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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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beginnt, ihren Bruder zu necken. Mit leicht zusammengekniffenen Augen und spitzen Lippen, die Ellbogen auf dem Tisch, beugt sie sich zu ihm vor.
    »Ich weiß übrigens, dass du mal wieder mein iPhone hattest. Nur weil du zu faul bist, deins aufzuladen, hast du noch lange nicht das Recht, meins zu klauen, wann immer es dir passt. Hör gefälligst auf, dich bei mir zu bedienen.«
    Matt verdreht die Augen und sieht mich dann mit einem Blick an, der zwischen Verärgerung und Belustigung schwankt. »Vielen Dank auch«, zischt er und ich bin schon wieder total verunsichert. Meint er das jetzt ironisch? Gerade als ich beschließe, dass das ganz bestimmt der Fall ist, steht er auf.
    »Bis später«, sagt er, ohne sich an irgendjemanden im Speziellen zu wenden.
    »Ciao«, sage ich leise und wünschte, mir würde irgendetwas einfallen, damit er bliebe.
    Audrey und ich einigen uns wenig später darauf, in ein neu eröffnetes Shopping Center zu fahren, das ihrer Meinung nach das Einkaufsparadies sei. Nachdem wir ihrer Mutter Bescheid gesagt haben, fahren wir in ihrem strahlend gelben Auto los. Am liebsten würde ich mit ihr über Matt, Matt und noch mal Matt zu sprechen. Aber zugleich ist es mir wichtig, auch Audrey besser kennenzulernen. Sie soll nicht denken, ich sei nur an ihrem Bruder interessiert, und so beschließe ich, als wir durch das klimatisierte Atrium gehen, dass ich nicht mehr als drei Fragen über Matt stellen darf.
    Während wir durch die Gänge an den Läden von GAP, Abercom bie & Fitch und Hot Topic vorbeischlendern, reden Audrey und ich über Gott und die Welt. Eine halbe Stunde später weiß ich, dass sie ihre Haare in dem Salon in der ersten Etage hat färben lassen, dass sie Glasaufzüge liebt, irgendwann einmal nach Paris möchte, in der Schule aber Spanisch gewählt hat, lieber kleine Laugenbrötchen als große Laugenbretzeln mag und ein heimliches Faible für Historisches hat.
    »Ich hätte ja gern Schwung in die viktorianische Zeit gebracht«, sagt Audrey, während sie in einem Laden ein gerafftes, viktorianisch inspiriertes T-Shirt befühlt.
    »Oh ja, das würde zu dir passen«, antworte ich. »Aber Korsetts? Nein danke.«
    »Ich wette, so schlimm sind sie gar nicht, wenn man sich erst daran gewöhnt hat.«
    Ich werfe Audrey einen Blick zu, als würde ich sie für nicht ganz zurechnungsfähig halten und begebe mich dann auf die andere Seite des Ständers.
    »Ich mag das Lied, das die gerade spielen«, sage ich und singe leise mit, während ich mir Hosen anschaue, die ich mir nicht leisten kann. Fast meine gesamten Ersparnisse sind für die Einrichtung meines neuen Zimmers draufgegangen.
    »Iih«, kommentiert Audrey. »Was soll denn das für Musik sein?! Also echt. Du und Matt .«
    Ich halte die Luft an und hoffe, dass sie noch mehr über ihren Bruder preisgibt. Als nichts mehr kommt, beschließe ich, Frage Nummer eins zu stellen.
    »Auf welchem Konzert ist er eigentlich gestern Abend gewesen?«, erkundige ich mich beiläufig.
    »Crunch Toast.«
    »Finde ich auch toll.«
    »In dem Fall gebe ich euch Recht. Sie sind echt Wahnsinn. Einmal ...«
    Audrey erzählt ihre Geschichte und ich versuche zuzuhören, dochmeine Gedanken drohen immer wieder zu Matts Haaren abzudriften, zu seinen gebräunten Armen und der breiten robusten Uhr, die wie für sein Handgelenk gemacht ist. Ich denke an seinen Geruch – er riecht ein wenig nach Gurke und Minze. Wahrscheinlich benutzt er ein Gurken-Minze-Shampoo oder so. Ich denke an das Geräusch, als er seinen Kaffee getrunken hat – kein lautes Geschlürfe, eher wie ein Einatmen. An sein entspanntes Lächeln. An seine Jeans, die perfekt auf den Hüften sitzen. Ich denke daran, dass er die hübschesten Füße hat, die ich je bei einem Jungen gesehen habe ... nicht dass ich schon wahnsinnig viele gesehen hätte.
    Ich überlege, was er wohl gerade tut.
    Dann überlege ich, ob er wegen des iPhones sauer ist.
    Danach überlege ich, ob er an mich denkt.
    »Hallo?«, sagt Audrey. »Hörst du mir überhaupt zu?«
    Verwirrt blinzele ich sie an.
    »Tut mir leid, äh, was hast du gesagt?«, stottere ich.
    »Hast ... du ... Lust ... auf ... einen Kaffee?«, wiederholt sie und betont jedes Wort. Sie sieht plötzlich müde aus.
    »Oh ja, gern«, sage ich und hänge das Hemd, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es in der Hand halte, zurück auf den Ständer.
    Wir nehmen die Rolltreppe zum Café in der zweiten Etage. Audrey bestellt einen Kaffee Latte mit fettarmer Milch und Karamell.

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