet jetzt gab: vielleicht als Beschwichtigung ihres verletzten Stolzes? Oder um ein ärgerliches Kind zu beruhigen?
Adam kam aus der Wanne, trocknete sich ab, zog sich sein Nachthemd an und setzte sich dann neben sie. »Du hast noch nicht die untere Schublade geöffnet«, sagte er und nickte auf die Kupferintarsien des unteren Teils. Sie verengte die Augen, um genauer zu schauen, und sah, daß das, was sie für dekorative Knöpfe gehalten hatte, einem Zweck diente. Als sie sachte daran zog, glitt die Schublade heraus. Sie stieß einen kleinen Überraschungslaut aus und nahm die Brosche heraus, die in der Schublade lag.
»Dein Großvater meinte, ich sollte sie dir geben, wenn ich den Zeitpunkt für richtig halte«, sagte Adam und betrachtete Heulwen eindringlich.
Sie schaute das Schmuckstück an. »Großpapa hat sie dir gegeben? Die Wolfsbrosche?« Sie hob den Blick, und der ihre traf sich mit dem seinen.
»In der ersten Nacht, als wir von Windsor zurück waren, mit einer Warnung, uns vor ihrer Fruchtbarkeitswirkung zu hüten, was wir ja bisher noch nicht sehr befolgt haben, oder?« Dazu zuckte er mit den Schultern.
»Er hat großen Wert darauf gelegt«, murmelte sie und zeichnete die Figur des Wolfs mit einem Zeigefinger nach.
»Genau wie auf dich.« Er berührte ihr Haar. »Wirst du später bei ihm Wache halten?«
»Ja«, sagte sie gepresst durch ihre von Tränen erstickte Kehle.
»Dann trag die Brosche für ihn.« Er drehte sich herum, um ihr einen Kuß zu geben, trennte sich aber gleich wieder von ihr und ging hinüber zum Tisch, um die lästige Pflicht mit Feder und Pergament zu erfüllen. Sie hörte, wie er sich alles zurechtlegte, hörte, wie Wein in einen Becher gegeben wurde, das leise Geräusch eines Stück Brotes, das gebrochen wurde. Die Brosche erwärmte sich in ihrer Hand, und die Augen aus Karneol schienen im Kerzenlicht zu flackern, als ob sie lebendig wären. Sie mußte an Ralph denken. Der leichtsinnige, charmante, unverantwortliche Ralph, der sich längst in die Sicherheit der Arme einer anderen Frau geworfen hätte statt eine so endlose Prüfung der Gefühle auf sich zu laden. Dann dachte sie an Warrin, der sie mit äußerlichem Glanz geschmückt hätte, einem Glanz, den alle sehen konnten, und der danach mit ihrer Dankbarkeit gerechnet hätte. Hinter ihr knackte eine Feder, und Adam fluchte mit einem Mund voll Brot. Wein wurde wieder in den Becher geschenkt.
Er hatte sich diskret zurückgezogen, gab ihr Gelegenheit, nachzudenken und sich zu fassen, war da, wenn sie ihn brauchte, aber drängte sich ihr nicht auf. Sie schaute auf ihn, wie er den Brief an ihren Vater schrieb. Schon hatte er Tintenflecken an den Fingern, und als er sich nachdenklich mit der Hand über das Gesicht strich, hinterließ er schwarze Striche auf Stirn und Wangen. Eine wilde Zuneigung bewegte sich in ihr, ganz anders als ihre Gefühle für Ralph gewesen waren, ein Erwachen, das Erkennen des Schmetterlings, daß er Flügel hatte. Sie erhob sich, trat hinter ihn, legte ihre Arme um seinen Hals und rieb ihre Wange an der seinen. »Adam, ich danke dir«, sagte sie leise.
Seine Antwort war nicht etwa ein Lächeln, sondern ein Fluch, weil gerade seine
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