Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
ob er wach war oder schlief. Er stützte sich mühsam auf einen Ellbogen und öffnete die Augen zur Hälfte. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Diese kleine Bewegung hatte ihn seine ganze Kraft gekostet.
Die Tür hatte sich gerade geschlossen. Jemand – der, der als Letzter gesprochen hatte – war gegangen. Es war ein Mann gewesen, aber Matt hatte sein Gesicht nicht sehen können. Mrs Deverill war bei ihm im Zimmer und noch eine andere weißhaarige Frau, die ein großes Feuermal im Gesicht hatte. Noah drückte sich im Hintergrund herum und rieb sich die Hände.
Dann verschwamm das Zimmer wieder, und plötzlich waren die Vorhänge zugezogen. Flammen schlugen hoch, direkt neben dem Bett. Brannte das Haus? Nein. Sie hatten ein dreibeiniges Metallgestell mit einer Feuerschale neben sein Bett gestellt. Die beiden Frauen flüsterten in einer Sprache, die er nicht verstand. Sie warfen schwarze und grüne Kristalle ins Feuer. Matt sah, wie die Kristalle zu brodeln begannen und dann schmolzen, und sofort füllte sich das Zimmer mit gelbem Rauch. Schwefelgeruch drang ihm in die Nase. Matt würgte, seine Augen tränten.
Er wollte sich über die Lippen lecken, aber sein Mund war zu trocken.
Noah trat mit einer Schale vor. Die Frau mit dem Feuermal hielt eine Schlange fest. Woher war die gekommen? Sie war eklig braun, einen halben Meter lang und wand sich hin und her. War es vielleicht eine Viper? Die Frau hatte ein Skalpell in der Hand, wie es Chirurgen benutzen. Entsetzt sah Matt, wie sie die Schlange am Kopf packte und der Länge nach aufschlitzte. Eine dunkelrote Flüssigkeit tropfte in einen Metallbecher. Die Schlange erstarrte und bewegte sich nicht mehr.
Mrs Deverill schlug die Bettdecke zurück. Matt trug nur eine Unterhose und zuckte zusammen, als sie sich über ihn beugte. Sie tauchte einen Finger in das Schlangenblut und zog damit einen Strich über seine Brust und seinen Bauch. Das Blut war warm und klebrig. Matt wollte sich bewegen, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Er konnte nur zusehen, wie Mrs Deverill ihm noch irgendein Muster auf die Stirn strich.
»Mach den Mund auf«, befahl sie.
»Nein …« Matt konnte nur flüstern. Er versuchte, es zu verhindern, aber plötzlich war sein Mund offen, und Mrs Deverill hielt ihm den Becher an die Lippen. Er wusste, dass er Blut trank. Es schmeckte bitter und war widerlicher als alles, was er sich vorstellen konnte. Ihm wurde übel. Er wollte es nicht, aber es kroch in seinen Magen wie der Geist der Schlange, von der es gekommen war. Gleichzeitig wurde er nach hinten gesogen, in die Matratze, in den Boden, lebendig begraben, bis … Er öffnete die Augen.
Mrs Deverill saß in seinem Zimmer und las. Sie war allein. Das Fenster war offen, und eine leichte Brise wehte herein. Matt schluckte. Es ging ihm gut.
»Bist du endlich aufgewacht«, murmelte Mrs Deverill und schlug das Buch zu.
»Was ist passiert?«, fragte Matt.
»Du warst krank. Nichts Schlimmes. Lungenentzündung. Und eine kleine Brustfellentzündung. Aber das ist jetzt überstanden.«
»Sie haben mir etwas zu trinken gegeben …« Matt versuchte, sich zu erinnern, obwohl er es eigentlich nicht wollte. Schon der Gedanke an das Blut verursachte ihm Übelkeit. »Da war eine Schlange«, sagte er.
»Eine Schlange? Wovon redest du? Du hast schlecht geträumt, Matthew. Ich vermute, das kommt von zu viel Fernsehen.«
»Ich habe Hunger«, sagte Matt.
»Das wundert mich nicht. Du hast drei Tage nichts gegessen.«
»Drei Tage!«
»So lange warst du bewusstlos.« Mrs Deverill stand auf und schlurfte zur Tür. »Ich bringe dir Tee«, sagte sie. »Morgen kannst du dich noch ausruhen, aber danach wirst du aufstehen. Die frische Luft wird dir guttun. Außerdem wird es Zeit, dass du mit der Arbeit anfängst.«
Sie warf ihm einen letzten Blick zu, nickte zufrieden und schloss die Tür.
Zwei Tage später stand Matt im Schweinestall. Der stinkende Schlamm reichte ihm fast bis zu den Knien. Mrs Deverill hatte zwar von frischer Luft gesprochen, aber der Stall stank so, dass er kaum atmen konnte. Noah hatte ihm Stiefel und Handschuhe gegeben, aber weitere Schutzkleidung gab es nicht. Seine Jeans und das Hemd waren über und über mit dem schwarzen Schleim beschmiert. Das Desinfektionsmittel, das sie ihm gegeben hatten, brannte ihm im Hals und ließ seine Augen tränen.
Er stach mit dem Spaten zu und schaufelte einen weiteren Eimer voll Mist. Bald war Mittagszeit, und er freute sich schon aufs Essen. Die
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